der von Interesse ist. So sehr alt sind die Grabmäler nicht. Soweit
sich bei ihrem heutigen Sustande und ihrer Aufstellung, wovon man
jedoch bei einigen, die fast völlig ins Erdreich gesunben sind, kaum
jprechen bann, zu erbennen ist, stammt der älteste Stein aus dem
Jahre 1526. Er ist rechteckig, etwa Im hoch und läuft in einem
Giebel aus. Er steht rechter Hand ziemlich nahe am Eingang,
meiner Erinnerung nach der 3. Stein. Die Sahl ziemlich am Fuß
ist deutlich: 106 5206. Darüber liest man:
SELIG
SEINIT DIE TOTHEN DIE
IM HXERREN STERBEN
Die Entzifferung des Kestes, etwa 4 Seilen, ist mir nicht gelungen.
Im Giebelfelde steht: DSCCk MORI ( Lerne sterben).
Der zweitälteste wäre der rechteckige rote Sandstein, der erste
an demselben Wege. Er deckte einst das Grab des „ehrenhaften
und furnehmen“ landgräflichen Rates Henkel, der unter den Fürsten
Philipp und Wilhelm in Diensten war und im Alter von 70 Jahren
am 6. August des Jahres 1591, einem Sonnabend, selig entschlafen
ist. Die Grabschrift rühmt ihn als einen gerechten, unbestechlichen
und treuen Beamten. Es ist möglich, daß dieser Henbel jener
Hans Henbel ist, der seit Ostern 15349 Kammerdiener Landgraf
Philipps in der Gefangenschaft war; er stammte aus Riede und
ward mit Anton von Wersabe nach dem mißglückten Befreiungs-
bersuch zu Mecheln gefangen nach Brüssel geführt. Er hatte einen
Wachsabdruck eines Gartenschlüssels besorgt. In einer Seugen-
aussage Anton von Wersabes heißt es: „es hat hans henbkel,
kammerbnecht gesehen, daß des hauptmanns bube gabriel den schlüssel
zu dem bleinen garten, dar die 4 yn stehen sollfen, yn der teschen
gehabt hat; hat obgenanter hans, des hauptmans jungen yn die
boddelerie gefurt und ym zuckerbuche und zucker zu essen geben
und yn gebetten, das er ym doch wolte seine tesche thun, er wolte
gerne eine tesche machen lassen wie die selbige were, dan er mochte
die grossen deutschen teschen nicht tragen, so hat ym obgenanter
gabriel seine teschen gethan, so hat hans den schlüssel auß der teschen
genummen und yn ein wax gedrucket und hat do den schlüössel
wider yn die teschen gethan und gabriel dye teschen wider geben“.?)
Mit dem 2. Stein beginnt die Reihe der Denkmäler des
18. Jahrhunderts. Er ist errichtet für Balthasar Schad, geb. 16034,
gest. 1115, der zweimal verheiratet war, mit Anna Maria Sicker
und Anna Christina Barthalome. Im Wappen führt er ein
Gerbermesser. Vielleicht war er Lohgerber. Gegenüber nennt
der erste Stein vom Eingange her den Katsheren Jabob Steinmich,
geb. 1634, gest. 1705, und seine Frau Martha Elisabeth geb. Sucker,
geb. 16040, gest. 11408. Vielleicht dürfen wir in ihnen die Eltern
des Johann Hermann Steinmich erbennen, der im Jahre 1689
mit Johann Wilhelm Roscius zusammen am Gymnasium illustre zu
Bremen (einer höheren Lehranstalt mit 4 Fabultäten) immatrikuliert
wurde. Die Matrikel ist 1912 in den Beiträgen zur Hessischen
Schul- und Aniversitätsgeschichte Bd. VIII abgedruckt und weist
jeit 10204 eine große Anzahl Homberger auf. Offenbar haben die
unruhigen Sustände in der Heimat, gerade seit 16023 beginnen ja
Hombergs Leiden, die besorgten Eltern veranlaßt, ihre Söhne
jo weit von der Heimat zu einer gelehrten Schule zu senden.
Auf dem z3weiten Stein liest man: Heinrich Behr. Gasthalter.
eb. 1643 9. April, gest. 1106 25. Dezember, und Ehefrau Anna
Lhristina, geb. Holtzhausen, geb. 1040, gest. 1704, vielleicht eine
Schwester von Heinrich Holtzhausen und Mathias Holtzhausen, die
669 bzw. 1614 in Bremen eingeschrieben wurden.
Die anderen Steine stecken zu tief im Erdboden, daß sie so
nicht bestimmbar sind. Oas große Monument dahinter schmückt
ie Ruhestätte des 1805 gestorbenen Bürgermeisters Johann Philipp
Dithmar, eines Enbels des ersten Homberger Dithmar. Die Anfänge
eines Namens tragen noch die Pfosten der Gartentür gegenüber
dem Stiftsgarten (‚„vordere Blanbe“), die er 1790 jetzen ließ.
Der nächste große Grabstein ist einem Major v. Gilsa von seinen
Zindern, Brüdern und Freunden gestiftet worden, 24. Dezember 1784,
ind ruft die Erinnerung wach an die Seiten, da die schmucken
deibdragoner zu Homberg in Garnison lagen. Das Leibödragoner-
egiment, das 16088 errichtet, an vielen Feldzügen rühmlichen Anteil
nahm, ist schließlich 1866 aus einem hessischen Leibhusarenregiment
um preußischen Husarenregiment Nr. 13 geworden (s. Mitl. d. Ver.
hess. Gesch. u. Ldk. Jahrg. 11 S. 2). Wer das Casseler Museum
esucht hat, wird dort den Degen des Marschalls Tallard gesehen
»aben. Gerade zwei Dragoner dieses Regiments haben zusammen
nit Oberstleutnant von Boyneburg. ihrem Kommandeur, bei Höch—
tädt den Marschall gefangen genommen.
An der linben Seite dieses Friedhofweges befinden sich auch
ie Gräber zweier Abtissinnen des Wallensteinschen Stifts. Am
ebanntesten ist die 1831 gestorbene Marianne von Stein, die 1809
ach dem verunglückten Dörnbergschen Aufstand besonders hart die
faust der Franzosen verspürte. Bebanntlich wurde damals das
ztift geschlossen, das Vermögen, 450 000 Taler, sequestriert und
ie Damen des Stifts nach Mainz in UAntersuchungshaft geführt.
Zei der Derhaftung tat es „an Roheit und Ruͤchsichtslosigbeit
egen die Damen selbst den Franzosen von Geburt zuvor“ der
domberger Bürgermeister Kodemann (Hessenland U S. 209).
Narianne von Stein, die 1809 Dechantin im Stift war, wurde
»gar nach Paris verschleppt, wo sie lange im Präfekturgefängnis
»stgehalten wurde. Nur durch die Verwendung ihres Neffen, des
olnisch ˖ jächsischen Ministers Senft von Piljsach, erhielt sie die Frei—
eit wieder. Daß sie schlechter behandelt wurde als die Ablissin
charlotte Christiane Wilhelmine von Gilsa, gest. 1822, ist wohl
em Umstande zuzumessen, daß sie die Schwester des von Napoleon
eächteten Freiherrn von Stein war. Es unterliegt auch beinem
weifel, daß Marianne von Stein um den Plan gewußt und ihn
ach Kräften gefördert hat. Es wird dies bezeugt von dem russischen
Staatsrat Che. von Rommel in seinen Erinnerungen. Homberg
ildete den Herd des Aufstandes und das Freäuleinstift den Mittel-
unkt der Bewegung. In seinen Käumen hielten die Gesinnungs—
enossen aus Cassel und Marburg ihre Susammenkünfte. Karoline
on Baumbach, die Stickerin der Fahne, die „mit Blumen und
seichen deutschen Anspiels und Vorspiels schön ausgeblümt und
jestickt“ war und den Spruch trug: „Sieg oder Tod im Kampfe
ürs Daterland“ — sie soll von den Westjälischen bei der Knall—
ũtte erbeutet worden sein — gehörte nicht dem Stifte an. Außer
en zwei erwähnten Damen gehörte zu den Insassinnen nur noch
zie Kanonissin von Metzsch. Schluß folat.)
4*
Auf Heimatwoegen.
Plauderei über die Flurnamen
der Gemarkung Kirchhain.
Don Aug. Knoch⸗ Kirchhain.
Durch meine Träume zieht ein Lied aus alter, uralker SZeit. Da
ehe ich sie arbeitend stehen in Reih und Glied am dürftigen Saal—
and, die armen Hörigen. Swischen ihnen schreitet der Vogt mit
insterm Blick und harten Worten. Da drüben steht noch eine
Anzahl solcher Armen. Ihnen scheint es aber besser zu gehen;
denn ihr, Blick ist heiterer und freier. Sie gehören wahrscheinlich
u den behausten Knechten, die im Gegensatz zu dem traurigen
?os der ärmsten Hörigen, schon ein Heim ihr Eigen nennen. Eben
hreitet ein Wachszinnsiger leichten Fußes an der gedoppelten
kKeihe der Hörigen vorüber. Er ist sein eigner Herr und nur zu
estimmten Seiten hat er einen Wachszins zu entrichten. Neidische
Zlicke verfolgen ihn, wie er so leicht und frei dahinschreitet, und
luch der Vogt hat nur einen mürrischen Blick für ihn, der seiner
Botmäßigkeit nicht unterworfen ist. Gleich hinter dem Saalland
»eginnt der düstere, dicke Wald und zieht sich durch das weite Tal
is hinauf zur himmelanstrebenden Amöneburg. —
Wagengerassel auf der nahen Landstraße weckt mich jählings
ius meinen Träumen. Maßlieb mit seiner Strahlenhaube schaut
nich Träumer lachend an, und ganz beschämt setze ich meinen Weg
ort. Leise sinben schon die Blütenblätter aus den Apsfelbronen
im Wegrande hernieder und decken mich mit weichem, feinem
frühlingsblattschnee. Neckisch ruft der Kuckuck aus dem nahen
Valde seinen Namen
Milde Frũhlingswinde ziehen auf leichten Schwingen durch das
Land. Alle Bäume und Büsche prangen im bräutlichen Blüten—
schmuck, und durch die Luft ziehts lind und leise, wie Falterflug
und Knospenbrechen. Das herrliche Frühlingswetter lockt auch
mich hinaus in Wald und Feld, und wie ein Träumender wandoere
ich langsam durch die schöne Gotteswelt.
Sin ich nicht hier im Saalfeld? Deutet nicht dieser Name
auf die älteste Seit hin? Das Saalland gehörte gewöhnlich zum
ältesten und erstbebauten Teil der Gemarkung. Der wahrschein-
lich dazu gehörige Meierhof wird wohl der Anfang unserer Stadt
gewesen jein. —
Wie warm doch schon die Frühlingswinde gehen! Leicht
ermüdet man nach all den harten, kbalten Wintertagen. Da ladet
ja auch eine Bank zum Sitzen ein. Hoffnungsvoll schweift mein
Slick über die weite, grünende Flur und ermüdet und eingelullt
vom zarten Rauschen im frühlingslichten Blätterdache nicke ich ein.
2) Eduard Duller. Neue Beiträge 3. G. Phil. S. 134 u. 142.