rufgeweckten Wehlheider Jungen unbedingt fesseln mußte.
Auch das fertige Atelier bot offenbar noch des Interessanten
genug; jedenfalls war der Fritz dort nicht fortzubriegen, und
als ihm eines schönen Tages der alte Ely ein Blatt Papier
hinlegte mit den Worten: „Nu zeichne mal was“, ließ er
jich das nicht zweimal sagen. Der alte Künstler besah sich
das Blatt und sagte dann nur: „Wenn du Seit hast, Junge,
kommst du rüber und zeichnest.“ Das war ein Jahr vor der
Konfirmation. Und dann kam er zu Elhy in die Lehre, der
schon im zweiten Jahr dafür sorgte, daß sein gelehriger Schüler
als Hospitant nachmittags die Casseler Kunstabademie besuchte.
Im übrigen galt es fleißig zu schaffen.
Die Elyhsche Glasmalerei erfreute sich
eines guten Kufes weit über Deutjsch⸗
land hinaus. Von ihrem hohen
Können zeugen nicht nur die herr—
lichen neuen Kirchenfenster zu St.
Martin und in der Lutherkirche
zu Cassel, sondern auch zahlreiche
andere Kirchen- und Profanbauten in
Deutschland und Franbreich, hier
pornehmlich in der Bretagne. Drei
Jahre noch lag Friedrich Fennel,
nachdem er ausgelernt hatte, als
Gehilfe mit Meister Ely und seinen
beiden Söhnen der edlen Kunst der
Glasmalerei ob und setzte nebenher
den Besuch der Abademie fort. Als
er dann ein Staatsstipendium erhielt,
ging er ganz zur Abademie über.“
Hier legte er in dem Unterricht durch
Prof. Kolitz und Prof. Wünnenberg
die Grundlage seiner Ausbildung im
Portraĩit· und Figurenzeichnen. Mit
dem Bose⸗Stipendium ausgerüstet,
wanderte der Kunstjünger dann ins
Land der deutschen Künstlersehnsucht,
nach Italien, wo er besonders in
Florenz und Denedig starke Eindrücke
empfing, und begab sich von dort
nach Paris, wo er nicht nur durch
den Anterricht, den J. P. Laurent
an der Abademie Julienne im Abt-
zeichnen gab, sondern vor allem durch
die Erlebnisse in Ausstellungen und
Sammlungen sich woeiter entwickelte.
So kbehrte er schließlich als aus—
gewachsener Künstler nach Cassel zurück, aber erst hier, in
der Heimat, geschah es, daß er seine spezifische Begabung
entdeckte, den Drang zur Landschaft. Seiner Entfaltung
hat Fennel in der Folge den weitesten Kaum, dessen seine
Schaffensbraft fähig war, gegeben, und ihm sind die Bilder
zu verdanken, durch welche in so lichtvoller Weise der Charabter
der niederhessijschen Landschaft verherrlicht wird.
Denn jene Steinzeichnungen, von denen eingangs
geredet wurde, machen, obgleich sie außer der Stadt Cassel
noch Marburg, die hessischen Burgen, das Waldecker Land,
Eisenach und die Wartburg zum Gegenstande haben, nicht
das Wesentliche von Fennels Schaffen aus. Diejses liegt
vielmehr durchaus auf dem Gebiete der Landschafts—
malerei; in ihr hat Fennel, obgleich er nebenbei auch in
figürlichen Darstellungen und Portraits Dorzügliches geleistet
hat, doch sein Bestes gegeben und ist, wie der künstlerische
Privatbesitz auch außerhalb Hessens, und wie auch jein Atelier
zeigt, im Begriff, weiter in diesem Sinne zu wirken. Wer
Friedrich
inmal eine Keihe Fennelscher Silder betrachtet hat, der
vird gespürt haben, daß in diesen immer so erstaunlich licht-
ollen Gemälden ein innerer Khythmus pulsiert, ein geheimnis⸗
olles Zeitmaß, das von dem den Künstler beseelenden
frlebnis deutlich Kunde gibt. In der Beschränkung dieses
Erlebnisses auf die niederhessische Landschaft, die er immer
mfs neue, mit Stock und Ruchsack, zu erwandern liebt,
iegt seine Stärke. Auf diejem kleinen Segment der Erd—
berfläche wird alles vereinigt, was den Künstler bewegt.
Er mag es nicht so unmittelbar, in grober Lineatur, aussprechen.
Er spiegelt es lieber in einem Blick auf die Baunsberge,
die bald im Grün des Frühlings,
bald im Buntschmuck des Herbstes
prangen, oder er steht unter den
Fichen des Hirzsteins und läßt sein
Inneres in strahlende Harmonie mit
der Umwolt sich ausströmen. Freilich
zapselte er sich niemals in der Heimat
ein, sondern öffnete Herz und Auge
uch den Schönheiten fremder Land-
chaft, wie etwa der bayerischen
Alpen; ein inneres Sugehörig-
reitsgefühl aber bindet ihn dennoch
vwesentlich an das hessijsche Land,
zu desjen Bewohnern er ebenso tiefe
Seʒiehungen des Gemütes unterhält
wie zu seiner Bodengestalt und Vege⸗
tation.
Fennels BSilder haben fast immer
jenen schon angedeuteten harmo—
nischen Charabter, sie sind nicht
erjchütternd, wũhlen nicht auf, aber
sie wirken gleichwohl mit einer unab⸗
weislichen Kraft auf den Beschauer
ein, indem sie eine gewisse Sehn-
sucht nach ähnlicher Erlösung von
den Düsternissen des Menschseins er⸗
wecken, wie sie in diesen Bildern ihr
Wesen hat; und das Köstliche an
hnen ist, daß sie die Sehnsucht, die
sie erwecken, im selben Augenblick zu
ꝛrfüllen wijsen durch ihre Klarheit
—
liche Schatten duldet, in denen sichs
rasten und in die gütige Sonne hin—
ein träumen läßt. Innigbeit mit all
ihren zarten und warmen Kräften
ist es, was die Gemälde Fennels kbennzeichnet, die gewiß
nicht den Anspruch erheben, als Dobumente menschlicher
Hröße aufgefaßt zu werden; aber sie besitzen eine ungekünstelte,
elbstverständliche Art, vermöge deren in fast jedem von ihnen
ius einem sonst unbeachteten Stückchen Heimatwelt etwas
jemacht wird, woran das Auge sich weiden, der Geist sich
ergötzen und das Gemüt sich erfrijchen kann. Und auch das
st wohl wert, als Leistung eines Lebens voll gewürdigt zu
vorden.
Aus alledem erhellt, daß Fennel eine beschauliche Natur
st, die ihre angemessene Ausdrucksform im Idyll sucht und
jindet. Seine Bilder haben in der Tat alle mehr oder
veniger einen idyllischen Charakter, trotz eines gern gepflegten
Ausblickes in die Ferne; diejer dient insonderheit dazu, einen
estimmten DVorzug der Fennelschen Walerei zu betätigen,
in ausgeprägtes Gefühl für solche Tonwerte, die von Licht
und Luft abhängen. Eine Art von VDirtuosität, Ouft zu
malen. bewirkt mit die Lbennzeichnendsten Eindrücke von