Full text: Kurhessischer Kalender // Amtlicher Kalender für das Kurfürstenthum Hessen (1836-1845)

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uch die Chatten neue Nachbarn nach dem Mam hin. 
Naͤnlich Domitius, der roͤmische Befehlshaber an der 
Donau, wies gerade in dem Jahr, wo Christus ge⸗ 
hren wurde, diesen Landstrich einem Stamme der 
ermunduren an, welcher aus seinen urspruͤng— 
ichen Sitzen, jenseits der Elbe, vertrieben worden war. 
diese hieiten es seitdem immer mit den Roͤmern und 
ahien spaͤter den Chatten eine empfindliche Nieder⸗ 
age bei. 
Eine Streitigkeit der Cherusker mit demselben 
Domitius, der'in diesem Jahre auch am Rhein erschien, 
im eine Anzahl verbannter Cherusker wieder in ihre 
Heimath zuruͤckzufuͤhren, war wie es scheint die Ver⸗ 
mlassung, daß Tiberius nachmals den Oberbefehl am 
Rhein erhielt und in wiederholten Feldzuͤgen alle nord⸗ 
Jeutschen Voͤlkerschaften unterwarf. Der roͤmische 
Anterfeldherr Sentius TAF wahrschein⸗ 
ich von Mainz aus, die Chatten bedrohen, damit 
ie nicht etwa den Cheruskern beistehen moͤchten, und 
er hat unstreitig wiederholte Einfaͤlle in das Land ge⸗ 
nacht, von denen wir jedoch nichts wissen, als daß 
hm nach beendigtem Kriege solche Ehrenbezeugungen 
uerkannt wurden, die eigentlich nur dem Besieger 
ines Volkes zukamen; auch fuͤhrte er kurz darauf, als 
Liberius den Marbod in Boͤhmen angreifen woöllte, 
die roͤmischen Huͤlfstruppen vom Rhein aus ganz ruhig 
urch Hessen, wahrscheinlich zwischen der Rhoͤn und 
em Thuͤringerwald durchs Werrathal hinauf — ein 
Beweis, daß er die Chatten nicht mehr fuͤrchtete und 
m Lande selbst gut Bescheid wußte. 
Auf diese Weise war Alles vorbereitet, um ganz 
Deutschland, wenigstens bis zur Elbe, bei der ersten 
Selegenheit, eben so wie Gallien, zu einer roͤmischen 
Hrovinz zu machen. Am weitesten war es in dieser 
Beziehuͤng mit den Cheruskern gekommen. In ihrer 
Nachbarschaft, an den Quellen der Lippe, haͤtten die 
Roͤmer ein befestigtes Winterlager aufgeschlagen und 
is zur Weser hin finden wir bald darauf roͤmische 
Beamten und roͤmische Gerichte. Auch hatten sich die 
deiden Fuͤrstenfamilien, welche bei den Cheruskern 
amals vorzugsweise die Herrschaft fuͤhrten, ganz an 
die Roͤmer angeschlossen: die beiden Bruͤder Arminius 
und Flaviu's, die zu der einen gehoͤrten, nahmen 
driegẽdienste, und Segestes, welcher nebst seinem 
Bruder Segimer das Haupt der andern war, ließ 
inen Sohn Segismund sogar in Coͤln zum roͤmischen 
hriester weihen.“ So lange nun die Roͤmer nur billige 
Anforderungen machten, ließen sich die Deutschen deren 
Oberherrschaft gefallen; als aber Varus, ein harter 
und durch seine Habsucht verrufener Mann, zum Ober⸗ 
befehlshaber in Deutschland ernannt worden war, 
nahm die Sache eine andere Wendung. J 
Varus erlaubte sich nicht nur jede Art von Er— 
hressungen, sondern er behandelte auch die Deutschen 
uf die empoͤrendste Weise, indem er ihnen ihre 
nen Gerichte nahm und sie vor seinen Richterstuhl 
ud, wo die Sachen lateinik verhandelt und mische 
Strafen, namentlich oft Ruthenstreiche und Todes⸗ 
trafe erkann wuͤrden, wenn nach deutschem Recht nur 
eine Geldbuse verwirkt war. Solche Demuͤthigungen 
erweckten von Neuem die Sehnsucht nach Freiheit, und 
Pornten zur Rache. Darin schienen alle Voͤlker einig, aber 
die Macht der Roͤmer war zu groß, und die Deutschen 
hatten auch dan gis kein gemeinschaftliches Oberhaupt. 
Da stellte sich der sieben- und zwanzigjaͤhrige Cherus⸗ 
berfuͤst Arminius oder Hermann an die Spitze 
des Unternehmens, unterhandelte heimlich mit den Vor⸗ 
nehmsten der benachbarten Voͤlkerschaften, und als im 
Jahre 9n. Chr. Alle zum Losschlagen bereit waren, 
ockten sie den Varus mit drei seiner Legionen in eben 
die Engpaͤsse zwischen der Weser und dem Teutoburger 
Wald, wo fruͤher Drusus mit seinem Heer beinahe den 
Antergang gefunden haͤtte. Die Roͤmer waren gewarnt, 
und zwar von Segestes, dem andern Cherusker⸗ 
ürsten, welcher auf Hermann's Ansehn bei dem Volke 
eifersuchtig war. Grade deshalb mochte ihm aber 
auch wohl Varus keinen Glauben schenken; er zog 
wenigstens sorglos weiter und merkte die Hinterlist 
azicht eher, als bis die Feinde von allen Seiten auf ihn 
eindrangen. Die Roͤmer vertheidigten sich tapfer, 
drei Tage lang suchten sie unter fortwaͤhrenden Kaͤm⸗ 
pfen die Festung Aliso an der Lippe zu erreichen, aber 
der Regen fiel in Stroͤmen, die Wege wurden grund⸗ 
los, und da ihnen die Feinde weder Tag noch Nacht 
Ruhe ließen, so war die Anstrengung so erschoͤpfend, 
daß endlich auch den Tapfersten zuͤgleich mit den Kraͤf⸗ 
ten aller Muth und alle Hoffnung entsank. Varus 
tuͤrzte sich in sein eignes Schwert, um nicht lebendig 
in die Haͤnde der erbitterten Feinde zu fallen; viele 
folgten seinem Beispiel, andere warfen die Waffen 
weg und ergaben sich der Willkuͤhr des Siegers, nur 
wenige suchten ihr Heil in der Flucht, denn alle Aus⸗ 
gange war besetzt. Dennoch entkamen einige nach 
Aliso, und deßwegen vermuthet man mit Recht, daß 
das Schlachtfeld nicht weit von den Quellen der Lippe 
zu suchen ist. Nun uͤbten die Deutschen schwere 
Rache an ihren Draͤngern, doch schenkten sie auch vie⸗ 
en das Leben, denn nach vierzig Jahren fanden die 
Roͤmer noch bei den Chatten Gefangene aus der Varus⸗ 
chlacht, und gar mancher vornehme Roͤmer mag wohl 
sein Leben als chattischer Schweinehirt haben beschließen 
muͤssen. Aus diesem Umstand, sowie daraus, daß 
wir von nun an die chattischen Fuͤrstenfamilien mit 
den cheruskischen in naher Verbindung sehen, geht 
dann auch mit ziemlicher Gewißheit hervor, daß unsere 
Vorfahren ebenfalls an diesem Siege Theil genommen 
haben, wiewohl die Roͤmer die Namen der einzelnen 
Voͤlkerschaften in ihrem Berichte nicht nennen. 
Bei den Chatten finden wir naͤmlich um diese Zeit, 
wie bei den Cheruskern, zwei Fuͤrstenfamilien erwaͤhnt, 
von denen die eine, die des Arpus, mit den Roͤmern 
in Feindschaft, und die andere, die des Acrumer 
oder Catumer, mit denselben in gutem Vernehmen 
gestanden zu haben scheint. Dieser letztere hatte zwei
	        
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