Full text: Die Neugeburt des Abendlandes

machte machtlos, oder ward sogleich auch zum Todesgericht für 
den Frevler. So war Tyrfing unbesiegbar für den Feind, doch die 
Berührung mit seiner Spitze durch den Kundigen besaß zugleich 
auch Heilkraft und Erweckung für den wunden Helden, gleich 
der ebenso gearteten Lanzenspitze Parzivals. Der Sinn dieses Na- 
mens, ursprünglich Parziual zu lesen, bedeutet: der durch das 
Allicht Siegende. Die „reine Thorgewalt‘‘ umschloß dieser Name. 
über die auch die weiblichen Parzen und Peris als Hochprieste- 
rinnen der Geheimwelt verfügten. Als Peredur des alten Barden- 
landes spiegelt Parzival in seinem Namen gleichfalls die ewig 
perenierende Regenerationsnatur der radioaktiven Zius (Zeus)- 
Gewalten. Sie umschloß das göttliche Auferstehungsgeheimnis der 
heilbringenden Todüberwinder. Im talisienischen Leitungskörper 
für ihre lebenweckenden Hochspannungen war sie bei der Be- 
rührung mit niedern Kraftelementen diesen verderblich, bis zur 
tötlichen Zerlösung. In der Gestalt des Amfortas blieb diese Tat- 
sache Gedächtnis. Wie wir in allen Gestalten der Ursage my- 
thische Verkörperungen der vorzeitlichen Geheimtatsachen zu er- 
blicken haben, im unlöslichen Zusammenhang mit den Prüfungs- 
staffeln des Einweihungsweges. Die sittliche Höhe der urzeitlichen 
Gralshüter und Völkerhirten war Notwendigkeit der‘ Selbsterhal- 
tung im Leistungskreis der Hermpriesterschaften voll Hochspan- 
nungsgefahren. 
Tyr und Thor waren die göttlichen Schlüsselworte zum Ge- 
heimnis ihrer ewigen Lebenswelten gewesen. Sie wurden dem 
deutschen Sprachgeist zu Tür und Tor, die beide sowohl das 
Trennende, wie zugleich Verbindende zwischen den Räumen be- 
deuten. Thöricht erschien dem Unwissenden späterer Zeiten der 
sittliche Ringer, der von den Wegen der Weltlust und ihren Vor- 
teilen abgekehrt, die Pfade der Thorwelt zur hohen Erkennung 
suchte. Thorheit dünkte dem Gewöhnlichen sein Verhalten in vie- 
len Dingen, wo es den Forderungen kultischer Regel entsprach. 
Sie verlangte ruhige Selbstzügelung und gütevolle Überlegenheit 
unter den Angriffen oder Verlockungen entfesselter Leidenschaf- 
ten, wie es durch Jesus im ethischen Kern der Bergpredigt uns 
Icbendig geblieben. Doch die Moral der Urlehre war nicht nur 
abstrakte Seelenforderung gewesen, sondern ein urgesetzlich be-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.