eimat⸗Schollen
Slätter zur Pflege hessischer Art, Geschichte und Heimatbkunst
—V
Die Heimat⸗Schollen werden den Kreisblättern in Homberg, Melsungen, Votenburg und Siegenhain
beigelegt. Die Kreisblätter in Fritzlar, Franblenberg, Hersfeld, Hünfeld, Kirchhain und Wolfhagen liefern
auf Bestellung. Außerdem bann der Bezug durch die Post und den Büchhandel erfolgen. Jahrespreis 10 Mu.
2 Jahrgang
Hoessische Köpfe 0
Von Will Scheller.
IiII.
Karl Bantzer.
SZum 65. Geburtstage des Künstlers am 8. August.
Mitten durch althessisches Gebiet fließt die Schwalm,
ein Wasserlauf, unansehnlich genug, um auf die Bezeichnung
Fluß beinen Anspruch erheben zu können, und doch wiederum
mit Eigenschaften begabt, die ihn vor manchem andern aus—
zuzeichnen wissen. Nicht mit Unrecht trägt die ganze Gegend
jeinen Namen, denn er gibt ihr ja das Gepräge, dessen sie
sich vor anderen hessischen, geschweige deutschen Landschaften
rühmen kann? das Gopräge besonderer Fruchtbarkeit des
Bodens, besonderer Schönheit der Formation und besonderer
Eigenart der Bewohner. Im allgemeinen dürftigen, um
nicht zu sagen ärmlichen Ertrages, vermag hier die hessische
Erde ungewöhnlichen Keichtum aufzuweisen, eine Lebens-
kraft, die sich mit großer Anmut auch im äußeren BSilde
dieses Landstrichs und in dem Menschenschlage spiegelt, der
hier die Heimatscholle hegt und pflegt. Von allen Hessen
macht der Schwälmer am eindrucksvollsten Figur; schlanb
und hochgewachsen ragt er hinaus über seine Stammes—
genossen, sein Antlitz trägt die Süge der Arbeit und des
Willens, der Verschlossenheit und Klugheit, und die Art
seines Lebens und NAuftretens zeugt von Fähigkeit und Sinn
für Tradition. And in der Tat gehört die Schwalm, obwohl
erst seit einem bnappen Halbjahrtausend staatsrechtlich Hessen
eingegliedert, zu denjenigen urhessischen Gauen, in denen die
Stammesart auch nach außen hin am deutlichsten zur Schau
getragen wird. Kann es da wundernehmen, daß ein
Künstler, der äußerlich und innerlich hier zu Hause ist. die
Art des Dolksstammes, dem er angehört, das Wesen der
Heimat, in der er wurzelt, in überragender Weise zur
Heltung bringt?
Karl Bantzer, von dem hier die Kede geht, ist am
5. August 1851 in Siegenhain, der alten Festung und
hauptstadt der Schwalm, als Sohn einer dem burfürst-
ichen Oberhessen entstammenden Marburger Familie geboren.
Die frühesten Lebenscindrücke gab ihm die Schwälmer
satur. And wenn er auch erst in Marburg zum bewußten
Menschen heranreifte, so hat doch die wissenschaftliche Er—
orschung des menschlichen Innenlebens zu der Erbenntnis
jeführt, daß die Lebenseindrücke, um so stärker, um so ent—
cheidender sind, je früher sie empfangen werden. And so
— V—
ejsijches Wesen so deutlich in äußerer Gestalt und beseeltem
Ausdruck zu allgemein gültiger Form erhoben hat, wie —
iun eben Karl Bantzer.
Er ist nicht der erste gewesen, dem das Herz des Hessen—
andes und der Pulsschlag des Lebens darin Anregungen
um Schaffen gegeben haben. MAber bei ihm war es mehr
ils Anregung, mehr als Gegenstand Lünstlerischer Tätigkeit,
vas er im Schwalmtal fand, — er fand sich selbst in dieser
dandschaft und den Menschen, die sie belebten und beleben,
ind so ist es immer wieder, wie im Falle jeder großen per—
önlichen Kunst, er selbst, der Künstler, der den Bewunderer
»es Werbes aus dessen seelischer Tiefe heraus anblickt.
Seelische Tiefe, das ist das entscheidende Merbmal
er Bantzerschen Arbeit. Sie bonnte aber nur sich gründen
n ein lebendiges, mystisches Gefühl der Einheit mit
Iem., was dem werdenden Menschen bekannt und keuer