Full text: Brief von Jacob Grimm an Georg Gottfried Gervinus

keit mir viel erzähltist) sich nach Bonn zu Dorotheens
Hochzeit aufmachen und vielleicht die aus dem elternhaus
scheidende ins geleit nehmen werden. Grüßen Sie sie
noch als braut aufs herzlichste von mir und wiederholen
ihr meinen glückwunsch, der warm gemeint ist, ich habe
sie immer gern gehabt. Unsere Spannung mit Dahlmann
wird meinem jetzigen gefühl nach nie wieder aufgehoben;
ich werde ihn immer lieb behalten und ehren, allein mit
ungenauen freundschaft ists vorbei, was mich grämt so oft
ich daran denke. Daß er bei jenem vorfall nichts
für uns zu sagen wusste, hätte ich ihm nie übel genommen,
und es wäre längst vergeben; aber die absicht, mit welcher
er den auch für Sie geschriebenen brief zurückbehielt, ertrage
ich von einem freunde nicht, und sie verletzt die unter
freunden nothwendige gleichheit.  Damals eben hatte
ich eine monatelang mit mir ungetragne neue zu-
eignung zur mythologie begonnen zu schreiben, und
Sie können sich denken wie es mich sie zu unterdrücken
schmerzte. ich habe Dennoch seinen namen vor dem
buch gelassen, aber die jahrzahl 1835 dazu gesetzt,
daß nichts unwahres obwaltet.
   Beide abtheilunge urmythologie sind Ihnen
wie sie erschienen, von mir zugesandt worden, allein
ich mute Ihnen nicht zu, fortgang und wachsthum des
buchs zu verfolgen. es ist glaube ich weder schlechter
noch besser als meine übrigen.  Unmittelbar nach
seiner beendigung hat sich ein ehemaliger schüler von mir,
Wilhelm Müller in Göttingen, daran gemacht es auszuschreiben,
allen untersuchungen die spitze abzubrechen und hochmütig
seine brühe von system, die nur wahr steht, darüber zu
gießen. seine arbeit hat so wenig eignes ver...,
daß sie mir keinen abbruch thun wird.
   Nächstes jahr soll die wörterbuchredaction endlich
beginnen, früher war es ganz unthunlich, weil die
auszüge mangelten. sie haben keinen begrif davon,
wie abspannend das herbeischaffen des materials war^, ich ...
über dem ausarbeitensoll die lust von neuem steigen.
Doch heimlich gestehe ich, daß ich lieberan andre bücher
gemeinschaftlich geschrieben,doch hernach uns von
einander entwöhnt und besondre  wege eingeschlagen.
    Eben sind ein paar meiner academischen vorlesun-
gen gesruckt worden, darunter auch die über lateinische
lieder des 12 jh., wovon ich früher meldete. ich
schicke sie durch die buchhändler.
    Sein Sie und Ihre frau gegrüßt
                             von Ihrem Jacob Grimm

selten komme ich an neue bücher, doch wurde mir
jüngst zu Hebbels Maria Magdalene gerathen.
    Seite 3
ich finde aber daß die leistung selbst zurück bleibt
hinter manchem richtigen was die vorrede sagt:
das stück ist noch unreif und jugendlich, vielleicht
daß die anlage sich künftig besser entwickelt.
Judith und Genoveva habe ich nicht gelesen.
Daß man dramen allmählich nur in
ungebundner rede schreiben und sie mehr
in die neue zeit setzen müsse, leuchtet
mir ein.







Lassen Sie beide einlagen zur post geben.
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