Full text: Die Neugeburt des Abendlandes

Bereitung seiner Hauptantenne, des Herzens, dafür. Diese Berei 
tung war der Kernpunkt urzeitlicher Erziehungs- und Bildungs- 
kunst gewesen. Sie gab auch dem Unbefähigten für Kenntnis- 
mengen jenen sittlichen Adelssinn, darin bis heute oft der ein 
fachste Bauer und die unwissendste Frau der akademischen Wis: 
sensfülle weit überlegen, wenn der Kopf das Herz im Dunkel 
ließ. Das Hinauswachsen über die Schicht des Alltäglichen, wo 
das Leben heute in zwangvoller Unschöpferischkeit erstarrte, ist 
immer eine Sache des Herzens und seiner erhöhten Liebespoten- 
zen. Unter dem Trieb des Ausgleichs zwischen einem Zuviel und 
Zuwenig schwankte bisher das unzulänglich bereitete Vermögen 
der Herznatur unserer Generationen. Ziu-Tuist (Tuisko-Teut) war 
der Urzeit vor allem auch der Gott hoher Geschwisterlichkeit ge- 
wesen, jener Einheit in Zweiheit (Beideinigkeit), die das gotthafte 
Wesen der Liebe in seelischer Urverwandtschaft ist, der Welt 
grund ihres geistschöpferischen Durchdringens aller Haß- und 
Zweifelsgewalten. Gegen sie tritt das Herz als Hauptresonnanz 
für die ewigen Quellfluten der göttlichen Liebe und Ur-Ideen von 
selbst immer wieder in den ihm gebührenden Lebensmittelpunkt 
wie einst, ehe der Kopf sein heute so verhängnisvoll gewordenes 
Übergewicht besessen hatte. 
In den späteren Volksreligionen wurde die in Wort und Bild 
gekennzeichnete Weltkraftnatur — losgelöst vom göttlichen Quell- 
grund, wie ihn das Planetarium des hermanischen Geheimwissens 
in allen Zügen seines Urkultes umfaßte — zu Göttergestalten. 
Das ewige Kraftwesen mischte sich darin mit Personenzügen der 
Meister über seine Energiekreise. Ihre auswirkenden Leistungen 
wurden zu den Heldentaten und Wunderhandlungen der Vorzeit, 
die dem Volke mit Recht in göttlichem Abglanz erschienen, denn 
sie waren ja ‚das Ergebnis hoher, sittlicher Selbstvergottung. So 
wurden die Religionen im Erlöschen der Urkultzeit zu jener eigen- 
tümlichen Vermengung von Mystik und Realistik, die bis heute 
ihre Grundnatur im Volksgedächtnis wie Kirchentum geblieben 
ist. Der häufige Bildfetischismus späterer Entartungsepochen 
machte schon zur mosaischen Zeit das Bildnisverbot notwendig. 
Doch es führte (vom Sinai bis Luther) zu den nicht minder ge- 
fährlichen, dogmatischen Begriffserstarrungen des abstrakten 
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