von uns nehmen wollte. Dies war nun doch selbst unserem
Kapitän zuviel, und die Trommel ertönte zu Quarters, da
bis jetzt nur immer eine Kanone bedient war. Die Breit—
seite Leachte, und als der Dampf verflogen, sahen wir von
dem schmucken Fahrzeuge nichts als einen Haufen Trümmer,
der auf der spiegelglatten Meecresfläche herumtrieb. In einem
Augenblicke waren unsere sämtlichen Boote zu Wasser und
am Platze, und es gelang unseren Anstrengungen, 35 Mann
des Pripateers, worunter zufällig ihre sämtlichen Offiziere,
zu retten, der Kest war teils getötet, teils schwer verwundet
und sank mit dem Fahrzeug. In meiner ganzen Praxis bin
ich keinen größeren Galgenphysiognomien begegnet als der
Wannschaft dieses Privateers, der sich als der Petrol (2)
aus Charleston herausstellte, und ich halte es für ein Glück,
daß seine Carriere so burz war.
Es würde mich zu weit führen, alle meine Erlebnisse aus
diesem Feldzuge aufzuführen. Die Geschichte dieses Krieges
ist hinlänglich bekannt, ich werde mich deshalb in dieser
Sbizze darauf beschränben, nur die interessantesten Episoden
meines Kriegslebens anzuführen und solche, die für mich von
direkten Folgen waren.
Es war im Monat MWärz 1862, als ich auf meiner alten
Fregatte St. Lawrence, auf der ich zum Bootsmannsmaat
avanciert war, vor Chesepeabe ⸗BSai ankam. Das Schiff war
zur Derstärkung des zu Newport-News postierten Blockade
geschwaders bestimmt, und ich ahnte deshalb nicht, daß ich
hier bald an dem interessantesten und merkwürdigsten See—
gefecht des ganzen Krieges fätigen Anteil nehmen sollte.
Es war verraäten worden, daß die Sezessionisten“) am
8. einen Angriff auf unsere Flotkte mit einem neu bonstruierten
Panzerschiffe machen wollten. Da die bei NewportNews
liegenden Fregatten Cumberland und Congreß den ersten
Stoß. würden auszuhalten haben, die Cumberland aber keine
vollzählige Besatzung hatte, so wurde ich mit circa 40 Mann
bon unserem Schiff, das bei Cap Henry geanbert war, zur
Oerstärbung auf dieselbe Lommandiert. Am Nachmittag des
8. März erblickten wir von Cumberland ein sonderbar ge—
staltetes Fahrzeug mit einem Dach wie ein Haus aus der
Flußmündung gerade auf uns losdampfen. Bald ließen sich
auch 10 — auf jeder Seite 5 — Stüchpforten erbennen,
und wir sahen ein, daß wir es hier nicht mit einem Blockade⸗
brecher zu kun hatten, sondern mit dem so sehnlich erwarteten
Gegner. Die gesamte Mannschaft des Cumberland, dieses
Stolzes der aqmeribanischen Marine, sah mit Geringschätzung
auf dieses, durch sein Außeres so wenig imponierende Fahr-
zeug herab und begrüßte jsein Erscheinen mit Jubel, und als
es — es war der durch die Seitungen so bekannt gewordene
Merimac — langsam andampfte und den Cumberland anrief,
sich zu ergeben, erhielt er statt aller Antwort eine Breitseite.
Wir hatten damals zwar schon von mit Eisenplatten ge—
panzerten Schiffen gehört, die von den Sezessionisten gebaut
würden, zweifelten aber keinen Augenblick, daß sie von einer
einzigen Lage der Kanonen des Cumberland zertrümmert
werden würden wie Dachziegeln. Wir sollten bald inne
werden, daß wir uns furchtbar verrechnet hatten.
Der Merimac wandte und rannte mit voller Kraft auf
unseren Bug, durchbohrte denselben mit seinem unter Wasser
befindlichen stählernen Stachel oder Schnabel, ging zurück,
rannte nochmals mit gleichem Erfolg an und ließ zu gleicher
Zeit sein schweres, auf unser Kanonendeck gerichtetes Ge—
schütz spielen.
Die Wirkung war eine furchtbare! Das durch die beiden
Stöße verursachte Leck am Cumberland war so bedeutend.
7) die Südstaatler
daß sich derselbe sofort zu füllen begann, und jeder einsah,
daß das Schiff verloren war. Das Feuer des Merimac
var uns nicht minder verderblich geworden. Eine Menge
Tote und Schwerverwundete füllten das Kanonendeck. Die
janze Mannschaft der Backbordkanonen war wie nieder—
gjemäht, so wie die der vier ersten Kanonen der Steuerbord-
eite. Die Schiffe waren so dicht, daß man mit Kevolvern
gegenseitig in die Porten feuerte. Bald mußten wir das
Kanonendeck verlassen und uns auf das obere Verdech retten.
Dort wurde der Kampf von neuem aufgenommen, hoffnungs-
os freilich für uns; denn die Kugeln unseres schweren Ge—
chützes, dessen Wirkung wir für so unwiderstehlich hielten,
»rallten an dem Merimac ab. wie Erbsen mit der Hand
jeworfen.
Jetzt erging eine zweite Aufforderung vom Merimac
an uns, die Flagge zu streichen. Unser braver erster Leutnant
— Morris ist sein Name — der an der Stelle des aus
Dderanlasjung eines Kriegsgerichtes an Land befjindlichen
Kapitäns das Kommando der Fregatte führte, hielt eine
urze Ansprache an die Mannschaft und suchte unseren Mut
anzufeuern. Es bedurfte dessen nicht; ein donnerndes Hurra
var die Antwort auf die Aufforderung des Merimac. —
Weiter brachten die Salven. Wir bedienten unsere Kanonen,
bis ihnen das Wasser zum Maul hineinlief, noch wenige
Minuten und der stolze Cumberland sank. aber sank mit
liegender Flagge.
Wer von der Mannschaft nicht tot oder schwer verwundet
war, sprang über Bord und wurde von den Booten der
übrigen Flotte aufgefischt, während der Merimac so an—
tändig war, dies feindliche Werk nicht zu hindern. Von der
a. 340 Mann starben Besatzung des Cumberland entgingen
auf diese Weise ca. 60—- 70 dem Tode.
Auch ich befand mich ganz unverletzt unter der Sahl der
etzteren und wurde wieder an Bord meines alten Schiffes,
der Lawrence, gebracht, die indessen zur Anterstützung durch
rein Kanonenboot an den Kampfplatz bugsiert war.
Es bonnte nicht fehlen, daß die VDernichtung eines der
chönsten Schiffe der amerikanischen Flotte nach kaum halb—
tündigem Kampfe und das Vorgehen des völlig unverletzten
Hegners zu weiteren Angriffen eine Wirkung auf das
Blockadegeschwader ausübte, die ein klein wenig an Wolf
ind Schafherde erinnerte. Einige Schiffe suchten eine
zesicherte Stellung unter den Kanonen von Fort Monroe,
indere, darunter das Flaggschiff, die Dampffregatte Minne⸗
ota, gerieten beim Manövrieren auf Antiefen und saßen fest,
benso die Fregatte Congreß, welch letztere sogar die weiße
Flagge aufzog. Da die festsitzenden Schiffe dem Merimac
janz sicher zu sein schienen, war es gerade die Lawrence,
velche er sich als zweites Opfer ausersehen hatte, und mir
vurde somit an diesem Nachmittag zum zweiten Male die
Ehre zu teil, dem Panzerungeheuer gegenüberzustehen, das
aber diesmal einen weniger glänzenden Erfolg errang.
Die Lawrence war, verglichen mit dem Cumberland,
aur ein unbehülflicher Kasten zu nennen, die Mannschaft
iber bestand aus lauter gedienten und wohlgeschulten Marine-
euten, die, ohne sich durch das Unglück des Cumberland
inschüchtern zu lassen, vielmehr bei dem Kampfe bemüht
varen, die Schwächen des Merimac zu erspähen. Die
Stückpforten desselben waren durch eiserne Platten geschlossen,
die sich vor dem Schuß emporhoben und unmittelbar nachher
vieder herabfielen. Es galt also, diesen Lurzen Augenblick
ruch unserseits zum Feuern zu benutzen, und dies Manöver
wurde mit solcher Schnelligkeit und Präzision ausgeführt,
daß nach kurzer Zeit der Merimac zu unserer Verwunderung