Das Land zu verschoͤnern ist des Menschen Pflicht.
Wohl ist es lieblich und erfreuet das Herz,
wenn das vornehmste Geschoͤpf der Erde, der
Mensch, nicht in Hoͤhlen und elenden Huͤtten
wohnt, sondern in gesunden, hellen, freundlichen
und dauerhaften Gebaͤuden. Und sind die Umge⸗
bungen dieser Wohnungen in Staͤdten und Doͤr—
fern gleich anmuthig; werden die Haͤuser von
klug angelegten Gaͤrten umkraͤnzt; ruht das Auge
mit Wohlgefallen auf der ganzen Landschaft;
zieren Reinlichkeit und Ordnung die ganze Mar⸗
kung: wem schluͤge das Herz nicht hoͤher bei einem
solchen Anblick! Gewiß; das Herz des Menschen
von Gefuͤhl, das von dem Gedanken an Men—
schengluͤck und von Liebe und Achtung gegen sein
Geschlecht erfuͤllte Herz wird sonderbaͤr bewegt
und wehmuͤthig gestimmt, wenn es zerruͤttete
Wohnungen, zerlumpte und verschmutzte Haus⸗
genossen, jaͤmmerliche Wege und Umzaͤunungen,
schlecht gehaltene und unbestellte Fluren trifft
und jeder Edlere wird von dem Wunsche beseelt,
die armen, unverstaͤndigen und unkundigen Ge—
schlechtsverwandten moͤchten bequemer, sicherer,
anstaͤndiger wohnen, innerhalb ihres Bezirks sich
wohler fuͤhlen und sich des Lebens besser freuen
koͤnnen. Der Mensch soll nichts, was keinem
Geschlechte nutzt und froͤmmt, dem Umgefaͤhr in
die Haͤnde legen, sondern uͤber Alles, was ihm
des Strebens wuͤrdig erscheint, nachdenken und
die Gruͤnde, es zu verwirklichen, sich und Andern
klar und deutlich machen. Der Gruͤnde, Haus,
Hof und Land zu verschoͤnern, giebts mancherlei;
vornehmlich aber sind es folgende:
„Gott hat den Menschen gesetzt uͤber das
Werk seiner Haͤnde; Alles hat er unter seine
Fuͤße gethan.“
So spricht die Schrift, so die Vernunft, so
die Anschauung der ganzen herrlichen Schoͤpfung.
Und zwar ist uͤber Gottes Werk der Mensch gesetzt
als Huͤter, Pfleger und Ordner. Die Herrschaft
uͤber die Natur haben nun die Menschen wobl
zekannt und geuͤbt, aber nicht immer auf die
rechte Weise. Und wenn sie nicht selten mit
erstaunenswuͤrdiger Kuͤhnheit das Meer baͤndigten
und beherrschten, undurchdringliche Waͤlder lich⸗
keten und zu bewohnbaren Sitzen umschufen,
wilde Thiere vertilgten, oder ihre Zahl doch
minderten und dieselben sich unschaͤdlich machten,
oder Steppen und sumpfige Laͤnderstrecken in
fruchtreiche und anmuthige Fluren verwandelten;
o haben sie doch in wohlgelegenen und mehrfachen
Nutzen versprechenden Gegeuden noch viel zu thun
üͤbrig gelassen, theils aber auch fuͤr ihre Wohn—
plaͤtze selbst weniger geleistet, als sie gekonnt und
gesollt haͤtten. Bequem ist gewoͤhnlich der Mensch.
Hat er sein taͤgliches Brod, sein nothduͤrftiges
Obdach, seine leidliche Bedeckung, so kuͤmmert
er sich selten um das Nuͤtzliche, das Angenehme
und Schoͤne; er verschmaͤht es nicht selten, wenn
es ihm auch dargeboten wird. Der Sohn bleibt
bei dem vom Vater Ueberkommenen und haͤufig
vererbt sich das Ungereimteste, Zweckwidrigste
und Zweckloseste auf ganze Geschlechter.
Ist dies des vernuͤnftigen Menschen-wuͤrdig?
Spricht Gottes Stimme in deiner Brust etwa:
hier mein Sohn ist deiner Vorfahren Eigen⸗
hum; bewirthschafte es genau, wie dein Vater
und Großvater; ruͤcke keinen Stein anders; laß
nicht mehr Licht durch deine runden und blindb
zewordenen Scheiben, als jene zu brauchen glaub⸗
en; den Unrath und Duͤnger, der dir die Luft
perpestet und dich noͤthigt, auf Stelzen uͤber den
Hof und die Strase zu gehen, betrachte als ein
rhrwuͤrdiges Vermaͤchtniß; den schlecht gehaltenen
Barten umzaͤune weder, noch pflanze in richtiger
ind dem Auge gefaͤlliger Ordnung bessere Ooͤst⸗
sorten; den Bach durch's Dorf laß laufen, wohin
er Lust hat; das Vieh laß im Hofe und in den
Staͤllen ungereinigt im Kothe steben, und kommt
einmal Jemand, der kluͤger feyn will und von
Verbesserung der Landwirthschaft redet, oder gar
nit Anschlaͤgen zur Verschoͤnerung deines Besitz⸗
hums, oder deiner Ortschaft hervortritt; so weis
hn mit den Worten zuruͤck: das ist lange so
gewesen und beim Alten soll es bleiben!““
Spricht Gottes Stimme also? Nicht doch!
Sie laͤßt sich vielmehr folgendergestalt in dir ver—
nehmen: „Die Erde ist des Herrn. Der
Menschaber ward uͤber sie gesetzt, da—
mit er sie, wenn auch im Schweiße des
Angesichts, bebaue und einen Goͤttes
zarten aus ihr mache, auf daß alle
Welt sich des Herrn freue und ihn mit
bief empfundenem Danke preise.“
Nicht blos essen und trinken soll der Mensch das
ohne sein Zuthun Vorhandene; nicht blos seine
Natur-Beduͤrfnisse stumpfsinnig und thieraͤhnlich
befriedigen, und um alles Uebrige sich unbekuͤm⸗
nert lassen, sondern das ihm Anvertraute treu
und verstaͤndig verwalten. So wie er dem thie⸗
rischen Zustande sich entrissen hat, und zu einer
gewissen Stufe menschlicher Bildung gelangt ist,
oll er auch auf dieser Stufe thun und wirken,
vas sein Bildungsstand mit sich bringt und erfor⸗
dert. Die ersten Menschen bedeckten sich mit
Blaͤttern; die Wilden guͤrteten sich mit Thierfellen;
vir tragen Kleider. Vordem wohnten die Men—
chen in Hoͤhlen und schlechten Huͤtten; wir bauen
ins Haͤuser und bauen sie immer wohnlider.