Full text: Heimatschollen 1921-1925 (1. Jahrgang - 5. Jahrgang, 1921-1925)

hn an. W. erwiderte: „Das ist aber sehr nett von Ihnen, daß 
Sie Interesse an meiner Person haben und sich mit mir bekannt 
nachen wollen.“ „Ech bän der Flurschetze von S.,“ sagte der Alte, 
„on Sä sun mä Ehren Nomen sen, domet mä Enn en Strofmandot 
zuschecken kann.“ „Ach, Sie sind Schütze,“ entgegnete der freundliche 
Segleiter, „das freut mich ungemein, daß Sie mir einen Hasen 
—B 
»ezahlen, denn so was esse ich sehr gern.“ Der biedere Flurschüß 
meinte: „Davon werd enn woll nechts än den Sähnen hängen 
bliewen.“ Da Herr W. nun weiter ging, so mußte der Hüter des 
Hesetzes ihm folgen mit der Aufforderung: „Ech wäll doch Ehren 
Nomen wessen, on wenn ech medd Enn genn sall bis ans Ange 
Ende), der Welt.“ Sein Begleiter erwiderte: „Das ist mir sehr 
angenehm. Es ist jetzt in der Abenddämmerung eine solche wohl— 
tuende Kühle, und in Gesellschaft zu reisen, verbürzt einem die 
Zeit.“ Er unterhielt ihn nun sehr redselig und liebenswürdig über 
hiele Gebiete des menschlichen Lebens, und der Alte ließ es geduldig 
ãber sich ergehen und quittierte nur ab und zu mit einem unwilligen 
Knurren. So kbam Herr W. auch auf' die Politik und auf 
den damaligen Krieg zwischen den Kussen und den Türben zu 
sprechen und wandte sich an den Begleiter mit der Frage: „Meinen 
Sie nicht auch, daß die Kussen von den Türken noch ihre schönsten 
Schläge bekommen?“ Als Antwort wurde ihm gesagt: „Wos gen 
Dech de Russen on de Terben on, Packh schledd (schlägt) sech, on 
Dach verträt sech.“ „Das ist aber eine sehr beherzigenswerte Sehre.“ 
Gemünztes 
Saft,. Saft, Seide. 
(Machlese.) 
Bei der Lebtũre der verschiedenartigen Keime in Ne. 10 der 
Heimat · Schollen ist auch einem alten Melsunger ein Verslein ein- 
jefallen, das die Jungen vor ungefähr 10 Jahren sangen und das 
den Lesern nicht vorenthalten werden soll, zumal da es gerade aus 
Melsungen stammt: 
Saft, Saft, Siede, 
Hohle, hohle Wiede! 
sKäkhchen lief zum Berge noff, 
Wie's weder ronger bam, 
Fiel's in den Grawen, 
Fraßen's die jungen Kawen. 
Modder, geb me 'n Nellchen! 
Was wett de met dem Nellchen machen? 
Ech well me 'n Biedelchen machen. 
Was wett de met dem Biedelchen machen? 
ẽch well me Steenchen lesen. 
ujw. — — — — Veegelchen werfen! 
— — usw. 
Ech - well - me's - in -· Bot⸗ter - bro⸗ten, 
Doß- des-se-Saft - Saft - Sie-de - recht - gut — ge-ro-ten! 
Bei jeder der letzten Silben wird besonders kräftig auf die Weide geschlagen.) 
Auffällig ist die große Ahnlichkeit mit der Fassung aus meiner 
Heimat. Wenn ich nur wüßte, was das Kätzchen mit der Weide 
zu tun hat! Das Võgelchen, das gebraten werden soll, ist ohne 
Zweifel der Kabe. — In BSanau ist's ein Hase, der den Berg 
»inaufläuft. Dort sagt man: 
Saft, Saft, Sinn 
Korn in die Münn (Mühlen), 
Staab in de Bach! 
Der Miller hot sei Fraa verlorn, 
Hea sucht se ünnerm Dach. 
O's Mäusi hot se fonne. 
D's Kätzi schlug die Dromme. 
D's Häsi leif 'm Berg enuff 
Unn hot zwaa ruhre Strümbercher oa. 
Unn wei d's Häsi wirer koam, 
Doa woar mei Peischen ausgekoa — toa — toa! 
Suguterletzt mag noch der Anfang des Reimes aus Ellern 
HOunsrũck) der Wissenschaft halber folgen — der übrige Teil ijst 
ntgegnete Herr W., „die Sie da aussprechen, die will ich mir in 
ieinem fernern Leben merben. Alte Leute haben viel Erfahrung, 
ind die Jugend kbann von ihnen lernen.“ Doch um dem Worf— 
hwall des Herrn W. zu entgehen, und da die eigene Geduld 
icht so lang war wie ein Heuseil, so blieb der Alle stehen und 
igte: „Ech wäll Enn wos verzählen.“ „Das ist aber äußerjt ange- 
ehm,“ entgegnete der Angeredete, „denn — —.“ Doch der Alte 
interbrach ihn mit den Worten: „Entwerrer bän ech nedd g'scheit, 
rer Säsin nedd g'scheit,“ und wandte den Rücken und ging davon. 
Hamer, Melsungen. 
Der „Große Gott“. 
Ein sonderbarer Kauz war der „Große Gott“. Als er dereinst 
ei einem ehrsamen Bäckermeister vorsprach, fragte die aus Süd— 
annover stammende Ehefrau: „Sind sie der chroße Chott?“ Prompt 
rfolgte die Antwort: „Wann ich der wär, bäm ich no Ach net.“ 
Als ich ihn einst wegen des schlaffen Euters seiner Kühe hänselte, 
elehrte er mich: „Dummschnudde, wenn ich an Acker fahre, 
hnall ich den Nuckel ab und henkb'n en Stall.“ Beim Anblick 
ines terminierenden Franziskanerbruders sprang er aus seinem 
Sorgenstuhle“ auf und erblärte feierlich: „Steige eilends herab, 
achäus, denn heute ist diesem Hause Heil widerfahren.“ Der 
zruder erhielt — nichts, wurde aber mit den Worten verabschiedet: 
Weönn ich den Diener des Heren brauche, wird er, so hoffe ich, 
finkehr nehmen in diesem Hause.“ Dur 
altes Gold.— 
er übliche mit Pfennig, Nadel, Säckchen, Steinchen, Vögelchen 
... brore, daß mei Peif soll gut gerorel — 
Saft, Saft, Seire, Falle in de Chausseegrawe, 
Die Jure wolle reire. Lache wie die iunge Kawel . v 
Zum Hess.Nassauischen Wörterbuch. 
Mit bestem Dank für die zahlreichen Antworten auf unsere 
»origen Fragen bitten wir unsere altbewährten Mitarbeiter wieder, 
iuch nachfolgende Punbte recht bald beantworten zu wollen. Susatz 
»es Geschlechts bei den Substantiven ist dringend nötig. Eine 
zusammenfassende Darstellung des gewonnenen Materials soll dem- 
nächst erscheinen. 
1. Welchen Spottnamen hat der Junge, der gern mit Mädchen 
pielt? — 2. Bursche, der den Mädchen nachstellt. — 3. Ist Mäker 
für Schreihals bekannt? Ersatz? — 4. Gibt es eine Männer— 
pinnstube? Bedeutung? — 3. Langweilig erzählen (auch märcheln?) 
— 6. Langweilige Erzählerin. — T1. Schwarzamsel. — 8. Ist die 
Drohung bebannt: „Das Märzbeilchen holt dich!“? Erklörung? 
Andere Kindergespenster. — 9. Kommt märzig oder mäcrzerig für 
beünstig“ (bei Katzen) vor? Ersatz? — 10. Koseform für ,Kalb“ 
auch Mäbschen?) — 11. Spottname für solche, die sich am 1. März 
inführen lassen. — 12. Dasselbe für 1. Mai. — 18. Hat Märzhase 
bertragene Bedeutung? — 14. Redensarten mit Märzkatze. — 
5. Altes, zur Sucht unbrauchbares Schaf. — 16. Volksglaube 
ber Gebrauch von Märzwasser. — 11. Haselnußkätzchen. — 18. Ist 
ort mei(n)zern, männzern bebhannt? Genaue Nussprache und 
Zedeutung. — 19. Feldsalat (auch Mäuspijch?) — 20. Klicker, 
zchießer, a) große, b) bleine. — 21. Ellbogenknochen, empfindliche 
ztelle. — 22. Die von Mäusen zerbissenen Körner. — 23. Der 
ꝛrste Flaum im Gesicht. — 24. Ist mäuseblein gebräuchlich? Be— 
deutung? Sonstige Susammensetzungen mit -blein? — 25. Kennt 
nan Mäuserlamm o. ä.? Aussprachel — 26. Welches Anbkeaut 
vird mit Mäuseschwanz bezeichnet? — 27. Gänseblümchen. — 
28. Dürres Weib. — 290. Ablehnende (unanständige, auch ver— 
ȟllende) Antwort auf eine Bitte. (Du bannst mich mal bei 
Marburg besuchen, am Armel lecken u. ä.). — 80. Namen der 
)ort verbreitetsten Rinderrassen. DVolkstümliche Namen der Kühe 
Lina, Pommer u. ä.). — 31. Maibäfer. — 32. Bauchstück des 
Schweines (auch Mammejleisch?) — 33. Starber Esser. — 34. Gibt 
s noch Männer, die berufsmäßig dem Leichenzug vorangehen? 
Vie heißen sie? Beschreibung. 
Antworten erbeten an: Hessen-NafssauischesWörterbuch 
Marburqd. Gißselbergerstraße 109. 
Dom Biüchertische der Heimat. 
VDon Hessenland und Ostseestrand. Gedichte von Th. 
Endemann. Stettin 1921. Fischer und Schmidt. Geb. 13,50 Marb. 
Die Seit der Lyrik soll für unser Volk porüber sein nach der 
Meinung eines vielumstriitenen Geschichtsphilolophen unserer Tage. 
Man kann ihm nicht mit Unrecht entgegenhalten, daß die „Nachtigall 
n Busen“ jubeln wird und klagen „jeden Lenz, solang auf Erden 
Zosen blühen und Herzen schlagen“. Wenn es aber auch wäre, 
äte Blüten sind oft die schönsten. So mußte ich denken beim
	        
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