bor Schulbeginn und zwischen dem Vormittags- und Nachmittags⸗
interricht getan werden mußte. Die woitere VDerarbeitung des
Tones geschah auf den Hausböden. Er wurde in Formen gestrichen
und die Siegeln, nachdem sie gut abgetrocknet waren, mit rötlich—
gelber Erdfarbe, die man im Felde zwischen Michelsberg und
Allendorf grub, gefärbt. In der Gluf des Ofens schmolz diese
Farbe und gab den Siegeln den ihnen eigenen silberähnlichen Glanz.
Die Siegelöfen waren etwas höheer als die Töpferöfen, sonst aber
ebenso gebaut. Geheizt wurden sie mit Eichen Anbruchholz, von
dem man die Klafter in den umliegenden Staatsforsten für 4 Marb
erstand und, für 6 Mark aus Entfernungen von 5.6 6Gtunden
angefahren bekam. Su einem Ofen brauchte man drei Klaftern. Es
vurden alle damals gebräuchlichen Siegelarten gebränut: Hohl⸗
ziegeln, Platt- oder Schildziegeln (Siberschwänze) und Firstziegein.
Das Tausend erstklassiger Hohlziegeln Lostele 10 Mark.“ Aus den
entferntesten Ortschaften Lamen die Fuhrwerbe, um die vorher
bestellten Ziegeln zu holen. Nachdem die Main-Weser-Bahn gebaut
war, wurden sie auch mit der Bahn befördert. Immer war reger
Derkehr in unserem heute so stillen Landsburgdörfchen und auch
mmer — und das war in der früheren Seit, in der die Papier⸗
geldpressen noch nicht so fleißig waren wie heute, nicht in allen
Doörfern so — bares, blanbes Geld vorhanden. Und wenn sich
Michelsberg eines guten Wohlstandes erfreut, so verdankt es ihn
nicht zuletzt seinen früheren Töpfereibetrieben.
Heute sind sie längst dahin, und nichts mehr sagt dem rüstig
zur Landsburg emporsteigenden Wanderer etwas von ihrer einstigen
Slüte. Das rasche Emporbommen der Steingut- und Emailgeschier—
ndustrie am Ende des vorigen Jahrhunderts versetzte ihnen den
Todesstoß. Die sausenden Maschinen drehten, formten und „malten“
a auch piel schnoller und dazu noch viel billiger als die Menschen.
hand! Da mußte der Töpfer langsam weichen. Dazu kam noch,
daß das Hantieren mit dem balten Ton die Gesundheit oft schwer
chãdigte und die heranwachsenden Söhne deshalb anderen Berufen
zudrängten. Die letzten Oefen sind im Jahre 1905 für immer er—
raltet und haben später, als die Wasserleitung ins Dorf gekommen
war, als Füllmaterial der Brunnen ein kühles Grab gefunden.
So hat der vielgerühmte fortschrittliche Geist unserer Seit, dem
chon so unendlich vieles, was sich durch Jahrhunderte hindurch
»ewährt hatte, uner⸗
zittlich zum Opfer ge⸗
allen ist, auch diejes
Stück lauterster
Dolkskunst in den
dunklen Schoß der
Dergangenheit gezo⸗
gen, eine so oft sich
wiederholende Er⸗
scheinung, die den
wahren Freund echter
dörfischer Sitte und
Figenart nur mit
tieffter Wehmut er—
üllen kann. — „Das
Alte stürzt“ — —
—— — und ja, „es
ändern sich die Sei—
ten!“ —
Anmerbung des
herausgebers: Mit
der noch heute be—
riebenen Homberger
Kunsttöpferei, deren
Lunstvolle Erzeug-
nisse weit über die
engere Heimat hin⸗
aus Verbreitung fin—
den, werden wir uns
n einer der nächsten
Nen. beschäftigen.
Asterode (Kr. Siegenhain)
Kohlsamen oder Pilzere
Es ist wohl ein Menschenalter her, da wurde ich eines Tages
iuf eine geheimnisvolle Erscheinung des Petritages (22. Februar)
ufmerksam gemacht. Mein Onkel, der einen schönen, großen
ßarten besaß, nahm mich an der Hand und zeigte mir auf den
om vorigen Jahre übrig gebliebenen Krautblättern die wunder.
hönsten Kohlsamenkörner. Junge, sie gehen auch auf,“ behauptete
r, und ich empfand nicht den geringsten Sweifel gegen seine Worte.
sch dachte, daß der Alilmacht des Schöpfers auch dieses nicht un—
nöglich sei — wie man sich eben über die Fragezeichen in der
Natur demütig, kühn oder auch gedanbenlos hinwegjetzt.
Später, als Lehrer — ich schrieb gerade ein Buch über die
Sitten und Gebräuche meiner sieben Stammesgenossen — hörte ich
vieder von der Sache, die mir der alte Onbkel als Weisheit seines
angen Lebens mitgeteilt hatte. Von dem Soundso erzählte man
nir sogar, er habe ein ganzes Lot dieser Körner gesammelt und
nit Erfolg gesät, und wäs dergl. Behauptungen und Stützen der
Meinung, die man mir vortrug, alle waren
Ich mußte der Sache auf den Grund bommen. In meinem
Härtchen stand Krausbohl. der, über Winter dort eingeschlagen,
en „Peterstag“ erlebt hatte. Kichtig, er war „zwischen 11 und 12*
nit Kohlsamenkörnern völlig bedeckt; von schneeweiß über rotbraun
is bohljchwarz lagen oder vielmehr hingen sie in schönster Pracht
in den Blättern. Ich untersuchte mit dem Auge, mit der Lupe,
s stimmte, es waren Kohlsamenkörner, bein Swoeifel. Nur heim
durchschneiden kLamen mir Bedenben. Ninmt man das nämlich
nit Kohlsamen vor, so erbennt man durch die Lupe die Keimblätt.
hen der dereinstigen Kohlpflanze. Hier aber erschien das Innere
ils eine umgeschichtete, börnerartige Masse.
Jetzt dämmerte die Erkenntnis in mir auf. Ich hatte es hier
nit einem Pilz (einem Schwamm) von kbugelrunder Gestalt zu kun,
nit einer Det verbleinertem Bovist etwa.
Ich säte auch die Körner, sie gingen aber — nicht auf. Bei
neinem Gewährsmann „Soundso“ wären sie nur aufgegangen,
peil er sie mit reellem Kohlsamen vermengt gesät hatte!l
* heoit doch die Straße ist, auf der die Irrtümer durch's Tand
ahren! ..
Um ganz sicher zu
gehen, sandte ich jetzt
die Krautblätter mit
den „Kohlsamen“ an
den Herren Prof. Dr.
Kohl in Marburg.
Seine Antwort gab
mir recht: „die ver⸗
meintlichenKohl—
samen jind nichts
anderes als die
Dauerform GEdile-
rotien) eines Pilzes,
der den lateinischen
Namen Schlerotinia
fuckeliana F. trägt.
Wer diese „Kohl-
jamen“ sät, begeht
eine große Torheit;
er gibt seinen Kohl⸗
pflanzen ein Heer von
Serstorern mit auf
den Lebensweg.“
Denspilz findet man
nicht nur auf Petritag,
sondern im ganzen
Nachwinter bei feuch⸗
ter, etwas warmer
Witterung auf Kraut⸗
blättern, wovon sich
der „geneigte Leser“
überzeugen bann. Sch
Federzeichnung von J. Schulz
Mein Hossendorf 0 Von Heinrich Kuppel.
Wie schön bist du von Gottes Hand
Ins grüne Tal gebettet!
Du trautes Dorf im Hessenland,
Ich bin an dich gebettet
Und lockt die Welt da draußen auch,
Mich soll sie nicht verlocken. —
Denn hier umweht mich Waldeshauch,
hier klingen Heimatglocken.
Hier lohnt die Scholle meinen Fleiß
Mit Brot am stillen Herde.
Das schönste Fleckchen, das ich weiß,
Das ist die Heimaterde.