Vom Reich der Mütter und über das neue Muttertum _
der Kampf noch weiter dauern zwischen den Anwälten
äußerer Machtbefugnisse und den Anwärtern innerer
Hoheitsrechte. x
Doch den Ersteren möge bald der Blick sich schär-
fen an den einfachen Tatsachen der geltenden Wirk-
lichkeit. . Denn auch ihnen nähert sich die unabweis-
bare Einsicht, daß die Wurzel aller Gesinnung und
Gesittung — wie die Zukunft sie braucht und sie uns
trotz aller hohen Verstandeskultur fehlt — nur in der
Wahrung unserer höheren Menschenrechte liegt. Sie
muß uns innerlich und äußerlich frei machen zur un-
beschränkten Entfaltung der Persönlichkeit. Denn alle
Macht und aller Zauber der wahren Persönlichkeit be-
ruht darin, daß Verstand und Sinn zur vollen Erschlie-
ßung im Individuum kommen können. So lange äußere
und innere Not den Druck der Unfreiheit üben und
unserer Wesensentwicklung Schranken auferlegen, so
lange wird das Leben arm und die bessere Zukunft
unverwirklicht bleiben.
Vor allem aber verheißt nur eine neue Sinnkultur
der Zukunft die Erfüllung ihrer großen, notwendigen
Möglichkeiten. Sie wird uns vom Zwang des Gemeinen
befreien, den alle Verstandeskultur nicht lösen konnte.
Denn diese schuf seltsame Menschgebilde von schärf-
ster logischer Denkkraft, deren sittliches Wesen zuwei-
len kaum die primitive Stufe der Barbarei überschrei-
tet und meist im Verhältnis zum Weibe sich peinlich
geltend machte. Die Charakterbildung, die ihre Höhe
in der Schärfe unserer sittlichen Lebensverantwortung
bezeugt, war bei ihnen stehen geblieben an der Stelle,
wo die große Leere des unentwickelten Sinnes begann.
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