Full text: Heimatschollen 1921-1925 (1. Jahrgang - 5. Jahrgang, 1921-1925)

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Auf Heimatwegen. 
Auf dem Wosenberg. 
WMenn der Frühling in seine Fanfaren stößt 
Und das uh aus Todesbanden erlöst, 
Erblühen Dornbusch und Weide. 
Zum Gipfel herauf winkt grüne Saat, 
Die Wiesen prangen im Hochzeitsstaat. 
Du stehst, o braune Heide. 
Im Aschenbrödelbkleide! 
Es ragen viele auf zwischen Eder und Werra, vom Main bis 
zur grünen Diemel, aber einer ist mir lieb vor allen: der Wosenberg. 
Es raunt beine schaurige Mär um seinen Gipfel. Er läßt bein 
issiges Gemäuer aus bampfbrüllender Vorzeit drohend ins Land ragen. 
So wie er dasteht, grau und Lahl, reckt er jeit Jahrtausenden 
eine welligen Flanken heraus aus dem flacheren Umland. 
Schaut man vom Edertal herüber, so übergipfelt er all seine 
ßSergbrüder. Den Wand'rer, der die Kasseler Straße durch den 
ffzegrund zieht, entzückt immer wieder die wunderpoll geschwungene 
dõhenlinie. 
Ich steige gern hinauf, wenn all seine Dornen Kosen tragen 
ind das schwellende Sommergrün der Wälder den Einsamen 
chmeichelnd umdrängt. 
Mich lockt der graue Berg an gütigklaren Spätherbsttagen, 
venn Nebel wie ein vielzipfliger See unsere Tale schimmernd er⸗ 
üllt, daraus fremd und seltsam groß die verfrauten Bergluppen 
agen. 
Schön ist er noch im Winter, wenn Sonne über seine ver⸗ 
schneiten Hänge glastet, und der Kauhreif duftiges Gerank um 
eine kahlen Vornen spinnt. 
Doch wenn der Hexrbst ins Hifthorn stößt 
And Feld und Wiese schauern entblößt, 
Kahl starren Dorn und Weide. 
Dann bommst du, holdes Märchenkind, 
Und träumst, wer dich wohl liebgewinnt, 
Im blütenroten Kleide, 
Du schöne, stille Heide! H. Ruppel. 
Ich liebe diese braunen heideumwucherten Basaltkuppen. 
UAeberall im Hessenland lassen sie ihren Durgklort blingen 
in die weiche Verträumtheit seiner unendlich janftgeschwungenen 
Waldhöhen. 
„Am ihrer Herbheit willen liebe ich sie. Ich liebe sie auch, 
weil von ihnen allerorten der BSlick so weit und unbeengt ins Land 
schweifen kann. 
Aber einmal im Jahr legt der 
Düsterernste ein leuchtendes Feier 
leid an aus lauter blühender Heide. 
Dann ist es selig, da oben im roten 
Slust zu liegen, dem Summen der 
Immen zu lauschen und ins Blaue 
zu dämmern, bis alles Denken ver— 
sinkt und die Seele in Traumweiten 
entschwebt, ruhevoll wie der breisende 
Habicht über die. 
Mensch, der du in stickiger Stube 
kagaus tagein dein Handwerk jchaffst, 
du Landmann, der du immer im Tale 
hinterm Pfluge gehst, steige doch ein⸗ 
mal, einmal nur im Jahr zu den 
Bergen auf! 
Komm herauf am ersten hellen 
Frühlingstag, laß den jungen Wind 
dir ums Haupt wehen und dein Auge 
ichweifen in die goldgeschwängerten 
Tale, wo Gespanne wie erdentwachsen 
durch braune Brache ziehn und krinbe 
die Fernen, wo blaue Wälderwogen 
in endloser Folge heranbranden. 
Dann fühle, wie froh und frei es 
macht, nur den Himmel über sich zu 
haben und das Lied der Lerchen. 
Komm, wenn seine Heide blüht 
oder später noch im Jahr, grüũße 
das weite Hessenland und nimm dir 
heimkehrend eine Hand voll blühen 
der Heide mit für den Winter, eine Srust voll Bergluft für die 
dumpfe Enge deiner Kammern und Herz und NAugeé ranoͤgefüllt 
pon deiner Heimat Schöne. Adolf Häger. 
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VDom Pulsschlag der Heimat. 
Kuine Wallenstein im Efszetal. 
Foderzeichnung von J. Schulz. 
Ich liebe diese Berge, weil sie dem Himmel näher beingen, — 
mag er mit grauen Woskenkühen ihren felsigen First pflügen oder 
ehnsuchtshoch die blaue Kuppel wölben. 
Hewblirmes. 
Kulturbild von J. H. Schwalm. 
In Quellhausen vor Schwalms Wietschaft hält der Bierwagen. 
Darauf liegen so ein Dutzend Hundertliterfässer, die, gefüllt mit 
ordinärem Bier, heutemorgen in kühler Allerherergottsfrühe ihre 
Keisje ins Land angetreten haben. 
Fünf davon sind Schwälms hohe steinerne Treppe hinauf in 
die große Wirtsstube gewärjelt worden. Dort thronen sie nun 
je eins auf zwei Stühlen. Ber Holzpfropfen, der wie ein Nabes 
auf ihrem Bauch sitzt, ist heraus geklopfi. Dabei fal's jedesmal 
einen Knall, als wenn ein Pistol losgeschossen worden wäre. Aus 
dem Spundloch aber quillt hurtig schneeweißer Schaum hervor, 
macht einen Katzenbuckel und reitet dann heisa auf dem Bächlein 
mitabfließenden Bieres geräuschlos in die Tiefe der Holzmulde, 
die zwischen den Stäühlen steht. 
) Hewbiemes, Wortjspiol mit Hebebirmes: die Feier bei dem Ausstellen eines 
Hauses 
Das geschieht anfangs in kleinen Swischenräumen und geht 
o geschwind, wie man davon spricht. Nach und nach verlängern 
sich aber die Pausen zwijchen dem Aufkrotzen und dem Abfließen. 
zZuletzt schiebt sich nur noch träge eine trübe Brühe aus den 
chmierig gewordenen Mäulern der Fässer. Der erste Sturm der 
Segeisterung ist vorbei, es muß bünstlich nachgeholfen, es muß mit 
Sier aufgefuüllt werden, wie bei jedem menschlichen Bierbauche auch. 
Drei Tage gärt das so. 
In der Seit hat sich eine große Vollbsversammlung von Töpfen 
im die Fässer zusammengefunden, große und bleine, rote Sozis 
ind blaue Konservative, schwarze Zontrumsleute und gelbe, grüne, 
armosinrote Liberale; neben blechernen Gesellen und Arbeitsleuten 
n irdenem Kleide stehen noble Herrschaften in porzellanernem 
Sewande, feingliederige Städter neben grobknochigen Bauern. 
Und jeder trägt seinen Lohn tief im Innern wie ein guter 
Mensch den seinen für die paar Edelkaten seines Lebens: Silber· 
zroschen und Sechser, Dreier und Sweier und Eier und jogar hin 
ind wieder einen jungen — Käse.
	        
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