überschaute; auf beiden Seiten schon tauchten schwarze Klippen
über die Oberfläche der See, an ein Anbrassen ) der Kahen)
war daher nicht zu denben. Mit übermenschlicher Anstrengung
wurde der beste Anker in unglaublich burzer Seit zum Fallen
fertig gemacht, und da man beim Loten sich bereits in 41/,
Faden Wasser befand, wurde der Anbker fallen gelassen, um
den Anbruch des Tages zu erwarten. So waren wir denn
augenblicklicher Gefahr entronnen. Doch wer wußte, was uns
der Morgen bringen würde. Wir bonnten deutlich die Feuer
und Fackeln der Araber an der Küste unterscheiden, die uns
jedenfalls bemerkt hatten, und was würde unser Schichksal
gewesen sein, wenn wir an dieser unwirtbaren Küste gescheitert
wären!
Bei Tagesanbruch fanden wir, daß wir in einer Art
Becken zu Anber lagen, ringsum Klippen, doch vom Strande
noch ziemlich entfernt. Wie wir da glücklich eingelaufen, ohne
an einer der vielen Klippen zu zerschellen, war ein Wunder.
VDor allem wurde ein Boot ausgesetzt, um eine Straße durch
die Klippen für unser Schiff auszupeilen)). Der Ober—
steuermann und vier WMann bestiegen dasselbe, und mit großer
Mühe gelang es endlich, einen Ausweg zu entdecken. Der
Untersteuermann bekam darauf den Befehl, genau den Ordern
des Obersteuermanns zu folgen, der mit dem Boote dem Schifjj
vorausfuhr und den Weg zeigte. Der Kapitän spielte beim
ganzen Manöver einen untätigen Suschauer und war unter
die Aufsicht des Stuarts) gestellt, um ihn von weiterem
mis-hiefꝰ) abzuhalten. Ehe die Dunkbelheit eintrat, waren
wir frei von den Klippen und steuerten mit günstigem Winde
unserem Bestimmungsort zu, den wir am anderen Tage
erreichten. Nachdem wir unsere Kohlen gelöscht und uns mit
Ballast versehen, segelten wir nach Abhalo (P) und von da
mit einer Ladung Reis nach Antwerpen. Da die Leiden-
schaft des Kapitäns von Tag zu Tag zunahm und derselbe
oft halb wahnsinnig wurde, beschloß die Mannschaft, die
Führung des Schiffes dem Obersteuermann allein zu über—
tragen und den Kapitän in Eisen zu legen. Der Erstere
übernahm die Führung, auf seine Bitten wurde der Kapitän
aber nach einigen Tagen seiner Eisen wieder entledigt und
als Passagier behandelt. Beim Amsegeln des Kaps hatten
wir furchtbares Wetter zu bestehen, und wir kbonnten froh
sein, einen Mann von den Fähigkeiten des von uns selbst
gewählten Kapitäns an Bord zu haben. Der Sturm endigte
orbanartig, wir verloren sämtliche Stangen und Segel, und
es war nach einem Orkan, den ich in späteren Jahren auf
der amerikanischen Warine bestanden habe, das schwerste
Unwetter, das ich je auf See bestanden. Glücklicherweise
waren wir gut mit Segeln und Stangen versehen, so daß
wir Kapstadt vorbei segeln KLonnten. Da aber unser Wasser—
vorrat sowie das Brot zu Ende gingen, liefen wir St. Helena!o)
an. Nach einigen Tagen Aufenthalt, an denen es mir aber leider
nicht vergönnt war, das Land zu besuchen, verließen wir die
Insel und gelangten nach einigen Monaten glücklich nach
Antwerpen, wo wir alle unsere Entlassung nahmen.
Kaum zehn Tage an Land gewesen, engagierte ich mich
mit mehreren meiner alten Schiffsbameraden auf einen großen
englijchen Schoner the Harriet!“t) für eine Keise nach
Konstantinopel. The Harriet gehörte nach Brixham??), und
es war bestimmt, im Vorbeifahren dort anzulaufen, da der
Sohn des Keeders die Stelle unseres Kapitäns einnehmen
sollte. Wir segelten mit gutem Winde ab, doch im Kanal
steigerte sich die Brise zum steifen Nordoster, so daß mit—
segelnde Schiffe es für gut fanden, die leichten Segel nebst
5) Einziehen der Segel durch Brassen (Seile). 9) Segelstangen quer am Mast
) mit dem Senkblei auszumessen. 5 Stuart, Steward — Aufwärter. “) Unheil
iüö) Insel im Atlantijchen Ozean, bekannt als Aufenthaltsort Napolens J. 1) Die
Henriette. ) an der engdlischen Kanalküste
Leesegel einzuziehen und sogar ein Keff in die Macrssegel
z stecken. Anser Kapitän hatte indessen beine Lust, wie es
chien, Segel zu kürzen, und ließ sämtliche Segel stehen, bis
ein plötzlicher Windstoß uns des Einnehmens der Leesegel
iberhob, indem die Spiere!8) brach und die Segel fortflogen.
Unser Royal!9) (7) mit der Stange folgte bald nach, doch
»ewog dies den Kapitän nicht, irgend ein anderes Segel
vegzunehmen oder gar zu reffen. Während der ersten Wache,
die der Steuermann hatte, waren wir in die Baĩ von Torquai 10)
ꝛingelaufen, und derselbe hatte alle Segel bis auf Großsegel,
Klüver und Marssegel eingenommen und festmachen lassen.
Um Mitternacht kam meine Wache, des Kapitäns Wache,
an Deck. Es war eine häßliche, stürmische Novembernacht,
und nur für Augenblicke ließ der Mond sein Licht durch die
vildjagenden zerrissenen Wolken sehen. Ich befand mich auf
dem Lookout60). Als wir ungefähr eine halbe Stunde an
Deck gewesen, bemerkte ich das Land rechts voraus und
aportete dieses sofort dem Kapitän, derselbe sandte mich mit
der Weisung nach vorn, nur scharf auszusehen, wir würden
zgleich über Stag!7) gehen. Ich begab mich zurück auf
neinen Posten, wartete aber vergeblich auf die Order zum
Venden. Wir näherten uns dem Lande schnell, und schon
niach kurzer Seit bLonnte ich das Donnern der Brandung
»ören. Ich meldete sofort breakers ahead!sS), und nun end—
ich gab der Kapitän Order zum Wenden. Allein es war
zu spät. Das Schiff war bereits in der Dünung und versagte
die Wendung, nach einigen Augenblicken stieß es mit großer
Hewalt. Wir bamen z3war wieder flott, hatten aber das
Kuder verloren. Anser Schicksal war daher in wenigen
Sebunden entschieden, wir wurden Breitseit an den steinigen
Strand geworfen, ungefähr 21/, Meilen von Brixham, dessen
eichter wir deutlich sehen Lonnten. Es entstand nun für eine
ʒeitlang eine große Verwirrung an Bord, die Backbordwache
am beim ersten Stoß nur mit ihren Anterbleidern bebleidet
in Deck gestürzt, der Kapitän hatte den Kopf verloren, der
Steuermann, aus Brixham gebürtig, jammerte, so nahe seiner
hHeimat noch umbommen zu müssen. Mein Kamerad und ich
varen ziemlich ruhig, indem wir uns auf unsere ziemlich
edeutende Fertigkeit im Schwimmen verließen und das feste
Land nur eine Seemeile entfernt war.
Machdem sich der erste Schrecken gelegt, machten wir den
HDersuch, unser einziges Boot auszusetzen, allein dasselbe
zerschellte, als es noch in den Tabeln hing. Bei dieser Seit
par der Tag angebrochen, und der Strand wimmelte von
Menschen, das lifeboat!9) machte einen Dersuch, zu uns zu
jelangen, bonnte uns aber wegen des hohen Seeganges nicht
ꝛrreichen. Die See spülte über das Schiff und riß alle
Schanzen und Gegenstände von Deck ab, und bald folgten
ruch die Masten. Gegen MAbend ließ zu unserem Glück das
Vetter nach, und nach achtzehn qualvollen Stunden wurden
vpir gerettet, hatten aber natürlich alle unsere Effebten?0)
ꝛingebüßt. Dieser AUnfall kühlte ein wenig (mneine Vorliebe?7)29)
ür englische Schiffe ab, ich begab mich nach Plymouth und
egelte von da nach Boston. Von diesem Platze machte ich
iun verschiedene Keisen als Matrose, teils nach Westindien.
eils nach Europa.
Schon lange waren meine Brüder in jedem ihrer Briefe
in mich gedrungen, eine Navbigationsschule??) zu besuchen, um
nir ein besseres Fortkommen auf der gewählten Bahn zu
uchen. Ich bam daher der Aufforderung nach und machte
einen vollständigen Kursus in der Hamburger Schule durch.
üÜber den Erfolg gibt mein Seugnis Nachricht. Da aber
18) Segelstange. 199 ein großes Segel. 6) an der englischen Kanalküste.
6) Lugaus. 1) Stag — den Mast vorn festhaltendes Tau, über Stag gehen — die
Kichtung ändern. 8) Kiffe voraus! ) Rettungsboot. 20) Habseligkeiten. 2) ergänzt.
weil unleserlich. *) Seefahrtschule