Full text: Heimatschollen 1921-1925 (1. Jahrgang - 5. Jahrgang, 1921-1925)

Götterstatue und die Wolfsschlucht, auf dem Karlsberge Felseneck 
und ein Aufseherwohnhaus, unweit des Schlosses der Tanzsaal, 
der Marstall und das Gasthaus, das Theater uid das Wachthaus 
und schließlich das Gewächshaus mit dem idyllischen Beunnen unter 
Trauerweiden. 
Die letzte Schöpfung war der leider viel zu wenig beachtete 
Neue Wasserfall. Bei allen diesen neuen Aunlagen verschwand 
ein großer Teil von Friedrichs II. Gartenanlagen, was bei der Ver— 
gänglichkeit des J. Sk. gewählten Baustoffes früher oder später doch 
eintreten mußte. 
Heute ist die Wilhelmshöhe ein Volks und Kurpark im edelsten 
Sinne des Wortes, dessen Existenz für Jahrhunderte zu sichern 
das Bestreben aller und namentlich der berautwortlichen SGtellen 
sein sollte. Tausende und Abertausende pilgern im Sommer hier— 
her, um die köstliche Bergluft zu atmen, 
die herrlichen Anlagen zu bewundern 
und die unvergleichlichen Wasserkünste 
anzustaunen, mit denen sich die hessijchen 
Fürsten ein bleibenderes Benkmal als in 
Standbildern ihrer selbst geschaffen haben. 
Von nichtfürstlichen Parkanlagen in- 
teressiert wohl am meisten die bei dem 
Schlosse Windhausen in der Nähe von 
Oberbaufungen, bebannt durch das darin 
stehende Affendenkmal, die der natur— 
schwärmende Generalleutnant und Staats- 
mann von Schlieffen nach dem Vorbild 
bon Wilhelmshöhe oder des Wilhelms— 
bades Ende des 18. Jahrhunderts in 
pölliger Einsambeit anlegte. Verstreut 
lagen darin eine Eremitage aus Borbe 
und Rohr, der wie ein Hünengrab gebil— 
dete Herthastein, das Arminius-Grab, 
zin Altar, Grotten, ein Wasserfall, die 
Teufelsbrücke, das Felsenmeer und von 
1000 jährigen Eichen umgeben das Affen- 
denkmal, das der Philosoph seinen Lieb- 
lingen setzte, als er sie wegen ihrer Ge— 
meingefähelichkeit erschießen lasjen mußte. 
Er jelbst ruht in der künstlichen Ruine. 
Don den Gartenanlagen jselbjt sind nur 
einige Laubengänge noch bemerbenswert. 
Sei ihrem Schlößchen Kiede im Kreise Wolfhagen legten die 
Herren von Buttlar auch einen schönen Park an, in dem sie auch 
eine Einsiedlergrotte ähnlich der in dem Park des Wilhelmobades 
erbauten. Der Besucher der Grotte wuͤrde beim Eiutritt durch 
das Erheben des Einsiedlers von seinem Platz in Schrecken versetzt, 
was durch einen mit einer beweglichen Stufe verbundenen Mechans 
mus geschah, wenn der Eintretende auf diese trat. 
Die bürgerlichen Gärten um die Wende des 18. Jahrhunderts 
und ihre Nachblänge bis etwa 1860 sind für unsere Neuanlagen in 
Klein⸗ und Hausgärten mustergiltig, man findet sie deshalb in den 
neuesten Eigenhaussiedlungen vielfach als Vorbild benußzt. Leider 
sind bei den größeren Städten Hessens die alten Büuͤrgergärten 
bor, den Stadttoren und Stadtgräben bei der sortscheeitenden 
Sebauung des Vorgeländes verschwunden. Man muß schon bLleinere 
Städte aufjuchen, die noch nicht über ihr Weichbild hinaus das 
Gelande durch Straßen erschlossen haben. Eine wahre Blütenleje 
schöner Gärten findet man noch am Stadtgraben vor Eschwege. 
In der Abbildung 6 habe ich einen solchen rekonstruiert. Von dem 
allgemeinen Weg ist der Garten durch eine hohe und fast undurch⸗ 
sichtige Hecke getrennt. Mitten darin befindet sich der Eingang 
bon, bebrönten Steinen flankiert, dahinter stehen zwei bugelig 
gejchnittene Bäume. Von dem Eingang führt mitten durch den 
Barten ein weißbebiester Weg zwischen buchsbaumeingefaßten 
Kabatten hindurch. Nuf den Rabalten stehen Blumen und —X 
tocke, während die großen Felder mit Gemüse bepflanzt sind. Ein 
Querweg führt in der Mitte zu einem Brunnen und den Himbeer⸗ 
und Stachelbeerhecken, die den Garten vom Nachbar trennen. Den 
Abschluß des Mittelweges bildet in der Flucht des Eingangs ein 
mehr oder minder geräumiges Gartenhaus (siehe Abbidung 1) 
Hinter dem Häuschen liegt eine dichte Obstplantaͤge. 
Abbildung 8 zeigt ein Gartenhäuschen aus Eschwege in einem 
Terrassengarten, dessen einzelne Terrassen durch Lattenkreuzgitter 
abgeschlosen sind. Seitlich der hohen Treppe sind schöne Blumen⸗ 
bosbetts mit allerlei Grasarten und Slattgewächsen angeordnet. 
Semerbenswert ist auch ein reich behandeltes Gartentor in der 
Mangelgasse zu Eschwege mit Initialen und der Jahreszahl 1750, 
das den Willen zum Imposanten zeigt und sein fürstliches Vorbild 
nicht verleugnet. Von einem andren Tor in der Leuchtbergstraße 
zu Eschwege haben sich nur die beiden reich bebrönten Torfeller 
nit Fruchtlörben erhalten. Einfachere Gartenpforten mit schön 
geschwungenen Brettertũren liegen zwischen mehr oder minder vus 
Jebildeten Steinpfeilern oder geschnitteen Bäumen als durchdus 
delebendem Element. 
Eine schöne Gartenpforte finden wir in Gelnhausen, bei der 
ußer den steinernen Türpfosten reichlich Eisen Verwendung gefunden 
»at. Das meiste Gefallen erwecken die schönen und spielend leicht 
virbenden Eisenarbeiten. Auf die Steinpfeiler legt sich ein Kahmen 
nit quadratischen Füllungen, in denen Kinge liegen. Die Leichtigkeit 
er Behandlung des Stoffes ist erstaunlich. Eschwege bietet in 
einen Haus und Vorstadtigärten und seinen Teerrasjengärten am 
Leuchtberg mit hohen Treppen, in seinen noch zahlreichen Garten 
)ãuschen und Bauten, seinen Pumpenhäuschen und Gartenpforten 
noch eine reiche Auswahl. In Cassel haben sich eigentliche alte 
Perivatgärten in unberührkem Sustand 
baum erhalten. Doch trifft man verein 
zelt noch Pavillons wie im Prinzessinen⸗ 
garten an der Fulda, hinter einem Hauje 
der oberen Karlstraße, auf dem großen 
Finbenherd (siehe Abbildung 9), Bauten 
bor den Toren (iiehe Abbildung 10 und 
11) und ein teilweije auf Säulen stehen- 
des großes Ferienhaus in einem Garten 
der Anteren Königstraße. 
Sesonders jschone Gartenhäuser findet 
nan auch in Schmalkalden, so das Garten— 
aus Happich am Rũckersberge mit einem 
Mansarddach und einer offenen Laube 
davor, ein langgestrecktes Gartenhaus an 
der Straße nach Weidebrunn, zweistöckig 
und ebenfalls mit Mansarddach, das 
Hartenhaus „Liebaug“ am Fuße des 
Schlosses mit seinen dorijchen Säulen und 
schwerem Gebälk durchaüus monumental 
wirbend, und das reizende Gartenhaus 
Erbe vor dem Keiherstor mit alljeitigem 
VPalmdach und offener Bogenhalle dador. 
Sie sind abgebildet in den Bau- und 
Tunstdenmälern des Kreises Herrschaft 
Schmalkalden von Prof. Dr. Paul Weber. 
In Spangenberg hatte sich der Fabri— 
kant Schröder einen schönen Garten mit 
Hartenhäuschen und einem Obelisk unter prächtigen Baumgruppen 
eschaffen. Auch bei dem v. Mãldnerschen Surgsitz, der ehemaligen 
Behausung Margarethes vp. d. Saale. befindet sich ein schoner 
Terrassengarten. 
Eine besondere Art Gartenhäuser, wie man sie in Thũringen 
nehr findet, sind die in den Berggärten bei Rotenburg, sie sind 
zweistöckig und oben und unten vom Garten aus zu betreten. 
Ein Gartenhaus zu Hünfeld und das monumentalere im Garten 
der Deutschordensmũhle bei Marburg stehen vorn auf Säulen, die 
o eine Laube bilden. Einige in Hersfeld befindliche schöne Garten⸗ 
auben und Häuschen weichen nicht wesentlich von den beschriebenen 
ab, in Homberg a. d. Efze ist ein schönes Garftenhauschen auf 
einem runden Turmstumpf errichtet. 
Meine bisherigen Veröffentlichungen ũber Gartenhäuser, Pforten 
uind Bauten in der Seitschrift „Die Bauwelt hatten den Erfolg, 
daß das Gewerbemuseum in Bremen um woeitere Veroffentlichungen 
»at, da die darin gebrachten zahlreichen Abbildungen auch aus 
inderen Gegenden Deutschlands großéès Interesse erweckten und 
uf einige neuere Gartenanlagen von Einfluß wurden. Möchten 
unsere älteren Gartenanlagen auch bei uns das rechte Verständnis 
inden, sie sind es wert, daß man sich mit ihnen beschäftigt und ihre 
Grundzüge auch in modernen Anlagen! Anwendung finden. 
J —— 
Abbildung 11: Gartenlaube zu Cassel 
Dorfabend. 
Von Heinrich Schweitzer. 
Es ist Abend. Durch den Kierschenwald führt mein Weg 
»inauf auf den Kehberg. Ich stehe im Sonnengold, allein von 
allen Menschen in meinem Dörschen; denn dork unten im Tale 
cheint die Himmelsbonigin nicht mehr. 
Goldumflossene Berge mit Türmen und Sinnen sehe ich am 
Horizont. Ganz deutlich erblicke ich den Herzberg mit seiner Linde, 
die Burg Falkenstein mit ihrem Wartturm und fern eine hochragende 
Feste in Gold getaucht, gleich Sion, der Stadt der Seligen. 
Drunten laͤuten die Abendglocken. Hochbeladene Erntewagen 
nit böstlichem Roggen und Weszen fahren auf das Dörfchen zu. 
hirtenbuben weiden ihre Kühe und Geißen am Hange des Berges. 
kin munteres Hündchen umbreist sie. Nach dem Abendlauten 
enben auch Hirt und Tier ihre Schritte zum schütßenden Dach.
	        
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