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Hessen in den ältesten Zeiten—
Wie sah es wohl in den aͤltesten Zeiten in unserem
Hessenlande aus? Wenn du, lieber Leser, dir wohl
nanchmal diese Frage aufgeworfen und dir eine moͤg⸗
ichst kurze und buͤndige Antwort darauf gewuͤnscht
ust, so soll dir dieser sehr billige Wunsch zuům neuen
Jahre in Erfuͤllung gehen; denn was man mit einiger
Sicherheit davon weiß, das steht in den nachfolgenden
Zeilen zu lesen.
Das Land an sich hat seit Menschengedenken
vohl keine sehr merkliche Veraͤnderung erlitten. Zwar
ehen wir aus den versteinerten Ueberresten von Fischen
ind andern Seethieren, welche sich noch jetzt auf unsern
hoͤchsten Bergen finden, daß auch diefes Land einst
janz unter Wasser gestanden hat, und untetirdisches
jeuer kann auch nicht gefehlt haben, denn woher kaͤmen
onst die vielen Kohlenlager, welche wir uͤberall unter
der Erde finden, und die vielen Basaltkuppen, die,
ius der Erde emporgetrieben, noch heutiges Tags wie
erkaltete Schluͤcken aussehen? Aber als die ersten
Nenschen ihren Fuß in diefe Gegenden setzten, da
varen jene hohen Gewaͤsser gewiß laͤngst verlaufen,
und das unterirdische Feuer wohl auch schon ganz er⸗
oschen, und was sich feitdem in dem Lande veraͤndert
hat, das ruͤhrt unstreitig groͤßtentheils von Menschen⸗
jaͤnden her.
Haͤtte nun einer unserer Vorfahren, gleichwie Moses
und Josua bei dem Einzug der Israeliten in das ge⸗
obte Land, Alles genau aufgeschrieben, was *
egeben haben mag, als das uͤrspruͤngliche Volk der
dessen fich an der Fulda, Edder und Lahn
uerst niedergelassen hat, dann wuͤrde diese Erzaͤhlung
ijel genauer und umstaͤndlicher ausfallen koͤnnen.
Schreiben konnten aber unsere Vorfahren damals wohl
och gar nicht, wenigstens haben sie die eigentliche
Schreibkunst erst viel spaͤter, bei der Bekehrung zum
hristenthum erlernt, und wenn sie auch, wie andere
iten Voiker, die Thaten ihrer Vorfahren in Liedern
esungen und so Jahrhunderte lang von Geschlecht zu
weschlecht aufbewahrt haben moͤgen, so sind doch auch
ie nicht bis zu uns geiangt, und deshalb wissen wir
n diesen alleraͤltesten Zeiten durchaus nichts
Zewif ses. Spaͤtere Schreiber haben zwar allerlei
Lermuthungen aufgestellt, auf welche Weise die Deut⸗
chen und namentlich die Hessen von Noah abstam⸗
nen, und wie sie nach vielen Wanderungen in ihre
egenwaͤrtigen Wohnsitze gelangt sein sollen. Wir
vollen uns indesfen mit bloßen Erdichtungen hier nicht
aeben; wer daran Vergnuͤgen findet, der mag diese
hrchen im sechsten Theil von Johann Just.
inkelmanns Hessifcher Chronik nachlesen,
vo ie ausfuͤhrlich erzaͤhlt sind.
„ie ersten und einigermaßen zuverlaͤssigen Nach⸗
ichten uͤber die Bewohner des gegenwaͤrtigen Hessen⸗
andes haben wir durch ihre Hauptfeinde, durch die
Roͤmer, erhalten, welche Deutschland gern erobern
vollten, und zur Zeit wo Christus geboren ward,
also vor 1842 Jahren, auch schon ziemlich festen Fuß
in dem Lande zwischen dem Rhein und der Elbe gefaßt
)atten. Etwa 58 Jahre vorher war der roͤmische
Feldherr Julius Caͤsar mit einem maͤchtigen Kriegs⸗
jeer uͤber die Alpen nach Frankreich gekommen, welches
»amals Gallien hieß, und hatte nach achtjaͤhrigen
daͤmpfen dieses Land voͤllig unterworfen. Dabei
and er dann auch Gelegenheit, den Rhein zu uͤber⸗
chreiten. Die eigentliche Veranlassung dazuͤ gaben
hm die damaligen Bewohner des Hessenlandes, von
den Roͤmern Chatten genannt, ein streitbares Volk,
velches zu der Zeit seine westlichen Nachbarn gar hart
yedraͤngte. Zwischen den Chatten und dem Rhein
aßen naͤmlich noch vier Voͤlkerschaften: die Ubier
»om Main bis zu der Muͤndung der Lahn und noch
aruͤber hinaus; von da die Sigambern bis zur
Sieg und zur Ruhr, und wahrscheinlich mehr land⸗
einwaͤrts, in der Naͤhe von beiden, die Usipier und
Tenkterer. Mit allen diesen standen die Chatten
n keinem guten Vernehmen, vielmehr hatten sie mit
andern Voͤlkerschaften, welche jenseits des Thuͤringer⸗
valds und um die Rhoͤn wohnten, einen Bund ge⸗
schlossen und fuͤhrten deshalb auch einen allgemeinen
Bundesnamen Sueven, unter welchem sie dem
Taͤsar als eine große Nation geschildert wurden, die
alljaͤhrlich mit 100,000 Mann in den Krieg ziehe.
Hestuͤtzt auf diese Macht breiteten sich die Chatten nun
mmer mehr nach dem Rhein hin aus. Fruͤher hatten
ie schon, in Folge von innern Streitigkeiten, einen
thattischen Volksstamm aus dem Lande getrieben,
der sich laͤngs dem Rheine hin durchschlug und in dem
damals noch unbewohnten Holland niederließ, wo
diese Chatten unter dem Namen Bataver ein be—
uͤhmtes Volk geworden sind. Dann hatten sie die
Usipier und Tenkterer sich erst zinsbar gemacht,
ind zuletzt ganz aus ihren Wohnsitzen verjagt, so daß
die ebenfalls mit Weibern und Kindern nach der
Niederrhein ziehen mußten. Diesen ging es aber nicht
o — wie den Batavern, denn als sie auf dem
inken Rheinufer angelangt waren, wurden sie von
Julius Caͤsar verraͤtherisch uͤberfallen und groͤßten⸗
heils niedergemacht. Nun schienen die Ubier an der
Reihe zu sein, wenigstens mußten sie dem suevischen
Bunde auch bereits einen jaͤhrlichen Zins zahlen, und
ielten sich selbst nicht mehr sicher in ihrem Lande.
Sie machten deshalb mit den Roͤmern ein Buͤndniß,
kellten diesen Geiseln als Unterpfand ihrer Treue, und
zaten den Caͤsar, er moͤge nur einmal mit seinem Heer
iber den Rhein kommen, damit die Sueven saͤhen,
»aß es den Roͤmern Ernst sei, ihre neuen Bundes⸗
enossen zu schuͤtzen. Sie boten ihm zu diesem Zwecke
—