Vom Reich der Mütter und über das neue Muttertum
Schätze des Lebens der Hebung warten, die Kleinodien
aus der Krone unseres Menschentums, denen das tiefste
Verlangen des innerlich verarmten Lebens der letzten
Jahrzehnte galt. Keinerlei Kenntnisse, vom Verstand
lernend erworben, können den innern Wesensadel ho-
her, moralischer Gesinnungen in uns wecken, wenn
nicht die Seele ihren Keim als mütterliches Erbe in sich
trägt und er als Sinn für Größe, Schönheit und Güte
in uns zur Entfaltung kommen konnte. Nur in der
Stille kann dieser Keim zur genügenden Regsamkeit
kommen. Darum war es die ernste Forderung aller
Zeiten, den Kreis der Mütter zu umhegen mit allem
Schutze heimischen Friedens und liebender Sorgfalt.
Doch so lange das Recht des Stärkeren währt und
hinter diesem Schutzgehege lohnende Eigentumsrechte
gebieterisch heischte, war dieser Keim nicht weniger
auch hier gefährdet im Schoße der Mütter. Denn er
braucht die Luft der Freiheit vom Zwang jeglicher ma-
terieller Gebundenheit zu seinem Gedeihen. Wo die Ehe
zur Bindung des weiblichen Geistes und zur Verküm-
merung der Seele führte, ward sie, auf Grund des al-
ten Rechtes, zur gleichen Gefahr für die Höherentwick-
lung des Menschengeschlechtes, als alle Rechtsverkür-
zungen der weiblichen Ehelosigkeit. Erst die Zeiten
des neuen Rechtes des Höhern, an deren Schwelle wir
heute stehen, können auch hier den Wandel und Aus-
gleich schaffen zwischen den natürlichen und sittlichen
Forderungen der alten und neuen Generationen.
Alle wahre Lösung der sogenannten Frauenfrage
kann nur auf dem Boden dieses neuen Rechtes gefun-
den werden. Bis sein Sieg vollkommen geworden, wird
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