Vom Reich der Mütter und über das neue Muttertum
weilen nur noch dem Blick, der offen genug war für
den Kern des Wesenhaften hinter der Oberfläche der
lauten Tageswelt. Dort ward lange und zuweilen über-
laut das Wesenlose als Norm der modernen Weiblich-
keit vom Ungeschmack teils gepriesen, teils von den
davon Geschädigten verurteilt und verlästert. Denn die
unsinnigen Mächte der Wesenlosigkeit wirken am un-
erbittlichsten dort, wo es unbehüteten menschlichen
Edelkern zu zernagen gibt und die Besten der Männer
wurden fast am leichtesten die Opfer der wesenlosen
Weibchenlarve, die auf Stöckelschuhen und mit der
Pudermaske meist inmitten einer künstlichen Duft-
wolke daherschreitet.
Einer, der vielleicht zu frühe an ihr zu Grunde ge-
gangen, Weininger, fand den Vorwurf, der das Wesen
der Weiblichkeit im Kern seiner schlummernden Fä-
higkeiten traf. Es schien ihm ein Beweis des absolu-
ten, weiblichen Minderwertes, daß noch kein erleuch-
tetes Frauenwort Aufschlüsse zu geben vermocht über
die Phänomene weiblicher Urzustände. Daß die My-
siterien der werdenden Mutterschaft noch nie ihrem
Wesen nach von denen enthüllt worden, die ihren
Bannkreis durchlaufen. Sein harter Finger pochte hier
an eine Pforte, für die es seither noch nicht an der
Zeit gewesen, sich aufzutun. Denn für alles muß erst
seine Stunde kommen, ehe auch stumme Lippen ent-
siegelt werden dürfen. Doch in seiner bitteren Verur-
leilung lebte die aufgepeitschte Unruhe des vergeblich
Harrenden, den die eisige Morgenluft erstarrend ge-
troffen, da er eine Stunde zu frühe des neuen Tages-
gestirnes Aufgang witterte.
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