Das Ordnungsgesetz der Gegenwart zur Zeitverjüngung
als möglich gegeben sein wird. Ohne sie verfällt das
Volk dem Müssiggang, der bekanntlich aller Laster
Anfang ist und jetzt um so verderblicher, als das Volk
einen reichlichen Zuwachs seiner Musestunden gewon-
nen hat, wie es den urgesetzlichen Notwendigkeiten
kommender Zeitentwicklung entspricht. Nur eine sorg-
fältige Erziehung zur Muse ermöglicht ihren frucht-
baren Gebrauch. Sie bedeutet die Erweckung der see-
lenhaften, uneigennützigen Betätigungstriebe, die nach
beendeter Arbeitsleistung den Zugang der Stille zu den
Quellkräften des eignen Wesens suchen. Hier nur fin-
det der Mensch in Wahrheit seine „Erholung“ am Ur-
quell seiner göttlichen Schöpfernatur, wenn ihm aus
edlem „Spiel“ der Kräfte ihre Zuflut offen steht, sei
es zu körperlicher, seelischer oder geistiger Ergottung.
Im freien Kräftespiel der Glieder bei Tanz und Übung,
im Spiel der Worte, Klänge, Farben erholt sich die
schöpferische Quellnatur des Menschen unter dem
Zauber freudvoller Beseelungen. Wo diese Wege der
Erholung verschlossen sind, taumelt das Leben ZwWi-
schen lustloser Arbeit und entnervender Ergötzung in
unschöpferischen Gelüsten haltlos umher, oder ver-
läuft in den Qualen unfruchtbarer Dürre und Stumpf-
heit. Was seit langem schon und reichlich an Kunst
und Belehrung der „Volksbildung‘“ dargeboten war,
hatte den Nachteil, meist mehr zu bieten, als aufge-
nommen werden konnte, ohne der Hauptsache dien-
lich zu sein: die Quellkräfte der Selbstbetätigung zu
wecken und dauernd regsam zu erhalten. Auch die edel-
sten Eindrücke gelegentlicher Musestunden mit flüch-
tigen, halbverdauten Kunstgenüssen und Belehrungen
214