Full text: Briefe einer Frau an Walther Rathenau

VBerewigung durd) Menfdhenliebe hHarrt, In zarten Schleiern füßer Wehmut, 
unerfchöpflicher, ahnungsfeliger Melancholie, oder im Sturme jubelnder Ent- 
zZücdung zeigt fig der naturerfchloffenen Seele die Seiftwelt, die hier dem 
Traum der Ewigkeit entgegenlechzt. 
Unfern Ahnen war fie {don einmal SGeftalt geworden, als fie felber nod) uns 
getrenntes Teil der Urfeele gewefjfen ; SGeftalt von menfdlidhem Zauber und er: 
habener Lieblichkeit, die ung heute nod) im Gewande ver Heen, NMiyen und 
Elfen winkt, gemifcht mit den Unholden einer noch) wilden vder fchon ent 
götterten Natur, Dem offenen, wieder lebenswacdhen Sinn if aud) Ddiefe 
Seifterwelt nicht mehr länger verfchlofflen und was die Sinne {hauen als 
blühende Wirklichkeit der Natur, das zeigt fich der Seele in der Urgeftalt ewiz 
ger Seiftmächte, die e$ wirfen. Denn im Lichte der Alfeele wird aud) das 
Sunnere der Natur offenbar und aus dem Gleichnis und Unzulänglichen wird 
Wunder weifendes Ereignis, 
Sn germanifhem Naturgefühl, diefem Brennpunkt des deutfhen SGemütes, 
zeigt fid) die Neufeele gereift zur Wahrnehmung und DBefinnung auf ihr urz 
eigenfte$s Wefjfenswunder, darin fie ihre Zeitbeftimmung erfannt, Sie führte 
die Lebenden aus der Kälte und Leere ihrer äußerliden Inrereffenwelt in 
die Wärme und Fülle neuer Ideenwelten, Sie befreite uns von den Sklaven 
fetten des Intereffendienftes und läßt ung neue Hreiheitsiuft in vollen Strös 
men genießen durch die Andacht eines reineren Sebensdienfies, den die Natur 
ung lehrt, Die Andacht, die Viele lange Zeit vergeblich an fteinernen Altären 
gefucht, bietet fidy hier ungefucht dem Seelenverlangen, im Secheimnis der 
Waldesftille und des Naturfriedens, wo unfere Ahnen fie aud) zuvor gefunz 
den und in heiligen Ahnungsfchauern göttlicher SGefichte erlebten. Diefe Gott 
empfängnisfraft ihrer Urfeele, von den reinen DYuellen der Natur gefpeift, er 
lebte in uns ihre große Auferftehung und verrät ung den heiligen Urfprung 
der Neufeele, um die wir heute ringen und wachen. 
Den zwingenden Gefegen diefer Seelennatur nur brauchen wir in Zukunft 
folgen zu lernen, um das neue Leben, das Himmelreidy der vollen Lebens 
feligfeit in uns, zu gewinnen al® Erdenheimat und Stätte ungeahnter Das 
feingwunder und Herzenswonnen, 
Das Reid) der neuen Gerechtigkeit wird der Erdbau fein, denn alles Recht 
entffammt den Saßungswelten der Erdnatur. Das NReicdy der Seele aber
	        
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