Full text: Kurhessischer Kalender // Amtlicher Kalender für das Kurfürstenthum Hessen (1836-1845)

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er den Drusus mit einem Heer uͤber die Tyroler Alpen, 
ind den Tiberius mit einem andern vom Rhein her 
ns Land schickte, so daß die Einwohner, von zwei 
Zeiten angegriffen, ungegchtet ihres heldenmuͤthigsten 
Viderstandes gaͤnzlich besiegt wurden. Was von der 
reitbaren Mannfschaft nicht im Krieg umgekommen 
dar, wurde nach der Roͤmer Gewoͤhnheit in die 
Zclaverei gefuͤhrt, und nur so viele Einwohner im 
lande gelaffen, als noͤthig waren, um dasselbe zu bauen. 
Darauf suchte er das linke Rheinufer vor ferneren 
kinfaͤllen der Deutschen moͤglichst sicher zu stellen. Er 
heilte es zu diesem Zweck in zwei Provinzen, Ob er⸗ 
dermanien mit der Hauptstadt Mainz, welche 
ztadt wohl hauptsaͤchlich die Chatten im Zaum 
alten sollte, und Niedergermanien mit der 
»auptstadt Coͤln, jede dieser Provinzen ward, von 
ier roͤmischen Regimentern) besetzt, welche laͤngst 
em Rhein in mehrere befestigte Standquartiere ver⸗ 
heilt wurden, und den angesehensten Rheinstaͤdten 
dre Entstehung gaben. 
Den welteren Plan des Feldzuges gegen Deutsch⸗ 
ind mag Augustus wohl auch noch entworfen 
aben, denn er dlieb waͤhrend der Vorbereitungen in 
em benachbarten Gallien, die Ausfuͤhrung selbst 
berließ er jedoch seinem Sohne Drusus, einem von 
er Armee fast angebeteten jungen Helden, der vor Be⸗ 
sierde brannte, Deutschland ebenso zu unterjochen, 
vie Julius Taͤsar zwanzig Jahr fruͤher ganz Gallien 
interworfen hatte. 
Die naͤchsten Feinde waͤren eigentlich die Chatten 
zewesen, Drusus zog indessen vor, mit. ihnen in 
utem Vernehmen zu bleiben, bis er erst ihre Nach⸗ 
arn, die Sigambern und die uͤbrigen bis zur See 
oohnenden deutschen Voͤlkerschaften wuͤrde besiegt haben. 
fr ließ sie deßhalb ruhig in dem Besitz des den 
biern abgenommenen Landstriches, und sie waren 
oͤricht genug, jene, gegen welche Drusus im Jahr 12 
. Chr. Feinen ersten Angriff richtete, im Stiche zu 
issen. Die Sigambern, um sich dafuͤr zu raͤchen, 
berfielen nun im folgenden Jahre die Chatten in 
sxem eignen Lande, und waͤhrend so die Deutschen 
ich untereinander bekriegten, erschien Drusus, der 
nit seinem Heer an der Muͤndung der Lippe gestanden 
atte, ploͤtzüch im Lande der Sigambern durchzog 
asselbe, weil die gesammte streitbare Mannschaft 
usgezogen war, ohne Widerstand und gelangte, 
vahrscheinlich langst der Diemel herabmarschirend, 
in die Weser, ins Land der Cherusker. Nun erst 
nerkten die verschiedenen deutschen Voͤlkerschaften, 
aß sie alle in gleicher Gefahr seien, und vereinigten 
ich rasch gegen den gemeinschaftlichen Feind. Drusus 
atte naͤmuch kaum das Siegeszeichen errichtet, womit 
er den Ort verherrlichen wollte, an welchem er zuerst 
die Weser erreicht haite, als die Cherusker und die 
Diese hiesen Legio 4000 Mann 
ä— —8 . Nnd jede bestand aus M 
Sigambern, denen sich nun auch die Chatten 
angeschlossen hatten, gegen ihn heranruͤckten und ihn 
noͤthigten, sich durch den Teutoburger Wald 
in die Lippe zuruͤckzuziehen, wo ein den Roͤmern 
chon befreundetes Volk, naͤmlich die Brukterer, 
vohnten. Um jedoch dahin zu gelangen, mußte er 
zurch Engpaͤsse ziehen, in welchen das ganze Heer 
n die groͤßte Gefahr gerieth. Die Roͤmer erzaͤhlen 
venigstens, det sie, von den drei feindlichen Schaa⸗ 
ren umringt, keinen Ausweg mehr gehabt haͤtten, 
und ihre Rettung nur der Ungedulo der Deutschen 
»erdankten. Diese hielten sich naͤmlich ihres Sieges 
o gewiß, daß sie sich schon im Voraus wegen Thei⸗ 
ung der Beute dahin verstaͤndigten, daß die Che— 
rusker die Pferde, die Chatten das Gold und 
Silber, und die Sigambern die Gefangenen erhalten 
sollten. Man muß aber bekanntlich den Wolf erst 
odtschlagen, bevor man ihm das Fell abziehen kann, 
und das gelang dießmal unsern Vorfahren nicht. 
Sie stuͤrzten zwar voll Muth, aber ohne alle Ordnung auf 
die Roͤmer ein, und wurden von diesen tapfern und 
an strenge Mannszucht gewohnten Schaaren so nach⸗ 
druͤcklich zuruͤckgeschlagen, daß sie ihnen nichts mehr 
anhaben konnten.*) Vielmehr setzten sich die Roͤmer 
ilsbald an der Lippe fest und bauten dort die Festung 
Aliso, welche in dieser Erzaͤhlung noch mehrmals 
zenannt werden wird. Aber auch im Lande der 
Thatten, die jetzt ebenfalls feindlich gegen die Roͤmer 
mifgetreten waren, ward noch in demselben Jahre ein 
Lastell erbaut, naͤmlich der Stadt Mainz gegenuͤber, 
dicht an dem Ufer des Rheins, und es traͤgt den 
—W 
gen Tag. 
Diese Maaßregel war uͤbrigens nur das Vorspiel 
zu einem groͤßeren Unternehmen, welches zunaͤchst die 
Thatten treffen und die roͤmischen Waffen bis zur 
Elbe fuͤhren sollte. Mit gewohnter Umsicht verwendete 
Drusus erst wieder ein ganzes Jahr auf die dazu 
erforderlichen Vorbereitungen. Unter andern errichtete 
er auf dem Taunus, der sogenannten Hoͤhe bei Hom⸗ 
»erg, welche die ganze Wetterau beherrscht, eine zweite 
Festung im Lande der Chatten und legte dadurch 
vahrscheinlich den Grund zu der großen roͤmischen 
randwehr, die sich von da aus auf der einen Seite 
»is an den Main bei Miltenberg, auf der andern 
»is an die Muͤndung der Lahn erstreckt, und noch 
etzt unter dem Namen Pohlgraben *) in der dortigen 
vegend allgemein bekannt ist. Solche Anstalten 
amen den Chatten, die sich in diesem Landstriche 
niedergelassen hatten und bisher von den Roͤmern 
zeineswegs beunruhigt worden waren, natuͤrlich sehr 
—V 
) Der Ort dieser Schlacht wird von den Roͤmern Arbalo 
genannt, doch kennt man ihn jetzt nicht mehr. 
**) D. h. Pfahlgraben, denn die Graben waren mit Pfaͤhlen 
— Pallisaden — besetzt.
	        
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