Full text: Heimatschollen 1921-1925 (1. Jahrgang - 5. Jahrgang, 1921-1925)

Welcher Friede liegt doch über den Hütten da drunten! Als 
venn eben der liebe Gott durch das Dörfchen geschritten wäre, so 
eierlich liegt es da. Rauch steigt in leichten Kingeln auf, ein 
Danbopfer für den da droben, der die Felder und Fluren so reich 
gesegnet hat. 
Ein zarter Schleier spinnt sich über das Dörschen. Nur rote 
Dachfetzen und der alte, graugrüne Kirchturm gucken noch zum 
Kehberg empor. Es wird dunkler. Ich steige vom Berge hinunter 
ins Tal. Bald stehe ich vor meinem Dörfchen und schaue noch 
reinmal zurück über das Feld und den Wald. Noch sehe ich, wenn 
auch verschwommen,' das Kornfeld mit seinen Garben und Korn— 
»aufen vor mir. Der helle Giebel der Talmühle dort im Grunde 
chimmert grau herüber. In scharfgeschnittener Linie hebt sich der 
Kirschenwald vom Himmel ab. Deutlich sehe ich die höchsten 
Wipfel in die Wolben ragen. 
Immer mehr Geister der Nacht steigen aus Wald und Feld 
auf. Das Kornfeld verschwindet, die Mühle im Grunde ist nur 
ioch ein dunbler Punbt; die vor Minuten noch scharf gezeichnete 
Horizontlinie über dem Walde wird immer verschwommener, mehr 
vellig und geschwungen. Eine Weile, und der Horizont verschwindet, 
dimmel und Erde sind eins. 
Die Nacht hat nun ganz ihren dunblen Mantel über Flur und 
Vald, Dorf und Mühle gebreitet. Feierliche Stille ringsum. Jehßt 
teigen Engel Gottes vom Himmel auf die Erde hernieder, treten 
in in die niedrigen Hütten und halten treue Wacht am Bettchen 
ines jeden Kindes, das am Abend fromm seine Händchen gefaitet 
at. Der gute Mond leuchtet ihnen bei ihrer Keise zu den 
Nenschenkindern. Lieber Mond! Seige auch drei Englein den Weg 
n das Haus mit den grünen Fensterläden dort oben unter der Linde 
Tiefer Friede über dem Dörschen zur Kechten, der Talmäühle 
m Grunde, dem Walde und der Flur. Der müde Landmann, der 
en Tag über im Schweiße seines Angesichtes gearbeitet hat, 
chläft schon lange. Ich bin ganz allein. Kein Tritt eines ver— 
pãteten Wanderers hallt in der Ferne. Nur eine hohe Pappel 
im Wege flüstert und flüstert in die Nacht hinein. Sie weiß viel 
u erzählen, soviel, daß sie selbst in der Nacht nicht schweigt. Was 
ine solche alte Pappel am Wege in ihrem langen Leben aber 
iuch nicht alles gehört und gesehen hat! 
Dom Pulsschlag d i 
om Pulsschlag der Heimat. 
Die Pjalz vergiften. 
Don C. Dippel. 
Die Pfalz, dieses so reich gesegnete, wegen der Fröhlichbeit 
einer Bewohner öfters sprichwörtlich genannte Ländchen am Rhein, 
var am Ende des 17. Jahrhunderts der Schauplatz arger Ver— 
vũstungen und Brandschatzungen durch die wilden Horden des 
eroberungslustigen französischen Königs Ludwig XIV. Wie ein 
õdlich wirbendes Gift hatte der rohe Krieg alles Leben heim— 
ückijch vernichtet. In trauriger Erinnerung an das beblagenswerte 
Ereignis bildete sich die Redensart: „Da ist die Pfalz vergiftet“ 
noch sehr gebräuchlich im Haungrund und Schwalmgegend, Schrijtl.), 
in der Bedeutung: Da ist alles vernichtet, da ist Hopfen und Malz 
berloren, da ist der Teufel los. Im ehemaligen Kurhessen hört 
man hin und wieder die ähnlich klingende Redensart: Er sieht aus, 
als Lönne er die Pfalz vergiften. Doch greift man bei der Erblärung 
dieser Lesart wohl besser auf ein früheres Ereignis zurück, bei dem 
ibrigens auch die Pfalz die Kosten zu tragen hatte. 
Als der stolze Ruprecht von der Pfalz nach dem Tode seines 
Schwiegervaters, des letzten Herzogs von Bahern, dessen Land 
alsbald eigenmächtig in Besitz genommen hatte und, einerseits sich 
ibermütig auf seines Vaters Macht stützend, anderseits auf Söhmens 
Hilfe hoffend, jeden Einigungsvorschlag hartnäckig zurückwies, da 
mußte der Kaiser wohl oder übel die Reichsacht über ihn ver— 
hängen. Mit deren Ausführung wurde neben anderen auch der 
damalige Landgraf von Hessen, Wilhelm II. genannt der Mittlere, 
1483-1500) betraut. Dieser hatte bald ein ansehnliches Heer 
aufgestellt, in dem sich auch viele Landleute zusammenfanden, die 
iich an der zu erwartenden Beute zu bereichern gedachten. Die 
neisten dieser Leute stritten in ihren Kitteln, weshalb alle Hessen 
vom Kurfürsten von der Pfalz spottweije als, Kittelhessen“ bezeichnet 
vpurden. Die Hessen plünderten und sengten namentlich die obere 
Pjalz in der damals ũüblichen Weise. Doch muß es dabei besonders 
»art hergegangen sein, wenigstens blagt ein burzes Chronodistichon: 
Jasso CreMat trlstl face flens perlt aCCola rhenl, d. h. der Hesse 
»rennt mit Trauer bringender Fackel, während die Nachbarschaft 
des Kheins blagend zugrunde geht. („Hessens Brandstich klaget 
as Rheinland billig.“) Das lateinische Seitdistichon nennt in 
einen Sahlenbuchstaben MCCCCIIIII das Jahr 1504. Tatjächlich 
raten damals die Eindringlinge ganz verwegen auf und drohten, 
sie würden noch die ganze Pfalz vergiften, worunter sie vergeben, 
aufteilen verstanden (vergl. Mitgift — Mitgabe). LAnd weil sie 
dabei so grimmig ausschauten, so sagt man heute noch von einem 
hämisch und griesgrämig oder auch ingrimmig dreinschauenden und 
yabei noch äußerst wichtig tuenden Menschen: „Der möchte wohl 
am liebsten gleich die ganze Pfalz vergiften.“ 
Die Katzenmühle. 
VDon C. Dippel. 
Im oberen Baunetal, zwischen Hoof und Elgershaujsen, liegt 
die sogenannte Katzenmühle. Su der Seit, als noch Hexen ihren 
Spuß trieben, war eine zeitlang in dieser Mühle in jeder Nacht 
zin derartiger Katzenunfug, daß die alten, braven Müllersleute, 
die nur eine einzige Tochter besaßen, ihr Anwesen gern verlassen 
»aben würden, wenn sich für dasselbe nur ein Abnehmer in der 
Bestalt eines Schwiegersohnes gefunden hätte. Die hübsche Tochter 
F
	        
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