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unseres Jahrhunderts sich der physiologischen Forschung zu—
wandten, nicht ausbleiben, daß sie zu einer eigenen Wissen—
schaft wurde, welche sich unabhängig von dem praktischen
Zweck und ohne Rücksicht auf den Nutzen für die Medicin
weiter entwickelte. Stets aber, so groß auch ihre Fortschritte
waren, und so sehr sich ihre Aufgaben erweiterten, blieb sie
die Physiologie des Menschen und der höheren Thiere; und
im Grunde sind auch die letzteren immer nur der Ersatz für
die ersteren, an denen man nicht experimentiren konnte, ge—
blieben. Nur schüchtern wurden hier und da Versuche
gemacht, auch die körperlichen Functionen der niederen Thier—
welt zu studiren. Sie blieben ganz vereinzelt und erweckten
kein allgemeineres Interesse, da andere Aufgaben vorlagen
und die Aufmerksamkeit der Forscher vollkommen in Anspruch
nahmen. Nun aber ist es an der Zeit, die Physiologie
auch zur Hülfswissenschaft der Zoologie zu machen. Als
Wissenschaft hat ja die Physiologie der niederen Thierwelt
genau dasselbe Interesse, wie die der Menschen, und anderer—
seits ist die Erforschung der Lebensfunctionen der Thiere
vollkommen eben so berechtigt, wie die der Anatomie der—
selben und der Elemente, aus denen sie zusammengesetzt sind.
Dies wird ja jetzt auch allgemein anerkannt und es ist in
den letzten Jahren schon mehrfach das Streben bemerkbar
gewesen, diese bisher so vernachlässigte Disciplin zu heben.
Alle Versuche dazu müssen aber vereinzelt und unfruchtbar
bleiben, so lange nicht ein großes Institut mit den nöthigen
Einrichtungen und mit allen erforderlichen Apparaten aus—
gestattet diese Forschungen systematisch betreibt. Solch ein
Institut muß vor allen Dingen am Meer und zwar an
einem südlichen, mit allen Thierformen reich versehenen Meer
liegen, da es ganz wesentlich darauf ankommt an diesen