Die feuchte, graue Ware wurde getrocknet, und dann ging's
an des Töpfers liebste Arbeit, an's Färben, das ihn ja erst recht
zum Künstler machte.
Die Farben waren Erdfarben, die gleichfalls die heimatliche
Flur an verschiedenen Stellen freigebig spendete: ein helles Gelb,
ein verschieden abgetöntes Braun und ein mehr oder minder frisches
Kot. Der Pinsel des Töpfers war ein gar merkwürdig Ding.
Malhörnchen nannte er's, ein bleines Töpfchen, das unten dicht
überm Boden eine Oeffnung haätte, in die als Ausflußröhre ein
Federkiel gesteckt wurde. Das war das Instrument, mit dem der
Töpfer aus freier, sicherer Hand jene in ihrer Art bescheidenen,
aber doch so schönen Verzierungen auf seine Erzeugnisse z3auberte,
die von einer recht anerbennenswerten Kunstfertigkeit des dörflichen
Meisters zeugen. Da siehst du in den frischesten Farben prangen
hier ein Kränzchen oder Bändchen und da ein Herz, hier ein
VDöglein und dort an schlankem Stengel die zierlichen Blütenglöckchen
des Maiblümchens.
Ja noch mehr! Anser Töpfer war auch ein Freund von
sinnigen, oft recht derben Keimen. Einige von den vielen (ich
bonnte davon an 200 sammelnl) seien hier als Kostprobe geboten.
Lies sie! — sie sind ein Stück achtbarer Volkskunst — und der
Häter Geist wird durch deine Seele ziehn.
1. Bei deiner Bibel sitze gern, sie ist der Weisheit Kern und Stern.
2. Aus der Erd' und mit Verstand macht der Töpfer allerhand.
3. Iumen malen, ist gemein, aber den Geruch geben, bann Gott
allein.
l. Dr gieb und Treu' die Wache hält, da ist's im Hause wohl
estellt.
Wenn Neid und Mißgunst brennt' wie Feuor. dann wär' das
Brennhols nicht halb so feuer.
Abb. 2: Irdene Schüsseln.
. Wenn Neid und Mißgunst Fieber wär', schon mancher Mensch
gestorben wär'.
J. * wunsch mir einer, was er will, dem gebe Gott noch mal
o viel.
8. Treue Liebe endet nicht, wenn der Tod das Leben bricht
9. Lieben in Ehren bann niemand verwehren.“
O. e ein Mädchen spinnen bann, sieht es sich um nach einem
Mann.
1 Wer will verachten mich und die Meinen, der mag betrachten
sich und die Seinen. Wer sich und die Seinen wird recht
betrachten, der wird mich und die Meinen wohl auch nicht
verachten.
2. Marmor und Eisen bricht, aber unsre Treu' und Freund—
schaft nicht.
13 Dein Haus sei immer hell und rein, noch reiner soll deine
Socele sein.
Lieben und nicht haben, ist härter als Steinegraben.
Wx will mausen. der bleib' draußen. unsre Katz' kbann selber
maulen.
Nachdem das Malhörnchen seinen verschlungenen Pfad über
all' die vielen Töpfchen und Näpfchen gegangen war, wurde die
Blasur aufgetragen. Es war Silberglätte. Der Töpfer Kinder
mußten sie schon in geringem Alter bei Frielendörfer Kaufleuten,
die sie in Tonnen aus dem Harz bezogen, in flächsernen Säckchen
holen. Töpfe, deren Innen- und Nußenseite glasiert werden jsollte.
tauchte man ganz in die Glasurbrühe. Sollte dagegen nur die Innen-
seite Glasur haben, so goß man etwas Brühe in das Gefäß und
berteilte sie durch Hin-und Herdrehen auf der ganzen Innenfläche.
Und dann bam die letzte Arbeit: das Brennen. Dicht am
Töpferhaus steht der Brennofen, ein alter, dickbauchiger Geselle,
in seinen Umrissen dem rundlichen Körper eines fetten Schweines
acht unähnlich, vorn am Schürloch eng und schmal, nach hinten
twas breiter werdend. In seinem Bauche verschwinden all' die
jielen Dinge und Dinglein, die eine vierköpfige Töpferfamilie in
ier Wochen rührsamster Arbeit schuf. So groß ist er. Nun ist
er Ofen beschickt, die letzte Kanne hat ihren Platz gefunden, und
ie ersten Holzscheite, die das Käucherfeuer (leichtes Feuer zum
angsamen Anwärmen) nähren sollen, sind angezündet. Nach einigen
tunden wird Vollfeuer angefacht, und der geplagte Töpfer muß
iun 25—30 Stunden am Ofen stehen, schüren und neue Scheite
iuflegen, bis er ungefähr 1000 Hitze im Ofen hat.
Fleisch- und Einmachtöpfe und Oelbrüge erhalten bei dieser
Temperadtur nicht die erforderliche Festigkeit und Dichte. Beim
Zrennen derartiger Gegenstände wurden deshalb beim lettten
5chüren etwa 40 bis 50 Pfund Kochsalz auf die Scheite gestreut
ind mit in den Ofen geschoben. Das gab dann das „Salzgebrannte“.
Abb. 3 . Irdenes Tassenkörbchen.
Nun noch einige Tage. des Wartens, bis der Ofen kühl ist, und
das Ausräumen kbann beginnen. Das Geschirr ist fertig, und noch
ehe es den Ofen verlassen hat, stehen Käufer aus nah und fern
unserer Hessenheimat am Ofen, um die Ware in Empfang zu
aehmen, teils für den eigenen Bedarf, teils, um sie als Händler
in Kötzen oder in Wagen, mit dem bebannten Leinentuche über—
pannt, in den Dörfern oder auf den Märbkten mit ausbömmlichem
HDerdienst wieder an den Mann zu bringen; denn was der Töpfer
hervorbrachte, war überall nötig, seine Erzeugnisse waren immer
zesucht.“ Das heute in jedem Haushalt vorhandene Porzellan—
gejchier kannte man damals, besonders in unseren Schwälmerhäusern,
saum. Man aß lieber von den mit bunten Sprüchen bemalten
rdenen Tellern.
Noch einträglicher als die Töpferei war das Siegelbrennen,
veil infolge der Massenherstellung die Leistungen der einzelnen
Arbeitskraft bedeutend größer waren, und die Bearbeitung des
Tones nicht so sorgfältig zu sein brauchte. Man ließ ihn durch die
Tonmühle, die durch ein Göpelwerk mit Sugtieren getrieben wurde.
Jehen und ersparte sich dadurch das mühsame und ungesunde Treten
—*
Abb. 4: a) Irdene Dase, b) Irdenes Schreibzeug, c IArdene Ampel.
d) Irdener Aschenbecher.
ind Kneten. Beim Mahlen setzte man dem Ton gleichzeitig die
e nach seiner Fettigkeit erfordersliche Sandmenge zu. Dann wurde
eꝛr in Barren abgeteilt und auf den Hausboden getragen, eine
gewiß schwere Arbeit. die in den meisten Familien von den Kindern