Full text: Die Neugeburt des Abendlandes

Jude oder Christ. Befreit von dogmatischer, eng und überflüssig 
gewordener Schutzhülle, wird es dem Diener der Wissenschaft, 
wie dem der Kirchen alsdann gleich tief und gewaltig erscheinen 
und den Völkern zum neuen Erlebnis werden. Nur aus wissendem 
Erkennen erwuchs allzeit die wollende, befreiende Tat. 
XL 
Mit dem neuen Wissen von den Hochkräften aus den ewigen 
Urzeugungsquellen der göttlichen Weltnatur, gewinnt auch der 
Begriff der mütterlichen Erdnatur für uns wieder das lebendige 
Götterantlitz, das es einst im Kreise kultischen Urwissens hatte. 
Denn die Erde birgt ja nicht nur das unterbewußte Leben der 
Vegetationskräfte, sondern sie trägt auch den Lichtpol der über- 
bewußten Geistnatur in ihrem Schoße. Sie stellt nicht den geist- 
losen Kraftmechanismus nach Auffassung der Materialisten oder 
Dualisten dar, denen aller Geist nur im Menschengehirn oder über 
den Wolken thront. Sie ist, wie ihr großes Kind, der Mensch, 
das Gefäß urzeugender Lichtgewalten und ihre Erzeugnisse sind 
Gebilde höchster, schöpferischer (intellurischer) Urintelligenz. 
Das sie durchwirkende Lichtprinzip der radioaktiven Weltkräfte 
ist Leben gebend in verschwenderischer Fülle zum siegreichen 
Widerstand gegen die Vernichtungsgewalten der Wandlunggesetze, 
die nach immer höheren Formentfaltungen streben. So trägt die 
Erde das Leben durch alle Tode. 
Der Urkult stellte das ewige Lebensprinzip dieser Gottmütter- 
lichkeit in mancherlei Form und Gestalt dar. Wir begegnen ihr 
heute noch aus diesem Erbe in den Meisterwerken mittelalterlicher 
Kunst als hehre Jungfrau über dem Abgrund der Vernichtung 
und seinem Drachenhaupte stehend, den Mond als Schemel des 
Fußes, das Haupt vom Sternendiadem umstrahlt. Die Schulmetho- 
den dieses Urkultes lehrten die Menschheit, eines Sinnes zu sein 
im göttlichen Welterfassen, doch sie verlangten nicht einförmige 
Meinung und Denkweise darüber, denn sie wußten den zahlreichen 
Entfaltungsstufen des Menschengeistes Rechnung zu tragen nach 
dem Gesetz seiner weitesten Mannigfaltigkeit. Nur in diesem Ein- 
heitsgeiste, der zugleich auch Allheitsgeist ist, werden die Reli-
	        
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