Senuß des Stofflihen beeinträchtigen. Sie erfahen darin das Ideal der
Freiheit und Selbftheftimmung und ergaben fidh zu feiner Gewinnung meift
fampflos den Sflavenfeffeln der Leidenfchaften und ihrer Zügellofigkett.
Fine Zeit, die feine Ziele mehr gekannt, fondern nur noch Sefchäfte, fonnte
wahrlich feine andern Refultate an Perfönlichkeitswerten mehr zeitigen. Diere
aber beftehen im Cmwigfeitggehalt der Seele.
Die Fünftige Erziehung wird Feiner ermüdenden Moralpredigten mehr be:
biirfen und ohne den alten Schredapparat von Sünde und Schuld auskfom-
men, {obald fie fich ihres Ziele voll bewußt worden: der Befiegung der foff-
liden Widerftände zu Gunften des SGeiftes. Ihre Tat wird das Wachstum
unferer Befähigung zu diefem Siege fein. Diefes Wachstum aber wird ges
üchert durdy die freie Entfaltung der inneren Wefensfräfte, durch die Summe
der Seele, die wir gewinnen. Daher verfagte fo lange das alte Bildungs-
ideal, dag dem Intelleft gegolten hatte und mit der Seele zugleich auch die
Sharakterentfaltung hemmte, dag Zentrum der SGefittung und Sefinnung.
Seglidher Schulzwed wird in Zukunft nur dann als erreicht gelten, fobald der
Menfch fähig geworden zur eigentlichen, zielfeßenden Selbftbildung und ihm
dazu alle Wege gewiefen werden Ionnten, Seither wurden diefe Wege hHäuytg
mehr verdunfkelt alg erhellt durch Methoden, die ung Ueberdruß an edelften
Wiflens{hägen bereiteten, weil diefe ung in unverdaulicher Weife als Seiftes-
nahrung geboten waren von Pedanterie und Amtsgewöhnung., Schule und
Frziehung galten im wefentlichen dem praktifchen Nukben des männlichen oder
weiblichen Tagesberufes, und man vergaß darüber „Menfchen“ zu bilden. In
der Hauptfache erftrebten fie der Entwicklung äußerer Zatfräfte, und die Macht
der innern Neberwindungskfräfte blieb dem Zufall ihres Gedeihens preisgegeben.
— Doch auch im Schulbereidh begann fhon Frühlingsluft zu wehen und die
Keime einer neuen Jugend zu wecden. Sie wird fid bald immer mehr als
Kind des Geiftes erkennen, deffen Stunde gekommen if zu Ent{hHeidungsfiegen
über die Materie, und fie wird durdy ihn lernen, wieder freies, frohes Gefchöpf
der Erde zu fein. Denn das feitherige NMebergewicht der ftofflihen Gewalten
weicht von nun an dem Nebergewicht der ftetig wachfenden Seelenkräfte, Sie
aber fennen nur das eine Ziel der Ziele, das fomit auch die Hauptrichtung
aller fünftigen Erziehung beftimmen wird: Die Aufhebung der Schwerkräfte
in uns.