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Die zoologische Station in Neapel ist eine internatio—
nale naturwissenschaftliche Academie eigener Art. Sie besitzt
keine Lehrer und keine Schüler. Und doch lernen die
Forscher, welche einige Monate ihre Hülfsmittel benutzen,
sicherlich alle in ihr und durch sie. Ein Jeder, und mag
er auch bereits ein im Dienst der Wissenschaft ergrauter Ge—
lehrter sein, wird nach dieser oder jener Richtung hin Gewinn
aus ihr ziehen und mit bereichertem Wissen sie verlassen. Ich—
spreche hier natürlich nicht von den Fortschritten seiner speciellen
Forschungen und den Vortheilen, welche er für diese hat.
Diese sind ja nach dem früher Gesagten selbstverstäudlich.
Aber ich meine, daß bei einer Vereinigung von etwa dreißig
Naturforschern, welche aus den verschiedensten Ländern
kommen, sehr verschiedene Ausbildung erhalten haben und
den mannigfachsten Richtungen der Wissenschaft augehören
durch Austausch der Meinungen, Discussion und Besprechung
der Forschungsmethoden sehr viel für die Einzelnen erreicht
wird. Jeder lernt von dem Andern und von Allen und
Jeder gibt wieder von dem Seinigen und belehrt die
Andern. Man könnte in dieser Beziehung die Vereinigung
der Forscher in Neapel eine permanente internationale
Naturforscher-Versammlung, einen dauernden Congreß nennen.
Bei dem intimen, gesellschaftlichen Zusammenleben, das ja in
der fremden Stadt den Gästen der Station zum Bedürfniß
wird, und das von dem Director und seinen Beamten in der
allerliebenswürdigsten und gastfreiesten Weise gepflegt wird,
ist dieser geistige Verkehr und dieser Austausch der Erfah—
rungen und der Kenntnisse nicht allein auf die Räume der
Station beschränkt, sondern wird auch außerhalb derselben
fortgesetzt. Und so viel die Gäste auch wechseln; sie gehen
und kommen zu verschiedenen Zeit; der eine in diesem, der