Full text: Die Neugeburt des Abendlandes

Namentlich waren im traditionsreichen Bauerntum noch lange 
die Spuren dieses Müttererbes zu finden. Seine Urgeschlechter, aus 
denen sich das bürgerliche Volkstum allzeit leiblich und sittlich 
am stärksten erneuerte, waren einst aus gleichem Uradel des kul- 
tischen Mütterblutes entstammt wie die anderen Söhne der „wei- 
ßen Frauen“. Mit dem Zerfall der innerirdischen Saalwelten wa- 
ren zahlreiche Kulthüter zum Ahnkreis des Bauern und Edel- 
mannes geworden. Fern dem zersplitternden Treiben der Städte 
hatte das Land und seine Bewohner in abgeschlossener Stille am 
zähesten reiche Traditionsschätze aus diesem Quellgrund bewahrt 
und letzte Spuren kultischen Geheimwissens. Doch der Mißbrauch 
halbwissenden Eigennutzes entwertete es bis zum Erlöschen in 
Unsinn und Aberglaube. Die strahlende Weißhelle des Überlichtes 
im innerirdischen Hohlbereich der Frau Holle ward: zur Flam- 
menhölle der Spätzeit und das Wesen des Urchrist zum Anti- 
christ. Mißbrauch göttlicher Fähigkeiten und geistiger Gewalt zu 
eigennütziger Herrschaft über Menschen und Leben ist im Anti- 
christ gekennzeichnet als Gipfel der Verderbnis und des sata- 
nischen Prinzips, das liebeloser Egoismus und Giersucht ist. Doch 
ihm sind die urgesetzlichen Grenzen gesetzt im beschleunigten 
Selbstverderb. 
Aus den ländlichen Volksquellen der Urtraditionen haben alle 
späteren Zeiten reichstes Erbe an gemütstiefen Gedenkwerten ge- 
schöpft und auch mancher Schimmer alten Erbwissens blühte 
fort bis heute im stillen Besinnen und Beobachten. ländlicher 
Existenzen. Die heilkundige Kräuterfrau und der nicht immer nur 
quacksalbernde Schäfer starben niemals völlig aus. Sage- und 
Märchenkunde holten sich in unserer Zeit die Sammler dieser 
hohen Schätze des Volksgeistes vor allem aus dem Erzählermund 
der bäuerlichen Großmutter, Verahnern ist noch heute ein länd- 
liches Wort für verheiraten, darin sich der verkettende Geist der 
Geschlechterfolge verrät bis zum Quellgrund der Ahnwelten, darin 
als Ahnung das verloren gegangene Wissen weiter blühte. Aus 
diesem Quellgrund hatte die Urkirche ihre gewaltige Macht über 
Geist und Gemüt des Volkes für Jahrtausende geschöpft. Sie 
schwächte sich ab mit der zunehmenden Versandung dieser Quel- 
len und den Trübungen ihres Spiegels im unwissenden Verkennen 
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