Full text: Kurhessischer Kalender // Amtlicher Kalender für das Kurfürstenthum Hessen (1836-1845)

26 
dert Jahren beschaͤftigt') und bis zur Stunde darin 
sach⸗ und zeitgemaͤß fortgefahren. Von einer ver⸗ 
einten Thaͤtigkeit in Bezug auf Land- und Feld—⸗ 
wegebau, auf den Zustand der Straßen im Innern 
der Ortschaften sind die ruͤhmlichsten Zeugnisse vor⸗ 
handen, aber (wenn nur das „Aber“ nicht waͤre) 
es bleibt doch noch Manches, vielleicht in mancher 
Begend viel zu begehren uͤbrig. Das soll und kann 
daf wo es sich ergiebt, daß im Allgemeinen Preis⸗ 
wuͤrdiges geschehen ist und fortwaͤhrend geschieht, kein 
Vorwurf seyn, aber — ein Baustein soll es seyn 
in den Weg, der sich getroffen fuͤhlt; mithin 
eine gute und freundliche Gabe, die ich einer jungen, 
frischen und thaͤtigen Gegenwart zur Benutzung reiche 
und die immerhin so viel werth seyn wird, wie andere 
Bausteine zu anderen und entlegeneren Zwecken. 
Darum beschraͤnke ich mich auf die Herzaͤhlung der 
Vortheile, welche eine rege und nachhaltige Theil⸗ 
nahme an der hier zur Besprechung vorliegenden 
Sache gewaͤhrt und auf die Andeutung der 
Bruüͤnde, die zu einer solchen Theilnahme immer 
dringlicher auffordern, so wie der Mittel, die zur 
Ausfuͤhrung foͤrderlich beitragen werden. 
Ihr alle, meine Freunde! und namentlich ihr, 
denen der Beruf des Anbaues und der Foͤrderung 
der jaͤhrlich sich erneuernden Schaͤtze der Erde zu 
Theil wurde, ihr sollet und wollet gute Haushalter 
seyn, aber — wie ihr wißt — in einem guten Haus⸗ 
halt ist mit nichts haushaͤlterischer umzugehen, als 
mit der Zeit. 
Zu rechter Zeit auf und zu rechter Zeit 
don dem' Acker, so bei der Aussaat und bei der 
Bestellung wie bei der Erndte, das hilft und ist 
nachhaltig. Wohl koͤnnen dabei Hindernisse in den 
Weg treten, Hindernisse aus nicht zu entfernenden 
Dertlichkeiten oder aus zufaͤlligen Umstaͤnden, aber es 
giebt auch solche, deren Beseitigung in der eignen 
Kraft und Hand liegt und zu diesen zaͤhle ich 
schlechte Land und Feldwege. Verbessert 
und erhaltet sie in dem bessern Zustand; scheut 
nicht, da, wo sie namentlich zu entfernt liegenden 
Theilen der Gemarkung fuͤhren, im erforderlichen und 
chunlichen Falle (nach Umstaͤnden entweder einzeln 
oder gemeinsam) neue anzulegen und seyd üͤberzeugt, 
daß jeder Fuß, den ihr vielleicht dem Eigenthum 
auf solche Weise entziehen muͤßt, euch auf dem Acker 
selbst Schadloshaltung und reichen Ersatz gewaͤhrt. 
Zur Zeit der Bestellung werdet ihr euch und euer 
Vieh nicht abquaͤlen muͤssen; zur Zeit der Erndte 
werdet ihr vor vielen, dann so oft eintretenden, 
Zufaͤlligkeiten des Wetters weniger abhaͤngig seyn 
und den Vortheil guter Wege, den ich hier zu er st 
bezeichne, gewiß nicht verkennen. 
*) Grebenordnung vom 6. November 1739, Art. XI., g. b, uͤber 
die geeignete Unterhaltung der Feldwege. 
Damit laßt uns aber auch gleich den zweiten 
Vortheil in Betracht ziehen, naͤmlich den des erleich⸗ 
terten Verkehrs mit euren Nachbargemeinden, 
mit weiter entlegenen Orten und insbesondere mit sol⸗ 
chen, zu denen ihr eure Produkte oder das euch Entbehr⸗ 
tiche hinfüͤhren muͤßt. Es giebt eine nicht unbedeu⸗ 
ende Zahl von Ortschaften, die entweder an den 
Haupt⸗ oder an den Zweigstraßen des Landes theils 
anmittelbar, theils in groͤßter Naͤhe liegen; indessen 
wvie viele befinden sich wicht in einer so bevor⸗ 
zugten Lage! — Und dennoch haben auch diese 
dethzteren in der Regel und wohl der Mehrzahl nach 
die Mittel zur Hand, jener beguͤnstigten Oertlichkeit 
sich wenigstens anzunaͤhern. Bringt euch uͤberall, 
wo es nur einigermaaßen ausfuͤhrbar ist, in Ver⸗ 
hindung mit jenen Straßen oder mit den betreffenden 
Absatzorten, auf guten und stets gut erhalte— 
nen Wegen, indem sich dazu auf den kuͤrze— 
tden Strecken die betreffenden Gemeinden 
einander die Hand bieten. Euer Absatz wuͤrde 
vermehrt, euer Gewinn vergroͤßert, denn der durch 
zute Wege befoͤrderte Verkehr mit Feld- und Garten⸗ 
brodukten, mit Erzeugnissen des Viehstandes, mil 
Holzzufuhr, mit den Fabrikaten der Landwirthschafl 
zus groͤßeren Oekonomien u. s. w. hat neben den 
anderen Vortheilen — Zeitersparniß (richtiges 
ind zeitiges Eintreffen am Bestimmungs-, beziehungs⸗ 
veise auch wieder am Heimathsorte) zur sichern und 
iohnenden Folge. Und wenn die guten Nachbarwege 
drittens in den Zeiten der Noth, bei Brand 
und anderem Ungluͤck schnelle Huͤlfe zufuͤhren; 
vaͤhrend es wohl schon mehr als einmal vorge⸗ 
ommen ist, daß man die Noth des Nachbarn sieht 
und aus dem Grund der grundlosen Wege im Bei— 
tand stecken bleiben muß, sollte man da nicht in 
enen auch einen nahmhaften Vortheil erkennen wollen! 
Oder sollte es 
viertens keinen Vortheil bringen und euch selbst 
zugleich eine gewisse Ruhe und Befriedigung, wenn ihr 
wißt, daß eure Kinder, die vielleicht zu einer 
entfernt liegenden Schule taͤglich wandern 
muͤssen, auf gutem und gefahrlosem Wege zu 
dem Orte, wo sie ihre erste Bildung empfangen 
muͤssen, schreiten. Sollte es 
fuͤnftens kein Vortheil seyn, wenn ihr hiert 
und da umd zu gewiffen Zeiten nicht mehr durch 
die schlechten Wege abgehalten werdet, eine 
entfernte oderin einem andern Orte lie— 
gende Kirche, zu der ihr gehoͤrt, besuchen 
zu koͤnnen! 
Ihr seht, meine Freunde! wie groß und mannich⸗ 
fach die Zahl der Interessen ist, die zu eurem koͤrper— 
ichen, aber auch felbst zu eurem geistigen Wohlen 
der Anlage guter Nachbarwege enthalten sind; indessen 
habe ich“ bei den bisher aͤngefuͤhrten zunaͤchst den 
Sewinn einer Zeiterfparniß im Auge gehabt.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.