Full text: Kurhessischer Kalender // Amtlicher Kalender für das Kurfürstenthum Hessen (1836-1845)

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Toͤchter, deren eine er dem Bruder des Arminius, 
die andere, Namens Rhamis, dem Sesithacus, 
einem Sohne des Segim ers, zur Ehe gab; ohne Zwei⸗ 
fel um dadurch —* fernere Freundschaft zwischen 
den beiden Voͤlkern zu befestigen. Anfangs waren 
aatuͤrlich alle Parteien nur von Haß gegen die Roͤmer 
beseelt, und zunaͤchst wurden alle roͤmischen Festungen 
auf dem rechten Rheinufer, auch die auf dem Taunus, 
dem Erdboden gleich gemacht. Aliso hielt sich am 
laͤngsten, da aber die Roͤmer der Besatzung nicht zu 
Huͤlfe kamen, so rettete sich diese endlich durch naͤchtliche 
Flucht. Ueber den Rhein gingen die Deutschen jedoch 
nicht, und deshalb wuchs den Roͤmern, die schon geglaubt 
hatten, die Deutschen wuͤrden naͤchstens mit den Gal⸗ 
liern vereint an den Thoren von Rom stehen, gar 
»ald wieder der Muth. Tiberius war auf die erste 
Kunde von der erlittenen Niederlage herbeigeeilt, hatte 
die Festungen am Rheine besetzt, und wagte schon im 
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rechten Ufer des Niederrheins zu unternehmen, indem 
er zugleich einen Grenzwall dort anlegte, um die 
Deuͤtschen in jener ebenen Gegend wo moͤglich ganz 
vom Flusse zu entfernen. Der junge Germanicus, 
ein Sohn des Drusus, hatte ihn auf diesem seinem 
neunten und letzten Zuge in Deutschland begleitet. 
Ihm uͤberließ er nun, als er im Jahre 12 nach Italien 
zuruͤckkehrte, den Oberbefehl. 
Germanicus hoffte nichts Geringeres, als die 
Eroberunngen seines Vaters zu erneuern. Der bejahrte 
Augustus schien aber wenig geneigt, waͤhrend seinen 
Lebzeiten einen solchen Versuch nochmals machen zu 
lassen; doch kaum war derselbe im Jahr 14 gestorben, 
als der Krieg auch schon wieder begann, und der neue 
Kaiser Tiberius ließ es geschehen, weil er das zu 
Unruhen geneigte Heer nicht besser zu beschaͤftigen 
wußte. Noch in demselben Jahre uͤberfiel Germanicus 
die Marsen, ein Volk am noͤrdlichen Ufer der Lippe, 
das an keinen Krieg mit den Roͤmern dachte, und 
berheerte ihr Land auf das grausamste. Auch fuͤr 
das folgende Jahr sollte der Hauptschlag gegen Nord⸗ 
deutschland gerichtet werden; zuvor aber wollte er den 
Oberrhein vor den Chatten sicher stellen. Er ging 
deßhalb im ersten Fruͤhjahr mit 80,000 Mann bei 
Mainz uͤber den Rhein, bauete die von seinem Vater 
auf dem Taunus errichteten Befestigungswerke wieder 
auf, und machte mit den leichten Truppen seines Heeres 
einen Streifzug ins Innere des Landes, wo man 
zbenfalls auf nichts weniger, als auf einen Ueberfall der 
Roͤmer vorbereitet war. Deßhalb drang Germanicus, 
ohne Widerstand raubend und pluͤndernd bis zur Edder 
oor. Dort suchten ihm die chattischen Krieger den 
Uebergang streitig zu machen; jedoch vergeblich! Unter 
dem Schuͤtze ihrer Wurfmaschinen und ihrer vorzuͤg⸗ 
ichen Bogenschuͤtzen schlugen die Roͤmer eine Bruͤcke, 
und nun Lrettete sich die ganze Bevoͤlkerung in die 
benachbarten Berge. Die Roͤmer aber verbrannten 
alle Doͤrfer und Hoͤfe, namentlich Mattium, was 
sie als den Hauptort der Chatten bezeichnen, und 
vorunter man entweder Maden oder Meetze bei 
Budensberg zu verstehen hat. Aus Vorsicht hatte er 
einen Theil des Heeres zur Deckung des Ruͤckzuges 
zuruͤckgelassen, indessen blieb das Wetter ungewoͤhnlich 
zuͤnstig, die Wege waren trocken, und die Feinde so 
hbestuͤrzt, daß er ganz unangefochten wieder am Rhein 
anlangte. 
Waͤhrend der Zeit hatte sein Unterfeldherr Caͤcina 
nit 26,000 Mann die Cherus ker beschaͤftigen muͤssen, 
damit diese nicht etwa den Chatten zu Huͤlfe kommen 
noͤchten, was ihm auch gelang. Weit wichtiger aber 
var fuͤr Germanicus, daß die dem Arminius feind— 
iche Partei der Cherusker in Folge dieses Zuges wie— 
der voͤlliges Vertrauen zu der Macht der Roͤmer faßte, 
ind sich ihm ganz in die Arme warf. Die schon 
oben erwaͤhnte Eifersucht des Segestes gegen Ar— 
minius hatte naͤmlich dadurch neue Nahrung bekom—⸗ 
nen, daß dieser des Segestes Tochter, Thu snelda, 
entfuͤhrt und gegen den Willen des Vaters geheu— 
rathet hatte. Wegen dieses Gewaltschrittes war es bereits 
ur offenen Fehde zwischen den beiden Fuͤrsten gekom⸗ 
nen, und eben jetzt hatte Segestes zwar seine Tochter 
hrem Manne wieder entrissen, ward aber von dessen 
Anhang in seiner Burg *) belagert und so bedraͤngt, 
»aß er den Germanicus durch eine Gesandtschaft um 
Huͤlfe bitten ließ. Gern erfuͤllte dieser seine Bitte; er 
jog selbst mit dem Heere nach dem bezeichneten Orte, 
ind fand bei dem Segestes nicht nur dessen Tochter 
Thusnelda ' (die es uͤbrigens mehr mit ihrem Manne 
zielt, als mit ihrem Vater), sondern auch die chat—⸗ 
iische Fuͤrstentochter Rhamis, deren Gemahl Sesi⸗ 
hacus sich mit seinem Vater Segimer nach einiger 
zeit den Roͤmern nun auch wieder ergab. Selbst Fla⸗ 
dius, des Arminius eigener Bruder, trat zu Ger⸗ 
nanicus uͤber, und dadurch scheint dann auch dessen 
Schwiegervater, der chattische Fuͤrst Akrumer, gegen 
Hermann eingenommen worden zu seyn, wenigstens 
var es ein Chattenfuͤrst, Namens Gandestrius— 
zielleicht ein Sohn des Akrumers, welcher vier Jahre 
paͤter von dem Kaiser Tiberius Gift verlangte, um 
amit Hermann, den die Roͤmer selbst den Befreiet 
Deutschlands nannten, heimlich aus dem Weget 
zu raͤumen. 
Germanicus zog noch in demselben Jahre mit ser 
nem ganzen Heere gegen Hermann, dem nicht nur die 
Nasse des cherukischen Volkes treu geblieben, sondern 
zuch von allen Nachbarvoͤlkern Huͤlfe zugeschickt war. 
Die Roͤmer konnten auch keinen Vortheil uͤber ihn 
erlangen. Nicht weit von dem Schlachtfelde des Varus. 
wo Germanicus erst den noch unbegrabenen Gebeinen 
Da außerdem nie von einer Burg bei den alten Deut 
schen die Rede ist, so waͤre es auch moͤglich; daß er sich 
mit den Seinen in das von den Roͤmern verlassene Kastel 
Aliso haͤtte gefluͤchtet gehabt. Wir finden wenigstens die 
Roͤmer nachher wieder im Besitz dieser Festung, ohne das 
sie etwas von der Wiedereroberung derselben erzaͤhlen.
	        
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