Über das neue Seelenwerden und seine kommende Wirklichkeit
Geschlecht vor uns erreichte. Von hier aus vermögen
wir endlich vollen Überblick zu gewinnen, bis zu den
letzten Schattenwinkeln des Tales, wo Menschennöte,
Schicksalsverhängnis und alles Seelenverderben seit-
her gesicherte Zuflucht hatten. Von da aus, wo neu
wir heute stehen und sehen lernen, wird dem Leben
endlich die Genesung kommen können, von den Wun-
den, aus denen gegenwärtig noch in Strömen das edel-
ste Blut der Menschheit entströmt.
Die Unkenntnis vom Wesen der Dinge galt schon
der Urweisheit Indiens als Ursache alles menschlichen
Leidens. Die Nacht dieser Unkenntnis aber beginnt
heute von uns zu weichen. Unser Blick reifte zum
vertieften Erkennen der Leidensgründe, und wir Sol-
len endlich fähig werden, sie wissend und wollend zu
überwinden. Die volle Größe dieses Reifens aber, die
uns die Siege der Zukunft verbürgt, zeigt sich darin:
daß der männliche Geist des Intellektes, der zum Bau-
meister der äußeren, sinnlichen Daseinswelt berufen
ist, heute lauter als je nach dem schwesterlichen Geiste
seiner Ergänzung ruft, den Schaffensmächten der Seele,
denen die Herrschaft der innern, sittlichen Lebenswel-
ten anvertraut ist.
Die Kräfte der Innerlichkeit, die wir Seele nennen,
waren als lebendiges Quellgebiet unserer sittlichen Na-
tur für Viele fast in Vergessenheit geraten. So gewan-
nen die Regungen der blinden Triebnatur das verhäng-
nisvolle Übergewicht, das lange schon auf allen Le-
bensgebieten lastet.
Versunken und entwirklicht lag seitdem das Macht-
bereich der Seele unter den Versandungen der letzten.
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