Full text: Heimatschollen 1921-1925 (1. Jahrgang - 5. Jahrgang, 1921-1925)

Auf der Heimatwarte. 
Otto Abbelohde F. Als aus hartem Winterbann endlich 
der Frühling erstand, ging Meister Otto Ubbelohde in Goßfelden 
bei Marburg zu Grabe, viel zu früh für sein Hessenland und die 
Freunde seiner Kunst in allen deutschen Gauen. Der 8. des Wonn— 
monds war sein Sterbe und der 12. sein Begräbnistag. In seiner 
Kunst war er ganz ein Eigener: er war Übbelohde, das sagt 
alles. Die Tageszeitungen würdigten seine Bedeutung als Heimat- 
Lünstler, der wie Laum ein andrer die herbe, bnorrige Eigenart 
Hessens in Land und Leuten traf, als Zeichner, Kadierer und 
BSuchillustrator. In der „Casseler Kunstausstellung 1922“ grüßen 
uns seine hessischen „Bergwälder“ und das „Flußufer“. Wäs wir 
auch von ihm sehen, alles sagt uns, daß die Fülle seiner Gaben 
noch nicht erschöpft war. Wenn nur der Tod nicht so früh gekommen 
wäre. Die Todesbunde überfiel einen so ganz unbermutet. Sie 
hieß mich zu den HessenkunstKalendern und zum „Kosa Stramin“ 
greifen und sie in sinnender Trauer durchblättern. So hielt ich 
dem Verewigten ein stilles, feierliches Totenamt. K 
Casjeler Kunstausstellung 1922. Pfingstsonnabend, den 3. Juni, 
wurde im Orangerie-Schloß in der Karlsaue eine Kunstausstellung 
eröffnet, deren Besuch sich lohnt. Es ist da viel echte Kunst in 
Gemälden, Aquarellen, Graphik und Plastik zu sehen. Es ist 
da auch viel andere Kunst, von der man nicht weiß, wohin 
man sie tun soll, um volbstümlich zu reden; vielleicht weiß das 
mancher Urheber von seinem eignen Werke nicht. Von jolcher 
Kunst möchte man, wenn dadurch das Ausland nicht so grundver- 
behrte und verschrobene Begriffe vom deutschen Kunstschaffen der 
Gegenwart bebäme, fast wünschen, daß recht viel davon für teueres 
Geld über die Keichsgrenze gehen und die deutsche Valuta auf— 
bessern möge. Unbelastet von ũberjpannten, blutleeren Kunsttheorien 
und nur seinen schönheitsdurstigen Augen folgend, verweiit man 
vor den Werben echter Künstler wie Santzzer, Baum, Kätelhöhn, 
Fennel, Otto, Steinhausen, Thielmann, Thoma, von Volkmann 
und anderer. Ihretwegen, die bleibende Werte schufen, lohnt sich 
ein wiederholter Besuch der Ausstellung, die bis zum 271. Augusi 
dauert. Auch Burmester, Jeschke, Fischer und Schoöpflin bereichern. 
In der Plastik überragen (nicht nur wörtlich genommen) Adolf 
vpon Hildebrands braftvolle Gestalten alles andere. Mit dieser 
Kunstausstellung ist eine „Ausstellung hessischer Künstler“ 
am Ständeplat verbunden. Tageskarten (zu 54) berechtigen zum 
Bejsuch beider Veranstaltungen. Die Ausstellung am Ständeplatz 
trägt hejjischen Charabter und zeigt Werbe von Bantzer, Fennel. 
Koch, Jung, Metz, Wenzel, Sy und anderen. Es sind auch sonsi 
noch, hier sowie in der Orangerie, viele rätselhaft bunte Flächen 
zu sehen. Doch wird die strenge Seit schon die Worfschaufel er— 
greifen und die Spreu vom Weizen sondern. R. 
Swölfhundertjahrfeier der Stadt Amöneburg. Am 
6. Juni beging Amõneburg, die Stadt auf dem Berge, die Feier 
hres zwölfhundertjährigen Bestehens. Fürwahr, ein ehrwürdiges 
Alter! Stürme der Vernichtung brausten im Laufe der Seit über 
die durch Bonifatius geweihte Stätte. Aber immer wieder erhob 
sich die Bürgerschaft zu neuem Leben. Kirchliche Feierlichbeiten 
leiteten den jestlichen Tag ein. Dem Festzuge, der sich durch die 
Straßen zum Marbktplatz bewegte, gaben die bunten Trachten der 
Hessenmädchen einen malerischen Reiz. Der Bürgermeister verwies 
in seiner Begrũßungsansprache auf die harten, wechselvollen Geschicke 
der Stadt. Der Bischof von Fulda sandte durch einen Vertreter 
Gruß' und Glückwunsch. Oberpräsident Dr. Schwander betonte das 
echte heimatliche Empfinden als Quelle der Kraft. Auch ein Ver⸗ 
treter der Regierung und der Landrat des Kreises Kirchhain ehrten 
die hohe Jubilarin durch ihr Erscheinen. Nach den Ansprachen fand 
auf dem Marbkte die Aufführung eines Heimatspieles von Haupt- 
iehrer Schick statt, der den festlichen Tag leider nicht mehr erlebte. K. 
Wo stand die DonarEiche? Die berühmte Donar-Eiche, 
die der heilige Bonifatius im Kampfe gegen das Heidentum fällte, 
ist seit einiger Seit Gegendstand wissenschaftlicher Auscinander— 
seßungen gewesen. Reichsarchivrat Dr. Schäfer verlegt ihren Stand— 
ort nicht, wie bisher angenommen, nach dem Dörschen Geismar 
bei Fritzlar, sondern nach Hofgeismar im hessisch- woestfälijchen 
Grenzlande. Domdechant Jestädt in Fritzlar und Oberlehrer F. Pfaff 
in Cassel halten an der bisherigen Äüberlieferung fest und nehmen 
die Ehre, Standort der Donar-Eiche zu sein, für Geismar bei 
Fritzlar in Anspruch. Beide Seiten haben eine Fülle von Beweisen 
zusammengofragen. um ihror Annahme zum Sied zu verhoffon 
HöhenschichtenLarte von Rotenburg und Umgebung. Vor 
nehr als 10 Jahren ließ der Vorstand des Alheimervereins die 
carte für Wanderungen in der näheren und weiteren Umgebung 
on Rotenburg erscheinen. Sie war damals die erste und einzige 
carte, die in einem größeren Maßstabe den Kreis Kotenburg 
nit seinem schönen Wandergebiet auf einem Blatt vereinigte, und 
and eine freundliche Aufnahme. Seit einigen Jahren war sie 
ergriffen, und die Nachwirkungen des Krieges machten es unmög— 
ich, rechtzeitig für Ersatz zu sorgen. Nach längerer Vorarbeit ist 
ie zweite Auflage fertiggestellt und Lommt nunmehr zur Ausgabe. 
der Lartenbundige Beschauer wird auf den ersten Blick erkbennen, 
aß hier unser Heimatgelände in einer Anschaulichbeit heraus— 
earbeitet ist, die Laum noch übertroffen werden Kann. Im DAuf-— 
rage und unter Mitwirbung des Vorstandes des Alheimervereins 
vurde die Karte ausgeführf von der Verlagsanstalt von H. Kahle 
n Eijenach, die für ganz Deutschland bis weit in die Alpen Karten— 
verke in großer Sahl und immer höherer Vollendung geschaffen hat. 
Gegenüber der ersten Auflage stellt die neue Karté einen 
zroßen Fortschritt dar. Sie zeigt in neun Höhenschichten von je 
O zu 50 Meter den gesamten Aufbau unseres Gebirgslandes 
die Hohengliederung bewegt sich von der Talsohle der Fulda bis 
u den höchsten Erhebungen des Damsbopfs und Alheimers in 
en Grenzen von 150 bis 850 Meter. Huch den Bereich des 
Valdes zeigt die Karte in zart angedeuteten Bäumchen. Die 
esamte Ausführung ist vollendet sauber und blar. Eine ansehnliche 
zahl von Firmen höät in dankenswerter Weise die Herausgabe 
efördert, indem sie für das Beiheft ihre geschäftlichen Anzeigen 
ur Verfügung stellten. So wurde es möglich, für die Hauptorte 
mjeres Kreises und der Nachbarbreisje Ausführungen über Geschichte, 
dage, Einrichtungen und wiretschaftliche Bedeutung beizugeben uͤnd 
omit der Heimatlunde einen Dienst zu leisten. 
Die Karte der ersten Auflage bonnte für 80 Pfennig abgegeben 
verden. Wenn es nunmehr uneeläßlich ist, den Preis auf T, 50 Mark 
estzujetzen, so bedeutet das beine Preiserhöhung, sondern in KRück- 
icht auf unseren gegenwärtigen Geldwert und die hohe Vervoll- 
ommnung der Karte eine Herabsetzung des Preises. 
Die Karte soll unsere Heimat dem Heimischen und Fremden 
ufjchließen helfen und sie ihm vertraut und lieb machen. Möge 
ie, um diese Aufagabe zu erfüllen. eine weite Verbreitung finden. 
Dr. Etzrodt. 
Jugendring. „Der Heimatdienst“ Nre. d9/ 1o schreibt: Eine von 
er Geschäftsstelle des Reichsjugendrings in Deesden herausgegebene 
Broschüre gibt eine burze VDarstellung der bisherigen Tätigkeit 
es Jugendringes, der heute bereits in etwa 280 Orten arbeitet. 
die Jugendringe vereinigen Jugendgruppen aller Art im gemein— 
amen Kampf der Jugend gegen den Schmutz und Schund auf allen 
zebieten des öffentlichen Lebens. Sie bebämpfen vor allen Dingen 
zchundfilm, Schundpostkarten und Schundbücher und haben in 
iesem Kampf mancherlei Erfolge gehabt. So ist es an verschiedenen 
ztellen gelungen, durch Boybott der die schlechte Literatur ver⸗ 
reitenden Buchhandlungen die Entfernung solcher Schriften aus 
en Läden zu erreichen. Ebenso wenden sich die Jugendringe auf 
nancherlei anderen Gebieten gegen die heute herrschenden Ansitten 
nd suchen in ihrer jugendlichen Einstellung zur Lebensreform 
ejundere und einfachere Formen auf allen Gebieten des Lebens 
urchzujeßen. Sie vereinigen in dieser Arbeit Jugendliche aller 
ztaände und Parteirichtungen und leisten somit eine wesentliche 
Irbeit für das Lebendigwerden einer wahren Volkbsgemeinschaft. 
Venn die Jugendringe sich vor allem in ihren Anfängen von 
Auswüchsen in der Art ihrer Kampfführung nicht frei gehalten 
aben, so darf man doch diese Bewegung als außerordentlich 
rfreulich begrüßen und in ihr ein Seichen sehen für den gesunden 
Hoeist. der in weiten Kreisen der heutigen Jugend lebt. dbr. M. 
VDom Ludwigstein. Wer in der schönen Sommerzeit im 
hessenlande wandern will, vergesse unser herrliches Werratal mit 
einen Burgen nicht, zumal den Ludwigstein, den jedes Hessenkind 
esehen haben sollte. Die wandernde Jugend haͤt sich das hohe, 
ber schwer erreichbare Siel gesetzt, Burg Ludwigstein als Wander⸗ 
ogelhort auf · und auszubauen. Es gilt nicht nur, dem drohenden 
berfall Einhalt zu tun, sondern auch den begonnenen Ausbau zu 
ollenden. Ehrenpflicht eines jeden Natur- und Volksfreundes sei 
s, durch Besuch der Burg und Entrichtung eines Bauschillings 
Boi mifzuhelfen. — 
eren, Konrad Beenecker-Melsungen, unter besonderer Mitarbeit von: Kreisschulrat Schwalm- Siegenhain und —— H. Ru —D 
lle Heimatfreunde sind als Mitarbeiter willklommen. — Berantwortlicher Schriftleiter aul Wolcee-Melsungen. — Hlie Zuschrijten an die „Heimat⸗Schollen“ sind an 
die Scheiftleitung in Melsungen richten, Sahlungen auf Postscheckkonto, A. Bernecker, Franbfurt a. M. Toss. Unberwertete Manuskripte werden nur auf Verlangen zurũdt, 
aesandt. Dar Nachdruck aller Ärbeiten mit Namenszeichnung ist nur nach Übereinbunft mit dem Herausgeber gestattet. — Dreuck und Verlag: A. Bererneckere in Melsungen.
	        
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