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17. Kapitel: Wirkungen dieser Ausschaltungsbestrebun-
gen.
Nachdem im vorhergehenden die Entwicklung der Verkaufsge-
nossenschaften und der Werkskonsumanstalten im Kasseler Handels-
verkehr r geschildert ist, muss im folgenden der Einfluss dieser
Organisationen auf den Kasseler Einzelhandel untersucht werden.
Die Frage lautet: Ist der Einzelhandel in seiner Entwicklung ge-
schädigt? Sind infolge des Anwachsens genossenschaftlicher Orga-
nisationen und der Errichtung von Werkskonsumanstalten Einzel-
handelsbetriebe eingegangen oder nicht neu entstanden? Die An-
sichten der Kasseler Kaufmannschaft sind geteilt: Geschäfte der
Gruppen "Bekleidung" und "Einrichtungsgegenstände" empfinden
den Einfluss der Konsumvereine im allgemeinen nicht, wohl aber
die Geschäfte der Gruppe "Lebensmittel", da ja der Umsatz der
Konsumvereine und -Anstalten in diesem Geschäftszweig auch am
grössten ist. Eines der grössten hiesigen Kolonialwaren- und
Delikatessengeschäfte bezeichnet allerdings die Konkurrenz die-
ser Organisation für sich "nicht als sehr empfindlich", doch wer
den je nach Lage und Grösse der Geschäfte auch erhebliche Klagen
laut. Es ist zunächst zu untersuchen, ob die Konsumvereine nie-
drigere Preise haben als der Einzelhandel. Julius Hirsch zählt
in seinem Aufsatz über den "Modernen Detailhandel" (a.a.O. § 24)
4 Hauptprinzipien der Konsumvereine auf. An erster Stelle nennt
er "Abgabe der Waren nicht zum Einkaufspreise, sondern zum übli-
chen Tagespreise". Hirsch führt dann allerdings selbst aus:
"Kommt es darauf an, den örtlichen Kleinhandel zu bekämpfen, so
können niedrigere Preise eingesetzt werden; liegt das Anziehungs
mittel in der ausgeschütteten Dividende, so müssen hohe Aufschlä
ge berechnet werden". Die Tendenz des Konsum- und Sparvereins
Kassel sowie der Konsumanstalt Henschel zielt darauf ab, die
Preise unter den Einzelhandelspreisen zu halten. Die Geschäfts-
führer der beiden genannten Organisationen gaben dies unumwun-
den zu. Im 13. Geschäftsbericht des Konsum- und Sparvereins vom
Geschäftsjahr 1912/13 wird mitgeteilt, dass am 7.7.13 eine