Ach, der verdammte Kriegl Alszu Krieg und immer
Krieg. Der Krieg wird net n'aus. Wenn doch nur so'n
42 Sentimeter bäm und schlüg in den Kasten hier n'ein,
und wenn meine Beine gleich nach Wörlsdorf flögen und
mein Kopp nach Setersdorf zwirbelte!
Der verdammte Säubriegl Ach Gutt, ach Gutt“ —
immer matter: „ach Gutt, ach Gutt.“ Dann Stille, und
gleich darauf gesundes Schnarchen. —
Leider mußte ich den unterhaltsamen Karl Bellmaus
bald verlassen.
Erst 1917 traf ich ihn zufällig auf einem Heimaturlaub
in der Bahn.
„Nun, Karl,“ fragte ich, „was macht der böse Feind?“
„'nein komme se net, und 'naus geh ich net.“ Damit
hatte er seine Stellung zum Weltbrieg auf die bnappste
Formel gebracht. Was sollte ich dazu sagen?
Er hatte ihn ja „net angefange“. —
Jahre sind dahingegangen, und ich habe nichts mehr von
dir gehört, trefflicher Karl Bellmaus.
Aber ich bin überzeugt, daß auch die Nöte dieser bösen
Seit dir wenig anhaben kLönnen. Du hast gewiß „auch so
noch zu lebe“.
Nun liegst du wieder in deinem geliebten weichen Feder⸗
»ett, und „oben guckt nur noch ein bißchen vom Koppe raus“.
Im sanften Rhythmus werden deine Tage dahingehen wie
»hedem. Du seltsamer Lebensbünstler wirst es schon wissen,
vo du dich hinzustellen hast, um dir die guten Körnchen
aus aller Spreu herauszublauben.
Ob du dir ein Weib nehmen wirst und deine treffliche
Art fortpflanzen? — Nein, ich weiß, du wirst dir nicht
‚diese Arbeit gemach“. Als ein einsamer Weiser wirst
)u deine Tage beschließen.
Sollte ich dich nun heute hier bemoralisieren? — Man
onnte dir nicht böse sein, du wunderlicher Kauz. Wie
ollte ich auch gegen deine urwüchsige Lebensweisheit ankommen!
Es gedeihen allenthalben schlimmere Gewächse in unsern
Landen, Schieber und Wucherer ohne Sahl, und — man
lann nicht mal über sie lachen. Du, Karl Bellmaus, bist
uch schon gestraft genug mit deiner Angst, einmal vor
Schwachheit umzufallen. Was wirst du da noch alles essen
nüssen!
Möge dir darum deine gesegnete Verdauung erhalten
leiben und die beneidenswerte sichere Mitte, aus der du
das blöde Treiben der Welt um dich herum beurteilst
—4
Auf Heimatwegen.
Schwarzenborn.
VDon Wilh. Meuhaus, Heesfeld.
(Fortsetzung.)
Aber jeien wir gerecht. So ganz Sufall ist es doch nicht
gewesen, der Schwarzenborns Ruf begründet hat. Hat der
Schwarzenbörner nicht oft und protzig auf den stattlichen Boden⸗
besitz seiner Gemeinde, der noch jetzt 1003 ha groß ist und aus viel
Wald, Wiesen und Trieschern bejteht, hingewiejen und dadurch den
Neid der ärmeren Gemeinden hervorgerufen, die ihm dafür mis
bojem Spotte dienten? Hat er nicht auch den Dörflern ringsherum
gegenũber sich als Städter gefühlt, auf die alten Stadtrechte seines
Oetes gepocht und voller Stoiz auf die Seugen derselben, das
Kathaus und die Keste der Festungsmauern, verwiesen? Das mag
nun die Nachbarn gereizt haben, ihm immer neue Streiche, die
hauptsächlich sein Städterkum arg verspotten, anzuhängen, auch der
von dem „landgräflichen Frühstück“, der schon erzählt wurde, gehört
in diese Kategorie. Mit Behagen erzählte man sich die Geschichte.
die man vielleicht aus Schilda übernommen hat.
Auf der Stadtmauer wuchs eines Sommees so schönes grũnes
Gras (wer hört nicht den Spott auf die alte Festungsherrlichkeif
herauss), daß es ein Jammer gewesen sei, wenn es da nutzlos ver⸗
dorben, wäre. Schließlich Lam man auf den Gedanken, den Stadt—
bullen hinaufzubringen, der sollte es abweiden, damik es jo — auj
einem bleinen Umwege allerdings — der Allgemeinheit wieder zu
gute käme. Man legte also dem Bullen einen Strick um den
Hals und wand ihn mit vieler Geduld und manchem Tropfen Schweiß
empor. Das Tier, das das fette Gericht witterte, jtreckte schon
die Sunge lang aus dem Halse, so daß die umstehenden Schwarzen⸗
börner in den Jubelruf: „Hei lecket schon!“ ausbrachen, aber es
bonnte sie auch nicht wieder hereinziehen, da es eines unbermuteten
Todes verblichen war. Bie tief erschrockenen und betrũübten
Schwarzenbörner Weisen meinten zwar zunächst, ob nicht die
freudige Aufregung über den köstlichen Fraß dem Bullen einen
Herzschlag versetzt und das Leben gekostet —X
sich schließlich doch davon ũberzeugen, daß er von ihnen selbst regel⸗
recht strangulierk worden war. Sie und ihre Nachkommenschaff
wollten natürlich an diesen Streich nicht gern erinnert werden.
Was kbümmerte das aber die jpottlustige Nachbarschaft, die mit dem
höhnenden Suruf; „Hei lecket schont“ gleichsam den würzigen
Extrakt aus der bösen Geschichte zog und dem Schwarzenborner
zu bosten gab.
Auch mit dem Stadttor beschaäftigten sich die hämischen Nach—
barn. Als die Schwarzenbörner ihre Stadtmauer zogen, hatten
sie nämlich das Tor vergessen. Die Notwendigkeit eines Tores
aber leuchtete ihnen bald ein, und sie beschlossen, eins zu bauen.
Aber als sie anfängen wollten, hatten sie vergessen, was sie eigent⸗
lich machen wollten. Sie dachien lange und scharf nach, bonnten
ãch aber auf das vergessene Wort nicht besinnen. „Wer weiß das
Phot. Ernst Bingel. Hersfeld
Vort?“ jammerten sie, „wir haben das Wort verloren, das Wort
jt uns entschlüpft!“ „Wenn es entschlüpft,“ meinte nun ein Neunmal-
veiser, „und nirgends zu finden ist, so kann es nur in die Erde