Handelsstraßen des Mittelalters bestehen noch heute. Von Cassel
perlaufen die Nũrnberger, Leipziger, Hannoversche und Holländische
Straße, eine nach Hagen und Düsseldorf, eine am Sudhang des
Habichtswaldes nach Coln.
Von Franbfurt führten zwei Straßen durch Hessen, die „durch
die langen Hessen“* ũber Leimsfeld— Frielendorf ⸗Homberg. Sei
Meljungen mündete sie in die Nürnberger Steaßeé, ein anderer
Arm verlief über Kleinenglis — Fritzlar — Besse nach Cassel. Die
Niederrheinische Straße fand in der direkien Verbindung von
MDiera nach Siegenhain gegen heute eine Abbürzung. Die Steaße
„durch die kurzen Hessen“ führte über Grünberg nach Thüringen
ujw. Von Allendorf-Sooden führten alte Sälzerwege nach Koten.
burg und Melsungen, die durch Kingwälle geschützt waren.
AUber das Aussehen der mittelalterlichen Frachtwagen belehren
uns die Bilder von Troßwagen der großen Keiegszüge. So sehen
wir zunächst auf Abbildung 4 einen Troßwagen mit voreinander
gespannten Pferden, wie er Mitte des 14. Jahrhunderts einen Sug
ũber die Alpen nach Italien begleiten sollte. In der Konstruktion
ähnelt er noch den alten Wagen der Völlerwanderung. Nur geht
hier ein Pferd in der Schere, das andere ist vorgespannt, wie
noch heute in unserem Rheingebiet üblich. Die Kader Zeigen noch
die dem Scheibenrad naähebommende Speichung. Neben diejen
zweirädrigen Gebirgswagen kommen auch vierrädrige Frachtwagen
für Steinfuhren und schwere Lasten und, wie Abbildung 5 zeigt,
auch für Personenbeförderung vor. Die gleiche Abbidung zeigl
auch die Personenbeförderung zu Pferde, Hinter den Keilern
folgen Fußgänger mit Lasten auf dem Kopfe und in Kotzen oder
Kiepen. Weiter hinten traben zweiĩ Esel mit Gepäck. Die Keisenden
sind fast durchweg bewaffnet. Die Troßwagen des 16. Jahrhunderts
Abbildung 6) ahneln solchen und Frachtwagen der Neuzeit. Noch
heute sieht man solche Faßwagen, Korb- und Kastenwagen unodͤ
Wagen für Bretter und Langholz. Entsprechend der verschiedenen
Ladung hatte man als Heer und Küstwagen, Troß und Bagage.
vagen, Leiterwagen. Korbwagen, Kasten und Pritschenwagen fur
Beschũtz⸗ Kugel· Pulver⸗, Gerãte·, Ponton⸗, Truhen⸗ und Fäser⸗
iransport. Die Lastwagen der Kaufleute unterschieden sich baum
von ihnen. Als Bospannung tritt jeit dem 12. Jahrhundert für
große Strecken nur noch das Pferd auf, das im Kummetgeschier
ging. Entsprechend den Unebenheiten der Straße mußte man auf
alle möglichen Unfälle gefaßt sein. Man führie deshalb Ersatz
räder, Hebebäume, Winden, Bohlen und Kästenriemen mit, um
teckengebliebene oder umgestürzte Fuhrwerbe wieder flott zu machen.
Nicht beser erging es den Wagen für Personenbeförderung.
Solange die Wegeé schlecht und holprig waren, ließen sich die
Maänner von Pferden, die Frauen und Fürsten in von Pferden
oder Maultieren getragenen Sänften tragen. Erst später wurde
die in Riemen hängende Kulsche, der Personenpostwagen, die
Diligence, der Omnibus, Landauer und das Kupé in Gebrauch
genommen. Eine Keise im Mittelalter war ein hohes Wagnis,
oft eine Keise auf Leben und Tod, für deren glückliches Gelingen
man eifrig betete und sich dem Schutz des Himmels anvertraͤte.
Auf alie Fälle tat man gut, vorher sein Testament zu machen.
Die Entdeckung des Seeweges nach Ostindien war für den
deutschen Transithandel von verderblicher Wirbung. Der vom
Orient über Italien nach und durch Deuischland führende Handels.
weg verödete, und der Glanz der oberdeutschen Handelsstädte
schwand dahin. Die Hansa vermochte auch ihre Stéellung gegen
den hollandischen und englischen Handel nicht zu behaupien uünd
geriet in Verfall. Seit der Entdeckung Ameribas waren es Eng—
land, Holland und später Amerika jelbst, die den Handel über
See an sich rissen. Der 80jährige Krieq vollends vernichtefe den
deutschen Handel gänzlich.
Lange dauerte es, bis Deutschland sich von den Schrecken und
Drangsalen des 80jährigen Krieges erholte. Englands Macht stieg
und mit ihr sein Aberseehandel. Da trat Franbeeich als Kipale
auf, und Napoleon verhängte gegen englische Waren die Kontinen—
talsperre. Dieser Amstand hatte wieder zur Folge, daß die eng—
lischen Häfen und Läger mit Handelsware überfüllt wurden, die
dann nach Napoleons Sturz- sich lawinenartig auf die deutschen
Märbte wälzte.
Die alten Lastfuhrwerbe waren viel zu blein, diese Waren⸗
mengen zu transportieren. Man konstruierte wahre Ungetüme von
Wagen, die auf den seit dem 18. Jaͤhrhundert angelegten Kunst-
straßen, den Land- und Heerstraßen, die Napoleon zur besseren
Kenntlichmachung hatte mit Pappeln einfassen lassen, leicht dahin⸗
fuhren, zumal sie gewöhnlich vier Pferde als Bejpannung hatten.
Sei Wegesteigungen wurde Vorspann angenommen, der in den bei
der Steigung, gelegenen Dörfern ständig in Bereisschaft stand.
Der auf Abbidung J wiedergegebene Wagen ist einem alten
Oeiginal aus einer der früheren Ausspannwirtschaften bei Fulda
nachgebildet. Das breuzförmige Plantuch überspannt Kisten un
Zasten mit dem verschiedenartigsten Inhalt auf den vorderen, seit⸗
ichen und hinteren Auslegern des Korbwagens, seitlich hängen
futtersieb, Decken, Körbe, Futterkübel und Saterne. In der
Viege liegen Winden und allerlei Handwerkszeug, starke Brems—
orrichtungen und Hemmschuhe fehlen nicht. Daͤs Pferdegeschirr
st überaus reich. An den Kummetgeschirren hängen bunte gefranste
kücher und blinkende Messingplatten sind reichlich verwendet. Nur
in Beauerei- und Mobelfuhrwerken kann man heute noch solche
iberaus malerisch wirkbenden Pferdegeschirre sehen. Diese Fuhr—⸗
derle hatten die Aufgabde, die Deutschland ũüberschwemmende eng-
ijche Handelsware von den Endpunketen der schiffbaren Flüũsse und
en dort eingerichteten Lagerhäusern in Gegenden zu schaffen, die
u Schiff nicht zu erreichen waren. Von der Ausdehnung dieser
Vagen bebommt man einen Begriff, wenn man bedenkt, daß die⸗
2lben durch die alten Stadttore und Tortüren nur schwer oder gar
icht hindurchfahren bLonnten. Manches wertvolle Benemal alter
Zefestigungsbunst wurde deshalb abgebrochen und so ein Opfer
es englischen Handels, der auch manche alte hessische Industrie,
pie 3. B. die Leinenindustrie durch billige Konburrenz vernichtete.
Möchte es nicht noch einmal ausländischer Konburrenz gelingen,
insere heutige Industrie auf deutschen und auch auslaͤndisen
Märkten gam zu verdrängen.
Zur Heimatkunde der Stadt
Homberg a—.d. Ejze.
Don Dr. Wilhelm Schmitt-BSlankbenese
Fortsetzung.)
Wie das alte Gebäude bietet auch das neue eine Tafel, zwischen
den beiden Eingängen etwa in der Mitte. Sie hat 2 Wappenbilder,
iberschrieben „von Wildungen“ und „Godik“, und folgenden Schriftsatz
ànin)o Dom)ni 1575 die decimo nono mensis octohris
tlans & Wildungen huius hospitalis patronus in Cristo
obdormuit Annso Doimi)ni 1570 die decimo Sexto mensis
Decembris Cordula uxor eĩus pie ex hac vita decessit.
Ossa horum duorum conjugum
Hisce duobus saxis teguntur.
—. Im Jahre des Herrn 1515 am 19. Obtober ist Hans von
Wildungen, dieses Hospitals Patron, in Christus entschlafen. Im
jJahre des Herrn 1516 am 16. Dezember schied seine Gaktin Cordula
romm aus diesem Leben. Die Gebeine diejer beiden Eheleute
verden von diesjen beiden Steinen bedeckt.
Es ist anzunehmen, daß diese Sierplatte von einem Grabe der
8oh abgebrochenen Hospitalskirche stammt. Der zugehörige Grab⸗
chlußstein hat sich auch erhalten. Er ist eingemauert in ein Haus—
intergeschoß gegenũber der Dönchischen Werbstätte am St. Nibolaus-
latz. In den roten Sandstein sind die obenerwähnten Wappenbilder
ingemeißelt; rechts ist der edle und gestrenge Herr Hans von
Pildungen und links seine fromme Eheliebste Cordula in Stein
jehauen. Beide Bilder sind gut ausgeführt und wohlerhalten.
Nach Estors Marburger Beiträgen S. 250hat Hans von
VBildungen 1531 Hochzeit gehalten, ward 1549 zum Schöffen gewählt
S. 255) und war 1574 zusammen mit Daniel Wilbelm Sreitrüdk
Bũrgermeister (S. 256).
Daß bald nach dem 30 jährigen Kriege auch in der „Freiheit“
vieder gebaut wurde, beweist das Haus Ar. 20 in der Langen-
traße. Auf dem Balben über der Haustür steht in garoßen
ateinischen Buchstaben:
Gottes Güt und Trew
vcheinen allen Morꝗgen new
10 56.
Von den vielen Steinen der Terrassenbauten der Schul—
höfe und gärten kann uns jetzt nur noch einer fesseln.
In dem Stück des Aufgangs von der Lateinschule zum Schul⸗
ofe eingelassen, zeigt er auf einem Schilde zwei gebreuzte Schlũssel.
dielleicht stammt er von einem Burgsitze derer von Falbenberg,
ie in, unserer Stadt ein Haus besaßen, wie sich aus Landau
Kitterburgen II 05 ergibt. Ihr Wappen eidte zwei schwarze
Schlüssel in silbernem Felde.
Hiermit verlassen wir das Stadtinnere. Sur Schloßruine
rauchen wie nicht hinaufzusteigen. Sie hat weder Sapl noch
Inscheift. Eine Kuͤpfertafel aus 1508, ehemals an dem Neubau, den
on 1504 - 1508 Erzbischof Hermann von Coln, ein hessischer Land⸗
jraf, dem Homberg als Leibgedinge (Apanage) zugewiesen war,
eranlaßte, befindet sich im Casseler Museum (Besper 6. 57).
Dagegen geben uns die Steine und Eisenkreuze auf dem alten
friedhofeh) vor dem Westheimer Tore diesen und jenen Namen,
) Estor, Marburger Beiträge S. 256: 1580... haben die Hoerren die garten zum
egräbnis vorm Westheimer thor bekommen: val. auch Vospers61