Full text: Heimatschollen 1921-1925 (1. Jahrgang - 5. Jahrgang, 1921-1925)

Herenne und Geraune in der Stadt, die Katsherren eilen mit 
Körben und Schüsseln von Haus zu Haus, stecken die Köpfe zu— 
ammen und laufen wieder steaßauf und jstraßab, daß ihnen der 
Schweiß von den Stienen perit. Schließlich erscheint der Bürger— 
meister ganz zerknirscht vor dem Landgrafen und bringt stotternd 
hervor, daß sie getan hätten, was sie Lonnten, aber soviel Käse, 
vie der Hoerr Landgraf gewünscht habe, hätten sie nicht zusammen- 
»ringen Lönnen. Der Landgraf, der seine Leute nun schon bannte, 
2rmunterte sie, das nur herbeizuschaffen, was sie gefunden hätten. 
Da trugen sie sieben und eine halbe Metze Käsjse herein. Sie 
atten nämlich nach Fruchtmaß gerechnet, wobei 16 Metzen auf ein 
Oiertel, also 8 Meßen auf ein halbes Viertel gehen. Weil nun der 
Landgraf ein halbes Viertel Käse gefordert hatte, so hatte ihnen 
eine halbe Meßtze daran gefehlt. 
Nun wir einmal beim Käse sind, sei auch noch die Geschichte 
von der „Käsesaat“ hierhergesetzt. Die Schwarzenbörner hatten 
vohl bemerkt, daß die Bäume Früchte tragen und daß, wenn man 
eine solche Frucht in die Erde legt, daraus wieder ein Baum 
erwãchst. „Also.“ sagten sie, „die Frucht der Kuh ist der Käje, 
legt man Kaäse in die Erde, so müssen Kühe daraus entstehen.“ 
Wie gesagt, so getan. Man suchte sich einen guten Acker aus, 
düngte ihn reichlich, riß Furchen auf, legte Käse hinein und ackerte 
ie wieder zu. 
Nun wartete man begierig, daß die Saat aufgehen sollte, und 
alt und jung wanderte täglich nach dem Kaãseacker und sah sich die 
Augen blind nach den aufbeimenden Ochsen und Kühen. Go traf 
ĩe eines Tages ein Fremder, dem sie auf Befragen ihre Hoffnung 
nd ihren Kummer erzählten. Der Fremde aber war ein Schalb. 
ẽr ging in die Dörfer der Umgegend und kaufte überall Ochsen⸗ 
orner auf, die steckte er eines Rachts heimlicherweise in den Acher, 
)daß die Spitzen eben herausschauten. Einige Schwarzenbörner 
aren schon in aller Frühe hinausgegangen; als sie die Hörner— 
itzen sahen, eilten sie spornstreichs in die noch schlummernde Stadt. 
Sie sind aufgegangen, die Hörner sind schon zu sehen,“ riefen sie 
urch die Gassen. Da stürzte alles aus den Betten und lief hin, 
m jelbst zu sehen und zu staunen, und jchon errechneten die 
uten Schwarzenbörner, welchen Gewinn man aus dem blugen Ein⸗ 
all ziehen werde. Aber die Höerner hoben sich nicht weiter, und 
ie Gchslein blieben in der Erde, so daß endͤlich den Schwarzen⸗ 
rnern der Gedanke kbam, sie müßten doch wohl — — bei der 
Zestellung des Achers irgend etwas vorsehen haben. 
Die Schwarzenbörner tun das Seste, was sie zu solchen 
Zeschichten tun bönnen, sie lachen mit. Aber nicht immer, manch⸗ 
nal, wenns gar zu arg getrieben wird. steigt ihnen auch die Galie 
as Blut. Da wird von ihnen erzählt, sie hätten einen Balben, 
er zu einem Bau benötigt wurde, nicht durch die engen Straßen 
ringen bönnen, weil sie ihn quer getragen hätten, erst ein Vogel, 
er mit einem Strohhalm in jsein Nestloch flog, hätte sie auf den 
ßedanken gebracht, ihn doch der Lange nach zuͤ tragen. Wenn 
iun heute Burschen aus anderen Orten durch Schwarzenborn 
iehen und ihren Spazierstock, ekwa hinter dem KRäcken, quer durch 
ie Straßen tragen, so jsollen die Schwarzenbörner das schon oft 
ils eine Lecke Anspielung auf jenen Streich aufgefaßt und von 
hrem Hausrecht aufs bräftigste Gebrauch gemacht haͤben. 
(Fortletzung folgt.) 
VDom Pulsschlag der Heimat. 
Von alter hessijcher Bauerntöpferei. 
Von Dr. Kellner. 
iur natürlich, daß im Gegensatze zu den Gebirgsgegenden. wo 
assende Holzarten die Holzschnißerei begünstigken, im AUntertland 
anz besonders der Ton, der ja an vieleß Staten verbreitet vor⸗ 
ommt und zu den Dachziegeln wie zu den wichtigsten Gebrauchs- 
egenständen das Material liefert, auch den bünstlerischen Intentionen 
ient. So hat sich auch hier die Bauernbkunst in erster Linie der 
hebrauchsgegenstände bemächtigt, um ihnen eine gefällige Form 
der einen Schmuck zu geben, dieselben jo aus anderen heraus— 
zuheben und ihnen gewisser— 
maßen eine persönliche VGote 
zu verleihen. 
Es ist nun von hohem 
Interesse zu sehen, wie sich die 
»ãuerliche Kunst bielfach an— 
iehnt an die —D 
ind von ihr Motive, Farben. 
gebung und andere Anre- 
zungen empfängt, um sie dann 
in der Abgeschiedenheit von 
ener weiter zuũben und je nach 
dem Vermögen und Geschmack 
weiter zu gestalten. Vielfach 
auch geht sie ũberhaupt ihre 
ꝛigenen Wege. 
Auch in der Töpferei, wie 
ĩe sich fernab den eigentlichen 
Kunststätten entwickelte, lassen 
ich diese Einflusse und Ab— 
hängigkeitsverhaltnisse ver⸗ 
olgen. Aber wie ũberall, so ist 
auch hier die eigentliche bãuer 
liche Kunst geschwunden. Die 
aroßen beramischen Anstalten 
und Emaillefabriken haben mit 
hrem Massenbetrieb alle jene 
leinen bunstliebenden Töpfer 
meister erdrückt. Mag man 
im Ost oder West, im Süd 
oder Nord unseres Vater— 
landes ländliche Jahrmärbte 
besuchen, ũüberall wird man 
die Massen von Geschirr- 
angeboten finden, deren fabrik⸗ 
näßige Herstellung sich in der ermüdenden Gleichförmigkeit und in den 
chablonierten Verzierungen qusspricht. Es sind nur ganz wenige 
Segenden, wo bodenständige Bekriebe mit bünstlerischen Neigungen 
m Schmuck der Farbe oder der Formgebung sich erhalten haben. 
Was die alten Töpfereiwaren betrifft, wie sie ehedem im Laufe 
des Jahres auf großen Wagen von Ort zu Get feilgeboten wurden. 
Neben der Freude an den herrlichen Blüten des modernen 
Kunstgewerbes laͤßt sich in den letzten Jahrzehnten auch ein stetig 
zunehmendes Interesse wahrnehmen an den Erzeugnissen der nur 
in einzelnen, dem Verbehr mehr oder weniger entrüctien Gogenden 
noch blühenden, sonst aber und 
zumal bei uns fast gänzlich 
geschwundenen sogenannten 
„Bauernkunst“. Hierbei ist 
weniger maßgebend das In— 
eresse für die kunstgeschicht- 
ichen Beziehungen, ihre Ge— 
staltung und Beeinflussung 
durch die allgemeine Kunst. 
entwickelung, als vielmehr die 
Freude einerseits am Alten 
und Ehrwürdigen, anderer— 
eits wohl auch am Beson— 
deren und Absonderlichen, 
oder an der bräftigen Wirkung 
durch Farbe und Form. wie 
sie durch bleine Mittel viel— 
fach erzielt wird und mit ihrer 
Gesamtwirkung so gern auf 
oerwöhnte und übersättigte 
Gemüter einen wirblich er— 
frijschenden Keiz ausübt. Wie 
gern erfreuen wir uns an der 
derben, farbenreichen Tracht 
des Oberbayhern und Tyhrolers, 
an den seidengestickten Tüchern 
der Lausitzerin; wie angenehm 
virkt die Tracht der Alten— 
urger Bäuerin, wie farben- 
jzreudig das Festgewand der 
Schaumburgerin, der Schwäl— 
merin oder der oberhessischen 
Mädchen und Frauen! Wie 
genußreich ist das Betrachten 
des sehr eigenartigen Silber⸗ 
jchmuckes aus dem Egerland oder den VDierlanden, der verschiedenen, 
meist recht ausdrucksvollen Arbeiken qus Holz und Metall, wie 
sie dem Volbe ehedem gewohnt waren und sich jetzt nur noch als 
jeltene Stücke in den Familien oder in Museen finden! 
Da sich der bäuerliche Künstler hauptsächlich des Materials 
bediente. welches ihm billig und reichlich zu Gebote stand. so ist es 
—
	        
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