Vom Reich der Mütter und üher das neue Muttertum
In aller Liebeshingabe aber schenkt sich dem Ver-
langen lebendige Flutkraft aus den Quellen der Un-
erschöpflichkeit. Die Sinne bieten nur Zisternentrank.
Durch die Liebe jedoch werden die Sinne zum Gefäß,
aus dem die Leidenschaft den Trank der Fluten aus
ewigen Quellen schöpfen kann.
Diese Tatsachen müssen die Kommenden neu und in
ihrer ganezn Wucht begreifen lernen, um den Irrwe-
gen zu entrinnen, auf denen heute das Licbesverlangen
vergeblich suchend, meist aber alles verlierend, was
Lebenswerte in sich birgt, umhertaumelt. ;
Weder liebeleere Sinne, noch liebesfremde Askese
wird das Losungswort der Zukunft sein, sondern Licbe,
J.iebe, Liebe! Die den Sinnen, wie der Seele ihre vol-
Icn Lebensanrechte zu gewähren weiß. Sie allein auch
heiligt nur die Ehe und gibt das Recht auf Schöpfung
neuen Lebens im Kinde. Denn sie allein weiht die na-
turliche Mütterlichkeit der Frau zum großen Mutter-
tum, nach dem das entheiligte Rätsel der Lebensver-
jüngung heute so sehnend verlangt als seiner Löserin;
als der Erlöserin aus den Höllen der Liebelosigkeit und
der Knechtschaft stoffgebundener Leidenschaften. Kein
Priestersegen kann Ehen segnen, denen die Seelenweihe
dieser Liebe fehlt. Sie ist die Macht, die das Liebes-
bündnis der Menschen im Himmel schließt. Das’Se-
ligkeitsgeheimnis zweier Seelen und seine nie erlöschen-
den Wonnen, die auch den Tod der Sinnenwünsche
überdauern, lebt in der Einheit, die sie im Schoße des
göttlichen Ursprungs aller Liebe fanden. In dieser Ein-
heit knüpft sich das Band der untrennbaren Gemein-
schaft zwischen zwei flutenden Kraftiströmen der ab-
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