Full text: Heimatschollen 1921-1925 (1. Jahrgang - 5. Jahrgang, 1921-1925)

3 C L — 
Slätter zur Pfleqge hessischer Art. Geschichte und Heimatkunst 
Nr.17/ 1922 
Die Heimat-Schollen werden den Kreisblãtteen in Homberg. Melsungen, Rotenburg und Siegenhain s 
beigelegt. Die Kreisblätter in Fritzlar, Frankenberg, Hersfeld, Hünfeld, Kirchhain und Wolfhagen nK 2. Jahrgand 
auf Beftellung. Außerdem bann der Bezug durch die Post und den Buchhandel erfolgen. Jahresoreis 10 Mb. 
Jesumai 0 Ledende von Heinrich Ruppel. 
Das Gotteskind war geboren. 
And die Nacht war voll hoher, himmlischer Wunder. 
Die Hirten bamen und füllten die Blicke mit Ewiabeits- 
glanz und die Herzen mit Gottesglüch. 
Die Weisjen fanden das Kindlein. beteten an und schenkten 
Gold, Weihrauch und Myxrrhen. 
Auch die stummen Gottesgeschöpfe: Baum, Bach, Wind. 
Wolke und ihre Gespielen nahten sich der Heilandsherberge, 
wo sie die Hoheit und Fülle des Himmels in der Armut 
und Niedrigkeit der Erde schlummern sahen. Und ereiferten 
—D 
rins vor das andere, nur, um dem Wunder recht nahe zu sein. 
Dor der Tür der Gottesbehausung stand ein alter. Pnorrider 
Baum. 
„Du, was tust du hier?“ murmelte der Bach, der herbei— 
dam und ihm das Erdreich von den Wurzeln spülte. Er 
mühte sich umsonst, den Baum zu fällen. 
„Wenn es drinnen schlafen will, säusel ich es ein,“ 
rauschte der Baum. „And wenn seine Mutter mit ihm vor 
der Türe sitzt, geb' ich ihm Schatten, dem lieben Gottes- 
bind. Aber du, was magst du ihm schaffen?“ 
„Sein Hemdchen waschen.“ 
Da duldete einer den andern. 
Der Wind kbam, bog den Baum zur Seite und wollte 
zum Stall hineinhuschen. 
Das verdroß den Baum. And unwirsch fuhr er den 
Wind an: „Was willst du hier?“ 
„Sein Hemdchen trocknen.“ 
Da ließen sie den Wind in Kuhe hineinschauen. Der 
lispelte versonnen ein Wort von Mutteéralück 
Nun bam auch noch die WMorgensonne mit drei Freuden— 
prüngen über den Wald herauf, drängte sich durch alle 
Luben in den Stall hinein und wob dem Gottesbindlein 
eine güldene Glorie um das Haupt. 
Das brachte den Baum, der die Sonne sonst so gerne 
sah, vollends um seinen Frieden. 
„And du Sonne, was willst du hier?“ 
Sein Hemdchen bleichen ... weiß wie Schnee.“ 
Und Bach und Baum, Wind und Sonne warteten in 
Ehrfurcht, bis das Kindlein ihrer Dienste bedürfe. 
Zuletzt Lam noch der Dornbusch in seiner braunen Blöße 
herbei, zwängte seine Würzelchen in den Boden und stand 
hinter den andern. Wie gerne hätt' auch er etwas von 
dem hellen Himmelsglück gesehen! And reckte sich leise, um 
wischen den anderen hindurch nur wit einem Blick in den 
Stall zu lugen. 
„Du da.“ brauste der Wind auf. „wozu bist du hier 
nütze ?“ 
„Ja, was könntest du der Mutter Gottes helfen?“ 
lüsterie der Bach, „Dornbusch, armseliger!“ 
„Stechen bannst du,“ rauschte der Baum, „blutig ritzen ... 
sonst nichts. And verbirgst im Sommer deine falschen 
Dornen unter dürftigem Laubwerk, Unnutz dul“ 
O, wie das den Dornbusch schmerzte! Nicht beglücken 
rönnen ... nichts zu verschenken haben — o bitterste Armut 
der Allerärmsten! 
Da trat die Mutter Gottes vor die Tür. Und war 
chön über alle irdische Schöne. 
O, wenn sie doch nur etwas von ihm wolltel Don ihm, 
dem verachteten und unwerten Dorn! 
WMio er zitferte. wenn er's dachte!
	        
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