Das Kulturgesetz der Völker zur Weltverjüngung
fertig, wie die alten Sprachen, stetig reifend sein kann,
wie der Menschengeist. Gotisch gleich der Gestalten-
füle und emporstrebenden Grundlinien der alten deut-
schen Dombaukunst ist alles, was zum festen Eigen-
grund unseres Seelenwesens und seiner untrüglichen
Wahrzeichen gehört.
Echtes Deutschtum kennzeichnet sich durch unent-
wegtes Streben nach immer höheren und reineren Ver-
schmelzungen zwischen Seele und Sinnen, wie es das
Ziel aller kosmischen Weltentwicklung in Natur und
Kultur der Menschheit ist. Im deutschen Wesen ist der
neue Grad vollkommeneren Ausgleichs zwischen ari-
schem Idealgeist und urischer. Realnatur bereitet, der
die Zukunft neuen, sittlichen Höhen der inneren wie
äußeren Lebensbeherrschung zuführen soll. Das Ziel
dieses Werdewegs der Völker und Menschen ist die zu-
nehmende Verkörperung der urbildlichen, göttlichen
[dee-alität, gleichbedeutend mit der stetig steigenden
Vergeistigung der stofflichen Realität. Im Ringen um
dieses Ziel zeigte bisher das noch ungereifte Deutschtum
die Eigenart seiner extremen Doppelnatur, voll suchen-
der, zweifelnder, immer werdender Zerrissenheit. Zar-
teste, übersinnliche Mystik, neben politischem Drauf-
gängertum, aristokratische Herrennatur neben tief so-
zialem Gemeinschaftsgeist, nach beiden Seiten radikal
und doch aus dieser unfruchtbaren Zerspaltung immer
rastlos nach der Mittelpunktskraft schöpferischer Ver-
schmelzung suchend, wo die Quellen der ewigen Liebe
und Uridee aus ungeahnten, den alten Völkern frem-
den Tiefen steigen — das ist das Deutschtum, dessen
Reifestunde zur Meisterleistung im Völkerkreise nun
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