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Veben und erftarfte zum Mute höherer Selbftverantmwortlichfeit. Ein ver;
feinertes Kulturgewiffen regt fich allenthalben und Iehrt ung ein neues Ges
ftalten und Umgeftalten der Lebensdinge.
Dieje Iugend beginnt auch wieder neu zu ahnen, daß das ung erlefene „Du“,
an das allein wir unfer „Ich“ verfhenken dürfen, in der Sröße unferer Liebe
aufhört für uns ein Genußgegenftand zu fein. Daß es uns zum DBermittler
höherer Wonnen, zur Verkörperung göttlicher Freude unverlierbar zugewiefen
wird. Denn Liebe ift Seelenfpeife, die das werdende Weltwejen nährt, das
durch ung den Zufirom feiner Wachsfräfte gewinnt. Diejes Wefen aber ift
für uns die Menfchheit und ihre fi dur ung geftaltende Erdwirklichkeit nach
der Idee, die ebenfo durd) Liebe unfer Seelenwachstum aus ewigen Quellen
{peift.
Auch die Che muß in Zukunft an der Größe diefer Tatfache zu neuen Heili:
gungen fommen. Sie muß vor allem aufhören der heute nocdy das Leben be:
herrfhenden Profitfpekulation zu dienen und beften Falles der Hafen be,
quemer Selbftgenügfamfeit zu fein, wo das Scheinglücf der gefättigten, oder
das Clend der überfättigten Sinnenwünfhe die Hlugfräfte der Seele ent
fpannt.
An der gleidhen Tatfache wird ung fünftig auch) die Menfchenkiebe, im breit
getretenen Ariftlidhen Gewohnheitsfinn, den Grund ihrer feitherigen Unzu-
länglichfeiten enthüllen. Der Begriff der Nächftenliebe hat fie ung verflacht
und entwirflicht, Wir können und müffen geduldig, edel, treu und ftetig
hilfsbereit gegen unfere Nächften, wie Fernften handeln, furz alles tun, was
man alg Taten der Liebe preift. Aber von Liebe fönnen wir dabei weit entz
fernt fein. Denn Liebe ift tieffte Dewegtheit des Herzens, it Entzücken, Be-
geifterung, Hingabe mit allen Willenskräften und dennod) reichfter Selbftbe-
wahrung, wie in der Mutterliebe und Sattentreue, fo aud) in Freundes: und
Kindesliebe, wenn das Gefühl in Größe fich entfalten fonnte.
Die Menfchen im allgemeinen aber wirken durchaus gegenteilig auf uns, Sie
hemmen die Bewegtheit des Herzens, Ihre erfältende Art des DBegegnens,
oder ihre fonftigen Wefensmängel feßen unfere Sefühlsftärfe herab, ftatt fie
in Xiebe zu erhöhen. Doch das fchließt nicht aus, daß wir gegen fie handeln
mit Dderfelben Gerechtigkeit, Hilfsbereitfhaft und wohlwollenden Güte, als
ob wir fie liebten, Aber wir tun es hier nur aus Selbftliebe, um das Be-