Gott noch einmal so viel — Von Sand und Ton bin ich gemacht,
wer mich zerbricht, der Töpfer lacht — Diese (die Schüssel) ist von
meinem Sinn, wenn sie zerbricht, so ist sie hin — Aus der Erd'
und mit Verstand macht der Töpfer allerhand — Allen, die mich
bennen, gebe Gott, was sie mir gönnen. Auf eine von Lüneburg
aus bestellte Kaffeebanne schrieb der Meister den selbstverfaßten
Spruch: Der deutsche Kuchen ist blond und schön wie die lieben
deutschen Weibel, der deutsche Kaffec ist süß und mild wie deutsche
Lyeik von Geibel. Es ist eine bunte VReihe von hausbackener
Weisheit, launischem Volbshumor und ernster Tiefe.
Die Lust am Sinnieren hat auch den Werbstattofen zu einem
bleinen Lustwerb umgeschaffen. Da steht am Sockel: Glück und
Kunst ist Gottes Gunst, und in vier Feldern verteilt: Draußen
Schnee und Eis, im Sommer reger Fleiß, voll Korn die ganze
Scheuer, im Ofen lustig Feuer, ist Frühling in Winterszeiten, Gott
woll es uns bereiten.
Das Glasieren war beine leichte Arbeit. Da hieß es erst die
Glajur fein säuberlich auf der steineren Glasurmühle, die zugleich
als Farbmühle dient, mahlen, ein hartes, mühevolles Tun. Auf
einem schwach begelförmigen Bodenstein, der vom Steinhauermeister
in der denkbar seinsten Weise bearbeitet worden ist, liegt der in
der Mitte durchbohrte Läufer, der, auf den
Bodenstein so fein eingeschliffen ist, daß er mit
ihm durch die Kraft der Flächenanziehung zu
zinem wasserdichten Gefäß wird. Ein Faß,
die Sarge, umschließt Läufer und Bodenstein
und eine Seite (Ausfluß) läßt die fertige
Blajur in eine untergestellte Schüssel abfließen
Die Drehvorrichtung ist außerordentlich einfach.
An drei, an dem äußeren Umfang liegenden
Stellen des Läufers sind bleine VDertiesungen,
in die eine Stange, die durch eine einfache,
zentral über dem Läufer angebrachte Führung
gehalten wird, paßt. (Siehe Abbildung 2)
An einer solchen Muhle mag wohl Simson
gestanden haben, als er in Gaza zum Triumph
seiner Feinde Getreide mahlen mußte. Jeden⸗
falls begegnet uns diese einfache Form der
Mahlmühle schon in grauer Vorzeit, und im
borigen Jahrhundert war sie noch in jeder
Apothebeẽ gebräuchlich. Der Meister bennt
auch andere Formen, er weiß, daß die ältere
Zeit auch die Sarge aus Stein fertigte, bennt
aber auch die Nachteile einer so unendlich
schweren Maschine, deren Gewicht auf die
Dauer auch einem starken Gewölbe Schaden
tut, zumal in ihrer nächsten Nähe das Wasser
geplantsch nicht ganz zu vermeiden ist.
Endlich ist die Glasur so weit, daß sie
o»hne BSedenkben Verwendung finden Lann
Alle Geschirre sind sauber, Lein Sandbörnchen
ꝛlebt an ihnen, sie sind lufttrocken, das Glasieren
bann beginnen. Noch einmal wird das ganze
Stũck weich, sorgfältig muß es getroͤcknet
werden. Die Schuͤsseln werden paarweise auf⸗
einander gestülpt, gebördelt, damit sie sich im Trocknen nicht schief
ziehen. Die obere trocknet nun schneller als die untere, sie werden
umgeschwenkt, um ein gleichmäßiges Erhärten zu bewirken. Jetzt
erst, nachdem die Ware hart geworden ist, kann an die Seschickung
des Ofens gedacht werden.
Es ist ein, Bauwerb für sich, so ein Töpferofen: ein lang-
gestrecktes, spitzbogiges Gewölbe mit einer langen Feuerung davor.
Am hinteren Ende steht der Schornstein, damt die Glut den ganzen
Kaum durchziehen muß.
Ein loses Gefũge, Ständer genannt, aus feuerfesten Steinen
scheidet die Feuerung von dem eigentlichen Ofen, in den die Ware
sorgfältig eingesetzt wird. Vasen und sonstwie heikle Sachen
bekommen tongedrehte Dreifüße, die auf ihrer Unterlage wohl
ein bißchen anbacken, aber mit einem leichten Schlag entfernt
werden Lönnen. Etwa vier Stunden wird mit meterlangen Hölzern
angeheizt, dann erst kommt etwa 3wei Meter langes Langholz
dazu; der vorher kaum eine Rauchwoolke ausschickende Ofen wird
zu einem qualmspuckenden, glühenden Ungetüm, eine Hitze von
1200 Grad muß erreicht und je nach der Art der Ware längere
oder bũrzere Seit erhalten werden. Da werden die Holzstoße,
die vor dem Hause kunstreich aufgestapelt sind, rasch blein, schwinden
zusammen wie Butter an der Sonne
Gerät der Brand, so ist es aber auch ein Spaß, zu sehen,
wie flink die Ware ihre Abnehmer jindet, denn es ist doch immer
noch so, daß derjenige, der etwas Gutes leistet, gejucht wird, auch
wenn er weitab von der eigentlichen Heerstraße wohnt.
Abbildung 2
Meister Gimpel hat in seinem Geschäft, das er nun über ein
albes Jahrhundert führt, manchen Erfolg errungen. Anendliche
Mengen der mannigfaltigsten Waren sind aus seiner Werbkstatt
inausgegangen, sie haben ihm Freunde gemacht in der engeren
ind weiteren Heimat, sind nach Sachsen, Ostpreußen, über den
khein und gar nach Amerika gegangen; er hat sich schon bald
iach seiner Geschäftseröffnung eine Frau heimführen Lönnen, und
ie beiden haben, da ihnen eigene Kinder versäagt waren, an taub—
tummen Kindern treulich Elternstelle versehen. Aus einem Leben
oll unendlicher Arbeit hat sich der noch immer Rüstige als kböst
ichstes Gut die Freude an seinem Werb gerettet. Mit Stolz zeigt
x die Anerbennungen, die ihm von Ausstellungen und hohen
derrschaften zuteil wurden, mit Freude erinnert er sich der lobenden
Vorte eines Kenners, aber die größte Freude hat er doch an
inem gutgeratenen Stück. Dann leuchten seine Augen, lauschend
ängt sein Ohr den Klang, wenn er mit hartem Knöchel gegen
as Stück pocht.
Noch jehlt seinem Geschäfte der, der es fortführt; möge der
iebzigiährige Meister einen Nachfolger finden, der handwerkliches,
üchtiges Können mit ebensolch feinem kLünstlerischem Empfinden zu
ereinigen vermag wie er!
Wie weit geht der Hagel?
In Blofeld, Kreis Büdingen, kennt man
die Scherzfrage: Wieweit git dann de Neawel
Nebel)? Antwort: Bis noch Schdoare (Staden,
Kreis Friedberg). Dort nämlich heißt es nicht
mehr Neawel, sondern Newel. Wendet inan diesen
Scherz, den die Hessischen Blätter für Volks
bunde berichten, auf das Hageln an, so hagelt
es in der Provinz eigentlich nur in den größeren
Stãdten oder wo sonst die Schriftsprache ihren
Einfluß ausübt. Im ganzen übrigen Gébiet
aber, dem eigentlichen Dialektgebiet, kisselt
ieselt), schlooßt schluußt, schlautet) oder schoßt
es. Das erste dieser oͤrei Worte, kisseln oder
kieseln, ist mit dem schriftdeutschen Kiesel ver-
wandt. Schon Erasmus Alberus, ein aus
Sprendlingen in der heutigen Provinz Starkben-
burg gebürtiger Schriftsteller des 16. Jahr-
hunderts, braucht kisseln ĩim Sinne von hageln
und schreibt: „da kam ein großer Regen und
donnert und blitzt und bisselt, daß die Kisseln
Hagelkörner) gefallen waren so hoch als
Mewren (Mauern)“. Auch schlooßen kommt
schon im älteren Deutsch als floozen (hageln)
vor. Schossen endlich dũrfte mit Schoß (Spiel-
kugel der Kinder) zusammenhängen, einem
Wort, das erst die heutige Mundart bezeugt
und zwar aus Nordthüringen und anscheinend
auch dem östlichsten Hessen. Anter diese drei
Kegenten ist das Reich nun ziemlich ungleich
aufgeteilt. Im ganzen Südwesten, also in
Nassau mit den angrenzenden Kreisen Wiitgen-
tein, Marburg, Weßtzlar, aber auch in den hessendarmstädtischen
Treisen Gießen, Friedberg, Büdingen, ja bis in den Kreis
Helnhausen und hart vor die Tore von Fulda (Petersberg bei
fulda) kisselt oder kieselt es. Möglich, daß dies Gebiet durch
die Kreise Schlüchtern und Schotten vollkommen abgerundet
vird. Im Nordosten hingegen schlooßt es und zwar von den
Kreisen Gersfeld, Fulda (Nordteil), Alsfeld, Kirchhain bis hinauf
nach Cassel. Nur im äußersten Osten wird schlooßen stellenweise
)urch schossen abgelöst: aus dem östlichen Kreise Hünfeld und
Dudenrode, Kreis Wißtzenhausen, ist es schoßt eingeliefert. Gern
püßte man, ob und wie weit es auch in den öjstlichen Kreisen
Kotenburg und Hersfeld vorkommt, aus deren Westteil übrigens
e einmal hagelt eingesandt ist.
Soweit das freilich nur sehr grobe und ergänzungs—
»edürftige Bild, das wir von den Geltungsbereichen der drei
Vorte zeichnen bLönnen und das jeder Leser dieser Seilen mit den
infachsten Mitteln nachzuzeichnen vermag. Wie ist es zustande
gekommen? In der Hauptsache durch die Antworten auf die
jrage „es hagelt“, die einer der letzten Fragebogen des Hessen-
Nassauischen Wörterbuchs stellte. Sieht man dieje Antworten auf
hre örtliche Verteilung hin durch, so ergeben sie die oben um—
grenzten Wortgebiete. So tragen uns also die Fragebogen zweierlei
in: erstens die verschiedenen Ausdrücke, die gebräuchüch sind,
weitens die Gebiete, in denen diese Ausdrücke gelten. Da dies
iber Hauptpunkte sind, auf die ein modernes Mundartenwörterbuch
ichten muß, so sind die Fragebogen dem Hessen.Nassauischen
Zeichnung von J. Schulz