Vom Reich der Mütter und über das neue Muttertum
tung der Erdenwirklichkeit durch die stets wachsende
Summe unserer sittlichen Eigenkräfte.
Das ist das große, neue Zeitevangelium, zu dessen
Verständnis wir heute reiften. Sein Losungswort heißt
nicht mehr Himmel und Hölle, sondern Liebe und Wirk-
lichkeit. Der Sieg der Seele und damit der Menschheits-
zukunft ist darin verbürgt. Denn in ihm wurden, wir
uns unserer menschlichen Daseinsbestimmung voll be-
wußt, die der Menschwerdung Gottes, oder der das
Gleiche besagenden Gottwerdung des Menschen gilt.
In Brünnhild, dem Mensch werdenden Götterkind,
und Siegfried, dem göttlich werdenden Menschenkind,
leuchtet uns das erste Frührot dieses Erkennens schon
aus altem Mythos entgegen, wenn auch die Nebel un-
serer germanischen Götterdimmerungsepoche uns seine
Leuchtkraft lange verhüllten. Die große Schar der
Nachzügler, vom alten Erbe belastet, sind auch heute
noch dafür blind. Doch die Entscheidungen, welche
sich gegenwärtig am Horizont der Welt- und Völker-
geschicke vollziehen, werden den letzten Schleier der
Dämmerung bald zerreißen.
Die Seele, die als Gottheit der Liebe seit Abrahams
Zeiten leidend und sterbend am Kreuz der Wider-
sprüche hing, zwischen den sinnlichen und sittlichen
Lebensforderungen unserer ungereiften Menschenna-
tur, lebt heute im neuen Morgenrote ihres Auferste-
hungstages. Wie sie, so hing auch Wotan, der Geist
des Intellektes, der Herr der Satzungen und Verträge,
dreimal drei Tage am windkalten Baum, sich leidend
das Wissen der Erde zu erringen.
Höchste Symbole für höchste Tatsachen treten uns
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