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den Einzelhandel der Mittelstadt ist nicht die grosse Haupt-
bahnlinie, nicht der Schnellzug mit dem Durchgangsverkehr das
Wichtigste, sondern die Nebenbahn und der Nahzug. Diese gind
die Zubringer, jene führen vorbei oder entführen. Aus alledem
ergibt sich, dass die Entwicklung des Einzelhandels entschei-
dend beeinflusst wird durch die Grösse und den Typus einer
Stadt, die berufsmässige Gliederung ihrer Bevölkerung und
durch die Verkehrsverbindungen mit dem Hinterlande.
Die Absatztechnik muss den verschiedenartigen Voraussetz-
zungen angepasst werden. Die Hauptmittel dieser Technik sind
Reklame und Kulanz. Julius Hlrsch (a.a.0. § 26,1) bezeichnet
als Reklame "systematisch angewandte Vertriebsförderung gegen-
über einem möglichen, aber noch unbestimmten Konsumentenkreise
durch Druck, Schrift oder mlttelbare. seltener durch beabsich-
tigte persönliche Hinweise? Sehr fein und treffend ist die Be-
merkung von Hirsch (§ 26,4), "dass die Reklamemittel sich den
besonderen Eigentümlichkeiten der Frau, die ja den grössten
Teil des Käuferpublikum darstelle, anzupassen hätten". Dass
die Käuferschaft zu 75 - 90% aus Frauen besteht, ist eine von
Öffentlichkeit, Politik und auch Volkswirtschaft viel zu wenig
gewürdigte Tatsache. Die Reklame beruht grösstenteils auf psy-
chologischer Kenntnis der Frau. Indem die Reklame vorhandene
Bedürfnisse verfeinert und neue wach ruft und anerzieht, ver-
wandelt sie das scheinbar natürliche Verhältnis, dass die Nach-
frage das Angebot erzeuge, in des Gegenteil.
Während die Reklame den Kunden zu gewinnen sucht, ist es
die Aufgabe der Kulanz, Ihn durch grösstmöglichstes Entgegen-
kommen festzuhalten. Beide Mittel waren dem Einzelhandel alten
Stiles, von dem Sombart so häufig spricht, unbekannt. Er brauch-
te sie auch nicht anzuwenden, solange er Konkurrenz kaum zu
fürchten hatte und weniger den Gewinn als das standesgemäss
Auskommen suchte. Heute ist die Reklame nicht nur die "Voraus-
setzurg des Erfolgs", sondern auch der Gradmesser der Konkur-
renz