Full text: Kurhessischer Kalender // Amtlicher Kalender für das Kurfürstenthum Hessen (1836-1845)

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vandern mußte, waͤbrend all sein Hab' und Gut 
neistbietend verkauft wurde. Wie ihm dieser 
lufenthalt unter lauter Verbrechern behagte, 
ann sich jeder leicht denken; noch viel peinlicher 
var es ihm jedoch, als er nach seiner Entlas⸗ 
ung als ein Bettler in das Dorf zuruͤckkehrte, 
n welchem er einer der wohlhabendsten Bauecrn 
ewesen war, und sich sogar noch gluͤcklich schaͤtzen 
nußte, wenn Joͤrgen ihn als Tazloͤhner auf jenen 
icker schickte, den er ihm dama's auf der Ver⸗ 
eigerung nicht hatte wollen zukommen lassen! 
sber von Hans Schnaps, der sein Wesen 
zei den uͤbrigen Wirthshauskameraden nach wie 
vor trieb, konnte Kurt darum doch nicht lassen. 
And da er selbst nicht mehr ins Wirthshaus gehen 
onnte, weil er nichts mehr hatte, so nahm er 
s dankhar an, wenn ihm Hans von Zeit zu Zeit 
einen Brocken aus dem Wirthshause zuwarf. 
Auch in Deinem Dorfe, lieber Kalenderleser, 
reibt Hans Schnaps sein Unwesen, darum 
rimm Dich in Acht, daß es Dir richt gehe, wie 
em armen Kurt. Denn wenn das Branntewein— 
rinken so zunimmt, wie seit einigen Jahren, 
aun werden noch Tausende in unserm Vater⸗ 
ande durch den leidigen Schnaps an Leib und 
Seele zu Grunde gehen. Nicht die Steuern sind 
8, die das Land druͤcken, sondern der Branun— 
ewein; niqht die schlechten Erndten veranlas—⸗ 
en die Noth, sondern der Branntewein; 
richt Mangel an Verdienst ist es, der die Leute 
ur Verzweiflung, zur Auswanderuang und zum 
Selbstmoͤrd ireibt, sondern abermals der Braun— 
ewein. Und die Zeiten werden immer schlim— 
ner werden, ganze Ooͤrfer werden an den Bet⸗ 
elstab kommen, ganze Geschlechter werden stumpf⸗ 
innig werden und untecgeben, und den Nicht⸗ 
rinkern P'atz machen muͤssen, wenn dieser Pest, 
die in ihren Verheerungen viel verderblicher ist, 
us alle Cholera, nicht auf irgend eine Weise 
Einhalt geschehen kann. Glaude nicht, daß ich 
die Sache uͤbertreibe. Ich will Alles mit That⸗ 
achen belegen, von deren Wahrheit Du Dich 
selbst jeden Tag uͤberzeugen kannst. 
Ich habe erstens behauptet: die Branun— 
eveintrinker bringen sich uͤber 
turz oder lang nothw endig an 
den Bettelstab. 
Diefe Wahrheit will ich Each an der Haupt⸗ 
und Residenzstadt Casse! nachweisen, und ich 
fuͤrchte, daß 'an den meisten Orten eine aͤhnliche 
Berechnung ebenso trostlos ausfallen wird. In 
Lassel muß von jeder Ohm Branntewein, die 
darin getrunken wird, eine Abgabe von 
fuͤnf Thaͤlern gezahlt werden, und diese Steuer 
zringt jaͤhrlich uͤber fuͤnfundzwanzigtausend 
Thaler ein. Es werden demnach jaͤhrlich 9000 Ohm 
Branntewein in dieser einen Stadt verbraucht! 
Rechnen wir nun mit der Steuer 25 Thaler fuͤr 
die Ohm, so betraͤgt das im Jahr 125,000 Thle. 
der in den acht Jihren, seitdem die neue Ver⸗ 
assung besteht, Eine Million Thaler, welche 
inser Erzfeind, der Schnaps, hauptsaͤchlich der 
irmeren Klasse einer einzigen Stadt abgepreßt 
hat. Adle direkten Steuern der Stadt Casstel 
zetragen dagegen jaͤhrlich kaum 50,000 Thaler; 
nithin koͤnnte jeder Brannteweintrinker, mit dem, 
vas er in einem Jahre fuͤr Schnaps ausgiebt, 
zuf zwei und ein halbes Jahr seine Steuern 
hezahlen, wenn er es machen wollte, wie unsere 
Vorfahren, die den Schnaps noch gar nicht 
fannten. Dabei ist dann noch das Schlimmiste, 
daß der Verbrauch des Brannteweins mit jedem 
Jahr zunimmt, denn wer sich heute noch mit 
zinem“Scluck taͤglich begnuͤgt der nimmt im 
aͤchsten Jahre gewiß deren zwei, und so waͤchst 
dann auch die Noth mit jedem Jahre. Oder 
altst Duses fuͤr moͤglich, daß eine Stadt wie 
Zasfel alle paar Jahre eine Million Thaler ab⸗ 
seben koͤnnne, ohne daß Hunderte von Familien 
jn den Betteistab kommen? Leider müͤssen jetzt 
hon in Cassel alljaͤhrlich uͤber 25,000 Thaler 
in die Armen vertheilt werden, und doch reicht 
as kaum hin, um nur die Duͤrftigsten zu unter⸗ 
fuͤtzen. Werden aber fortwaͤhrend jedes Jahr 
hunderttausende fuͤr Branntewein vergeudet, 
ann werden mit der Zeit keine Mittel mehr zu 
eschaffen sein, um die verarmten Trinker vom 
dungertode zu erretten. 
Ich habe zweitens behauptet: der Prann— 
tewein verdirbt den Menschen an 
eeib und Leben, 
Gehe zum Beweis auf die naͤchste Ausnah— 
ne, betrachte Dir die jungen Bursche von zwan⸗ 
ig Jeihren, und wenn Da siehst, daß die Mehr— 
ahl schwaͤchlich und kraͤuklich ist, und daß man 
aum' so viel Gesunde finden kann, als zum jaͤhr⸗ 
chen Dienste erforderlich sind, dann frage den 
Arzt, der sie untersacht, und Du wirst die Ant— 
vort erhalten, daß der Schnaps welcen jetzt 
die Eltern unverantwortlicherweise sogar schon 
den Kindern geben, die Hauptursache ist von 
ieser Entkraͤftung des Hessenvoskes. Sonst schwur 
eder Hesse im' Taten Jahre zu der Fahne und 
m 16en ßand er oft schen in Reih' und Glied. 
Jetzt sind die meisten im 2osten Jahre kaum stark 
senug die Muskete zu handhaben, und im 40sten 
jat sie der Brannteweinshusten oft schon krumm 
zebeugt. Will man Pferde kein und schmaͤchtig 
Jaben, so giebt man ihnen, wenn sie jung sind, 
Brannutewein zu saufen; und wenn Kinder Brann— 
lewein trinken, dann wundert man sich, daß sie
	        
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