Full text: Kurhessischer Kalender // Amtlicher Kalender für das Kurfürstenthum Hessen (1836-1845)

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nicht anfechten, wenn bei mancher Lehre der eine 
diese, der andere jene Erklaͤrung vorzieht. Das Reich 
hottes laͤuft darum keine Gefahr, feine Grundfeste 
vird durch keine Zweifel erschuͤttert, und in den 
auptlehren sind alle Christen einverstanden. Oder 
ennst Du etwa diese Hauptlehren nicht? So lies 
sen Ausspruch Jesu (Markus 12, 29-531): „das 
bornehmste Gebot vor allen Geboten ist das: Hoͤre, 
Israel, der Herr unser Gott ist ein einiger Gott; 
und du sollst Gott, deinen Herrn, lieben, von gan— 
zem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Ge⸗ 
muͤthe und von allen deinen Kraͤften. Daͤs ist das 
vornehmste Gebot. Und das andere ist ihm gleich, 
du sollst deinen Naͤchsten lieben als dich selbst. Es 
ist kein anderes groͤßeres Gebot, denn diese!“ So 
agte Christus, und wir sollten irgend einer anderen 
dehre den er sten Platz einraumen wollen? und 
der ist dieser Naͤchste? Etwa nur der, welcher von 
Deiner Kirchenlehre in keinem Jota abweicht? Die 
lare Antwort steht Lukas 10, 30237. Aber reicht 
»enn jenes erste und vornehmste Gebot auch aus, um 
ns der Seligkeit zu versichern? Petrus sagt (Apost. 
sesch. 10, 34, 35): „Nun erfahre ich mit der Wahr⸗ 
„heit, daß Gott die Person nicht ansieht, sondern in 
gllerlei Volk wer ihn fuͤrchtet und recht thut, der 
eist ihm angenehm.“ Und Jesus wird an jenem 
Lage, wo alle Boͤlker vor seinem Richterstuhle 
erscheinen, dieselben nicht nach ihrer kirchlichen Lehre, 
ind nach den Unterscheidungssaͤtzen ihrer Theologen 
zon einander scheiden, sondern darnach, ob sie das 
Hebot der Liebe gehalten haben (Matth. 25, 31 u. folg.), 
ind nur diesen gilt der Ausspruch: „Kommt her, 
„ihr Gesegneten meines Vaters, ererbet das Reich, 
„das euch bereitet ist von Aubeginn der Welt. Denn 
ch bin hungrig gewesen, und ihr habt mich gespeifet. 
Ich bin durstig gewesen, und ihr habt mich getraͤnkt. 
Ich bin ein Gast gewesen, und ihr habt mich beher— 
„berget. Ich bin nackend gewefen,“ und ihr habt 
„mich bekleidet. Ich bin krank gewesen, uͤnd' ihr 
„habt mich besuchet. Ich bin gefangen gewefen, und 
„ihr seyd zu mir gekommen.“ 
Woran soll man aber den wahren Christen erken— 
gen, wenn nicht an einer bestimmten Glaubensformel? 
Jesus giebt ein anderes Erkennungszeichen GJoh. 13, 
35 „dabei wird jedermann erkennen, daß ihr meine 
„Junger seyd, so ihr Liebe untereinander 
„habtz“ und er dringt keineswegs auf durchgaͤn⸗ 
gige Gleichfoͤrmigkeit (Markus 9, 38):, Johannes 
„syrach: Meister, wir sahen einen, der irieb Teufel 
„in deinem Namen aus, welcher uns nicht nach⸗ 
„folgte; und wir verboten es ihm, darum daß er 
„uns nicht nachfolgte. Jesus aber sprach: ihr sollt 
„es ihm nicht verbieten. Denn es ist Niemand, der 
„eine That thue in meinem Namen und moͤge bald 
„uͤbel von mir reden.“ 
Und wenn nun religioͤse Spaltungen entstehen und 
allerlei Namen aufkommen, mit denen die verschie— 
denen Parteien sich bezeichnen? Sollen wir da auch 
Partei nehmen, je nachdem die eine oder andere Un— 
terscheidungslehre uns mehr anspricht, und sollen wir 
unser Heil in dieser oder jener besondern Lehre suchen? 
Daruͤber belehrt uns der Apostel Paulus; denn fchon 
zu seiner Zeit sagte der eine: „Ich bin Paulisch; der 
„andere: ich bin Apollisch; der dritte: ich bin 
„Kephisch; der vierte: ich bin Christisch.“ Sein Aus— 
pruch lautet (1. Cor. 1, 10): „Ich ermahne euch 
„aber, liebe Bruͤder, durch den Namen unseres Herrn 
„Jesu Christi, daß ihr allzumal einerlei Rede fuͤhret 
„und lasset nicht Spaltungen, unter euch feyn, fon— 
„dern haltet fest aneinander in Einem Sinne und 
in einerlei Meinung!“ Was er aber unter diesem 
Einen, an dem wir festhalten sollen, versteht, das 
finden wir im dreizehnten Capitel desselben Briefes: 
„Wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen 
„redete, und haͤtte der Liebe nicht; so waͤre sch in 
„toͤnendes Erz oder eine klingende Schelle. Und 
wenn ich weissagen koͤnnte, und wuͤßte alle Geheim— 
„nisse, und alle Erkenntniß, und haͤtte allen Glauben, 
„also, daß ich Berge versetzte, und haͤtte der Liebe 
„nicht; so waͤre ich nichts...Fie Liebe hoͤret 
„nimmer auf, so doch die Weissagungen aufhoren 
„werden, und die Sprachen aufhoͤren werden, und 
„das Erkenntniß aufhoͤren wird. Denn unser Wissen 
„ist Stuͤckwerk und unser Weissagen ist Stuͤckwerk. 
„. Nun aber bleibet Glaube, Liebe, Hoff— 
„nung; aber die Liebe ist die groͤßeste unter ihnen.“ 
Seht, das ist die reine und lautere Lehre der Bibel, 
zaran haltet fest und thut darnach, dann wird der 
Friede Gottes Euer Erbtheil seyn und bleiben und 
der Segen Gottes uͤber Euch waͤlten in diesem Jaͤhre 
und in allen folgenden. Amen. 
Der kluge Schaͤferjunge. 
J ⸗ 
Vm siebenjaͤhrigen Kriege nahm ein russischer Soldat 
u Langenfuhr dei Danzig einen Hammel von der 
Weide weg. Der Junge, welcher denselben huͤtete, 
eat den Russen flehentlich, er moͤge ihm doch seinen 
Dammel nicht nehmen, und warf sich, da nichts 
helfen woute dem Soldaten zu Fuͤßen und umklam— 
merte dessen Kniee. Dieser aber stieß ihn von sich 
und trug seine Beute fort. Nun lief der Knabe klia— 
gend zu seinem Vater, und dieser beschwerte sich bei 
dem russischen Oberst, welcher strenge Bestrafung ver⸗ 
prach, sofern der Thaͤter zu ermitteln sey. Das 
Regiment ward versammelt, aber der Knabe, anffatt
	        
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