Full text: Kurhessischer Kalender // Amtlicher Kalender für das Kurfürstenthum Hessen (1836-1845)

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wuͤrden die urtheilen, welche zur Beschoͤnigung 
ihrer Traͤgheit, oder auch ihres Uebelwollens 
spraäͤchen: „wenn's Gott auf der Erde schoͤn 
baben will, wird er schon sebst dafuͤr sorgen; 
wir find's nun einmal so gewohnt; unsere Urvaͤter 
haben's auch nicht besser gehabt und sind hoffent⸗ 
lich selig gestorben — und wofuͤr muͤhen wir uns 
mit der Landesverschoͤnerung so ab? Am Ende 
genießen wir's nicht einmal, und muͤssen nur 
desto mehr Steuern und Abgaben entrichten.“ 
Das Letzte ist nicht zu fuͤrchten, wiewohl eine, 
dem Ertrage angemessene, Abgabe an sich nicht 
ungerecht zu nennen waͤre; das Uebrige aber ist 
so unverstaͤndiges und laͤsterliches Gerede, daß 
es nicht der Muͤhe lohnt, daruͤber ein Wort zu 
verlieren. 
Nach welchen Grundfaͤtzen foll der 
Mensch das Land verschoͤnern? 
Bauest du dir ein Haus, legest du einen Gar⸗ 
ten an, machst du Aecker urbar und hast voͤllig 
freie Hand: wirst du wohl die Hauptseite nach 
Mitternacht richten und die Giebelseite nach Mit⸗ 
tag, oder einen schlechten Baugrund waͤhlen, 
oder deinem Gebaͤude einen leichtfertigen Unter⸗ 
bau geben? Wirst du im Garten, nach altfran⸗ 
zoͤsischem Gebrauche, hohe verschnittene Buchen⸗ 
waͤnde auffuͤhren, Wasserfaͤlle und Springbrunnen 
anbringen, ohne zu wissen, woher du das Wasser 
nehmen sollst; Teiche graben, ohne Baͤche und 
Quellen hineinleiten zu koͤnnen? Wirst du die 
Aecker mit Fruͤchten bestellen, fuͤr welche sich 
Boden und Klima nicht schicken; Reis in Nord⸗ 
deutschland bauen; deinen Hain umroden und 
mit Orangenbaͤumen bepflanzen, oder den Tau⸗ 
benschlag von oͤlgetraͤnktem Papier machen lassen 
wollen, damit die Thierchen Licht in ihren Hoͤhlen 
haben? Schwerlich. Fange daher nichts auf 
berkehrte Weise an; baue nicht nach Launen, 
wilden Einfaͤllen und Einbildungen; baue und 
verschoͤnere vielmehr nach Grundsaͤtzen der gesun⸗ 
den Vernunft und habe zuvoͤrderst des Menschen 
geistiges und leibliches Beduͤrfniß im Auge. Das 
leibliche; damit er sicher, bequem, gesund und 
reinlich wohne; das geistige; damit den, von dem 
hoͤchsten Baumeister ihm verliehenen Anlagen und 
Kraͤften, damit den Forderungen seines geistigen 
Wesens Genuͤge gethan werde. Wohnungen legen 
wir uns zuvoͤrderst zum Schutze gegen die Wit— 
terung an, und darum sollen wir tuͤchtig bauen 
and das Haus uͤberall wohl verwahren, zugleich 
aber auch es zweckmaͤsig stellen, damit Wind und 
Wetter demselben so wenig als moͤglich anhaben 
koͤnnen. Wir wollen ferner gesund wohnen und 
meiden deshalb Niederungen und Sumpfboden, 
sorgen fuͤr trockne Stuben und Kammern, halten 
auf gut ableitende Rauchzuͤge, huͤten uns vor 
allzuniedrigen Zimmern, setzen verhaͤltnißmaͤfig 
große Fenster ein, die wir oͤffnen und luͤften 
koͤnnen und die uns gehoͤriges Licht und Sonne 
zufuͤhren und entfernen von unserm Aufenthalte 
Alles, was die Luft verderben, das freie Athem⸗ 
holen erschweren und Sinn und Geist verduͤstern 
koͤnnte. Ist aber das Haus wahrhaͤft wohnlich 
eingerichtet, so werden wir auch auf seine Be⸗ 
quemlichkeit denken; was uns bei Tag und Nacht 
noͤthig ist, bei der Hand zu haben wuͤnschen und 
Alles so ordnen, daß wir unsere Beduͤrfnisse auf 
die leichteste, sicherste und schnellste Weise befrie— 
digen koͤnnen. Gesetzt aber, Alles waͤre so geord⸗ 
net, daß es nicht blos den Beduͤrfnissen, son⸗ 
dern auch den Wuͤnschen des gebildeten Menschen 
und den bewaͤhrtesten Regeln der Baukunst ent⸗ 
spraͤche: wuͤrden wir dann nicht Sorge tragen, 
Haus und Zubehoͤr auch reinlich zu halten und 
hierdurch theils unsere Gesundheit und die Dauer⸗ 
haftigkeit der Wohnungen zu bewaähren, theils 
die Annehmlichkeit unseres Aufenthaltes zu erhoͤ⸗ 
hen und zu sichern? Nicht aber der Leib allein 
will beim Bauen bedacht seyn. Dem Menschen 
ist auch ein urspruͤngliches, wenn gleich erst durch 
Erfahrung gewecktes und verfeinertes, Gefuͤhl 
fuͤr Zweck⸗ und Ebenmaͤsigkeit verliehen, das 
nicht beleidigt werden darf, sondern moͤglichst 
befriedigt werden soll. Folglich in Wohnhaufe, 
vie in den Nebengebaͤuden, im Garten, wie auf 
den Fluren, sammt Allem, was sie in sich halten, 
OArdnung, feste Regel, einleuchtende Zweckmaͤ— 
siigkeit, Wohlgefaͤlligkeit! Das menschuͤche Auge 
st uͤber das Gefaͤllige, Anmuthige, Schoͤne, 
Reitzende der Richter von Innen heraus, und 
'ann wohl eine Zeitlang von aͤuseren Gestaltun⸗ 
zen und Anlagen getaͤuscht und bestochen werden, 
hat aber doch in dem Geiste, dessen Leibe es ein⸗ 
zesetzt ist, eine feste und ewige Regel der Beur⸗ 
heilung. Auch duͤrfen wir nicht verschweigen, 
daß mit dem Geschmacks⸗-Sinne, der moralische 
oder sittliche in sehr genauer Verwandtschaft steht. 
Wir wollen denen, welche in Schmutz und Un⸗ 
reinlichkeit, oder in elenden Huͤtten wohnen, nicht 
alle edleren und feineren Gefuͤhle absprechen: 
wir wuͤrden sie sonst unter ganzen Voͤlkerschaften 
bergebens suchen. Daß aber ein Mensch in einer 
anmuthigen, Geschmack mit Verstand und gesun⸗ 
dem Urtheile vereinigenden Wohnung eher die 
Voraussetzung fuͤr sich hat, entweder sittlich gut, 
oder doch leichter empfaͤnglich fuͤr Recht und Pflicht 
zu seyn, als der Hoͤhlenbewohner, ist nicht zu 
laͤugnen. 
Bauet und bessert ihr verstaͤndig, d. i. nach den, 
im menschlichen Geiste liegenden und durch Be— 
duͤrfniß, Zweckmaͤsigkeit und Geschmack bedingten 
Kegeln, so verschoͤnert ihr zugleich Wohnung und
	        
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