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Verkaufsstelle hinfällig. Man konnte daher den mehrfach hervor-
gehobenen Wunsche der Einzelhändler entsprechen und den städti-
schen Laden eingehen lassen. Am 15.1.1918 ist er geschlossen
worden. Nach Ansicht der Kaufleute hat der städtische Verkaufs-
laden der Stadt grosse Verluste gebracht. Das Verkaufspersonal,
das an der Rentabilität des Geschäftes kein Interesse hatte,
handhabte den Verkauf mlt grosser Gleichgültigkeit, und ein
Kaufmann hat häufig gesehen, dass die Ware in einer für die
Stadt äusserst nachteiligen Weise abgewogen wurde. Ausser die-
sem Laden unterhielt die Stadt noch seit 1914 einen Fischver-
kauf und seit August 1915 einen Verkauf von Obst und Gemüse In
einer provisorischen Markthalle. Im Jahre 1917 wurde das Num-
mernsystem auch für die Kohlenverteilung eingeführt. Sobald
grössere Mengen von Brennstoffen verfügbar waren, wurde der
Einkauf bei den selbstgewählten Lieferanten auf rund der Koh-
lenkarten frei gegeben. Doch wurden auch in allen Stadtgegen-
den städtische Kohlenverkaufsstellen eingerichtet.
Web-, Wirk-, Strick- und Schuhwaren waren rationiert und
einer Bezugsscheinpflicht unterworfen. Durch die Reichsbeklei-
dungsstelle erfolgte jedoch ab und zu eine Zuteilung an die
bedürftige Bevölkerung. Der Verkauf geschah durch die Klein-
händler.
Seuber wichtigsten Funktionen wurde der Kasseler Einzel-
handel somit durch die Kriegsmassnahmen beraubt. Er versorgte
zwar den Verbraucher mit Ware, aber das war nur ein mechani-
sches Hinschaffen von Ware an ihr Ziel. Die übrigen Aufgaben
des Einzelhandels übernahm die Stadt. Sie stand in Verbindung
mit dem Produzenten oder Grosshandel und wies dem Verbraucher
seinen Anteil zu Es wird in dieser Zeit manchem zum Bewusst-
sein gekonmen sein, dass ein in freiem Wettbewerb gut und sach-
gemäss arbeitender Einzelhandel dem Verbraucher Vorteile und Be
quemlichkeiten bietet, die durch keine andere Einrichtung oder
Anordnung ersetzt werden können. In der Kriegzeit kam es aber
darauf an, das Interesse der Gesamtheit über die Wünsche des