Full text: Briefe einer Frau an Walther Rathenau

zntftellte Reftüberklieferungen verloren gegangen, pder in ftarrer Dogmenfejjel 
zu leblofem Begriffszwang herabgefunfen. 
Wir willen heute, daß der geheimnisvollfte Teil feiner Macht in wohlbehlüte- 
ten und von furctbaren Eiden verhüllten Kenntniffen beftand über Natur 
und Seelenphänomene, die jeßt wieder zu den neuften und erperimentell er- 
wiefenen Entdedungen der modernen wiffen{haftlihen Forfhung gehören. 
Wir fehren heute auf dem Weg des Intelleftes zum Befiß uralter Wahrheits- 
erfenntniffe und feelijhem Wirklichfeitswiffen ‚zurüc, die fchon vor Iahız 
taufenden zur intuitiv erworbenen Lebenzweisheit priefterlidher Männer und 
Frauen gehörten. AlS ein ftarfes Crbteil aus germanifchem Iugendblut regt 
fich diefe Urweisheit aud) heute wieder bei ung im Weiten, vom neuen Atem- 
zug der Seele, der allerorts aufzufdhwellen begonnen, zu neuent Leben erwedt, 
Fine gewaltige Synthefe neuer Seelenwifen]dhaft bereitet fich im Seifte der 
Kebendigen gegenwärtig vOT. Gern {chöpft fie nod) aus alten DHuellen, Dod) 
hier lauert die dem modernen Leben fo große Sefahr zahlreicher Borwelt- 
ichladen, die zu neuen Denkhinderniffen werden fönnen, Der Weg, der uns 
davor behütet, ift nidt Sedem offen, denn faft jeder feiner Schritte ijt nur mit 
Herzblut zu erkaufen. Die ihn aber gefunden, dürfen nicht länger zögern, 
jeine Ergebniffe der Allgemeinheit zugänglid) zu machen. 
Sr führte auch mich zu den lebendigen Urquellen des intuitiven Weltwifens. 
Nachdem ich ftaunend und überwältigt daraus gefchöpft mit dem geringen 
Sefäß meines wenig vorbereiteten Geiftes, fanden mir erft Die Wege offen, 
meine Funde zu vergleichen mit den SGeift{häßen aller Zeiten und Völker. An 
ihnen weitete und formte fi wohl die Schale, darin ih nun das Gefundene 
yarbieten fann, dod) ihren Suhalt zu mehren vermochten fie nicht, Sch fand 
Sei ihnen nur wieder, was fi mir als Wunder des Figenbefibes {elbft ges 
ichenft, im Durchfchauen fernfter Zeiten- und Weltenräume, 
Davon möchte id mitteilen in diefen Niederfchriften, [oweit e$ dem Verlangen 
des kommenden Werdens entfpricht., Die Dynamik der Seele ward darin 
zu Erlebnisftufen. Für die Zatfachen foldjen Erlebens {Heinen alle geläufigen 
Namen leicht verbraucht und zu fehr durch feitherige Zwecke geftempelt, Wir 
itehen heute an der Schwelle neuer, für die Gefjamtheit nod) nie betretener Wel- 
ten, wo ein Meer ungelebten Lebens, ungedachter Gedanken und ungenoffener 
Wonnen unferer wartet. Der Mittlerweg, der ung mit ihnen verbindet, ft der
	        
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