26
weckmaͤsiger, schoͤner, versehen sie mit Gaͤrten,
legen anmuthige Gaͤnge und Wege an, rotten
wildes Gebuͤsch aus, daͤmmen die Gewaͤsser ein
und schaffen aus Wildnissen anmuthige Land⸗
schaften. Und du einzelnes Land, Dorf, Bauer,
Koffaͤthe, oder wie du heißen magst, duͤrftest
zuruͤckbleiben, wenn des Herrn Wort bis zu dir
edrungen ist? Immer fort und weiter schreiten
ba du. Erfuͤllest du aber wohl den Zweck
deines Daseyns, wenn du das Schlechte an dir
duldest dem Vernuͤnftigern den Eingang verwei⸗
gerst, das Zweckmaͤsige und Wohlgefaͤllige zuruͤck⸗
weisest, und dich lieber in Schmutz, Widrigkeit
und verjaͤhrten Vorurtheilen umhertreibst, als
mit einiger Muͤhe dir und Andern eine bessere
Statte bereitest? Mit allem Widerstreben wirst
du der Zeiten Rad doch nicht zum Stillstande
bringen; das Aufhalten und Hemmen desselben
traͤgt dir weder Ehre, noch Gewinn, und du
hinderst durch dein ungereimtes Beharren beim
Alten und durch das Verkennen deines Berufes,
die Erde zu verschoͤnern, Gottes, deines Herrn,
heilige und weise Absichten, und straͤubst dich
unverstaͤndig gegen den Willen des Schoͤpfers.
Ferner kannst du doch nicht laͤugnen, daß dir
Soͤtt neben deinen aͤuseren Sinnen auch noch
Gefuͤhl fuͤr das Schoͤne, fuͤr Ordnung und Eben⸗
maas, fuͤr das Angenehme, Gefaͤllige und Zweck⸗
maͤsige verliehen hat. Du weißt einen Garten,
in elchem die Baͤume wild durch und in ein—
ander gewachsen sind, recht gut von demjenigen
zu unterscheiden, in welchem sie nach einer, dem
Uuge wohlthuenden Eintbeilung und Regel ge⸗
pflaͤnzt worden; ein Haus, dessen Waͤnde Fenster
zieren, in gleiche Zwischenraͤume vertheilt, dessen
Theile im richtigen Verhaͤltnisse zu einander steben,
gefaͤlt dir besser, als ein verschobenes weder
inkel⸗ noch wagerecht errichtetes Gebaͤude; eine
mit Baͤumen besetzte, gut erhaltene Landstrase besser,
als ein Hohlweg, in welchem die Geschirre bis an
die Achse versinken. Hast du dieses Gefuͤhl fuͤr
Regelmaͤsigkeit und Schoͤnheit, diesen Sinn fuͤr
Anstand und Ordnung vergeblich empfangen?
Darfst du eine, urspruͤnglich in dir befindliche
Anlage ungenutzt lassen, ein dir anvertrauetes
Pfund vergraben und trotzig das dargebotene
Sessere hinweg weisen? Fuͤr jede Vernachlaͤssi⸗
ung und Versaͤumniß bist du dem Geber eben
gut verantwortlich, als dir selbst und deinen
Mitmenschen
Du sollst aber auch in dem dir angewiesenen
Kreife darum das Land verschoͤnern, damit du
Schaden und Nachtheil nach Kraͤften abwendest
und froben Lebensgenuß, Wohlstand und Anmuth
auf Erden befoͤrderst. Wie viel weniger Ver⸗
brecher wuͤrde es geben, wenn die Jugend nichts
aAls Beispiele von Ordnung, Reinlichkeit und
Ebenmaͤsigkeit vor Augen haͤtte! Sie gewoͤhnte
sich dann an Nuͤchternheit, an Maas und Ziel
n allen Dingen, und wuͤrde sich weit seltener
Ausschweifungen uͤberlassen, weil diese die Ein⸗
tracht des Koͤrpers und Gemuͤthes sidren, und
weil das sie begleitende sittlich Haͤßliche dem,
von Kindheit auf in das Innerste aufgenomme⸗
nen, Gefuͤhl fuͤr Zucht und Regel widerspricht.
Besetzt aber auch, die Gewohnheit stumpfte dieses
Gefuͤhl, woran jedoch, wenn sich zweckmaͤsiger
Unterricht zum Anblicke des Schoͤnen und Rich⸗
tigen gesellt, zu zweifeln ist; ganz untergehen
koönnte es doch nicht, wenn es einmal vorhanden
und geweckt waͤre, und der Schaͤndliche staͤnde,
wenn er es rebellischer Weise ertoͤdtet haͤtte, dop⸗
pelt schaͤndlich da. —
Doch nicht blos fuͤr die Menschen, auch fuͤr
das Vieh ist zu sorgen. Sind die Thiere nicht
auch Gottes Geschoͤpfe, und habt ihr die, welchen
ihr als Hausthieren ein Anrecht auf milde Be⸗
handlung gegeben, und welche ihr unter euern
besondern Schutz genommen, nicht auch zu beden⸗
sen? Der Meunsfch soll kein Thierquaͤler seyn,
—X
dern, und wie er zur Veredlung seiner selbst und
der ihn umgebenden Natur berufen ist, auch die
Thiere veredeln und jede Gattung derselben so
sehr zu vervolllommnen suchen, als Land und
Himmielsstrich es gestatten. Verschoͤnert euer Land
zuch durch gute Strasen; baut tuͤchtige, warme,
reinliche Staͤlle; strengt die Zug- und Lastthiere
nicht zur Ungebuͤhr an, und ihr habt einer Pflicht
Benuͤge gethan, welche nur der rohe und, gefuͤhl⸗
sose Mensch verkennen kann. — Und haͤttet ibr
denn gar keine Freude, wenn es euch und euern
Nitmenschen wohlging, und es immer besser und
esser in der Welt wuͤrde? Wollte der niedrig
Bestellte aus Neid, Eifer- und Scheelsucht, und
der Hoͤhere aus Hochmuth und Abgunst seinen
Beitrag zum Gemeinwohl vorenthalten, und
nicht vielmehr Gott danken, daß auch er, der
Einzelne, sein Scherflein steuern und so sich des
Vorzuges, Mensch geworden zu seyn, wuͤrdi
deweisen kann? Schon vor Jahrtausenden —
ein ebler Volkslehrer: „haben wir nicht Alle
Einen Vater, hat uns nicht Ein Gott geschaffen?“
Noch zur heutigen Stunde betrachten aber Viele
das Menschengeschlecht nicht als eine große Ge⸗
ammtfamilie, in welcher Eins das Andere heben,
ragen, unterstuͤtzen, freundlich und bruͤderlich
hbehandeln und wechselseitig veredein soll, sondern
meinen, es moͤchte zwar ganz gut seyn, wenn es
so waͤre, nie aber werde es dahin kommen und
ihnen wenigftens moͤge niemand zumuthen, den
Anfana zus machen. Wer hierzu weder Lust
noch Willen hat, fuͤr den ist freilich alles bisher
Zefagte vergeblich. Um kein Haar aber kluͤger