ALLGEMEINE EINLEITUNG
als bisher auf der Degenspitze militärischer Haupt-
instanzen, oder auf der Zungenspitze diplomatischer
Kabinette, meist mehr von bevorrechteten als vorbe-
gabten Personen gebildet. Entscheidenden Einfluß auf
Völkerschicksale und Weltgeschicke wird künftig nur
erlesenen Geniegruppen zustehen dürfen, die aufbau-
ender Ideenmacht und nicht zerstörender Interessen-
gewalt zum Siege zu verhelfen wissen. Die Bildung
dieser Gruppen wird zu den nächsten Zeitnotwendig-
keiten gehören. Die Genienatur der Völker erkennen,
entwickeln und an rechter Stelle in den großen Dienst
der ergänzenden Völkerleistungen stellen, wird die
höchste Staatskunst der nahenden Zukunft sein. Sie
verlangt die neue Weltmeisterschaft von Geniegrup-
pen, die der weltgesetzlich bestimmten höheren Ein-
schaft kommender Völkerordnungen den Boden zu be-
reiten haben im Sinne des Zeitgesetzes und seiner Ur-
idee. In diesem Sinn wäre das richtige, fruchtbare
Verhältnis Deutschlands zu Frankreich das eines jün-
geren Bruders, der seine Stärke dem älteren — am
kleinen Rentnertum im Kern erlahmten — Bruder
leiht. Befreit von kainsbrüderlicher Rivalitätsschranke
wäre auf diesem Wege allen Völkern ein ungeahntes,
neues Kraftmaß zu gewinnen. Ein dem Kindschlaf
längst entwachsenes Volk, wie das deutsche, ist nur
fruchtbar in freier Genieleistung. Die alten Gewalt-
methoden zur Knebelung bedrohlich scheinender Stärke
sind heute urgesetzlich dem Zeitentode verfallen. Sie
gehören zur Natur des sterbenden Weltalters. Das neue
gehört der reifenden Genienatur, die daran zum gro-
ßen Überwinder erstarkt in Idee und Güte. Denn Ge-
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